Binomialverteilung

diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilung

Die Binomialverteilung ist eine der wichtigsten diskreten Wahrscheinlichkeitsverteilungen.

Binomialverteilung
Wahrscheinlichkeitsfunktion

Drei Wahrscheinlichkeitsfunktionen für Binomialverteilungen mit den Parametern , und

Verteilungsfunktion

Drei Verteilungsfunktionen für Binomialverteilungen mit den Parametern , und

[Das N in der Legende der drei Verteilungsfunktionen entspricht dem der Dichtefunktionen.]

Parameter ,
Träger
Wahrscheinlichkeitsfunktion
Verteilungsfunktion
Erwartungswert
Median i. A. keine geschlossene Formel, siehe unten
Modus oder
Varianz
Schiefe
Wölbung
Entropie
Momenterzeugende Funktion
Charakteristische Funktion
Wahrscheinlichkeitsfunktion der Binomialverteilung für ; (blau), (grün) und (rot)
Binomialverteilungen für
mit und wie im Pascalschen Dreieck

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Kugel in einem Galtonbrett mit acht Ebenen () ins mittlere Fach fällt (), ist .

Sie beschreibt die Anzahl der Erfolge in einer Serie von gleichartigen und unabhängigen Versuchen, die jeweils genau zwei mögliche Ergebnisse haben („Erfolg“ oder „Misserfolg“). Solche Versuchsserien werden auch Bernoulli-Prozesse genannt. Im Urnenmodell wird ein solcher Versuch als Ziehen mit Zurücklegen bezeichnet.

Ist die Erfolgswahrscheinlichkeit bei einem Versuch und die Anzahl der Versuche, dann bezeichnet man mit (auch [1], , [2] oder [3]) die Wahrscheinlichkeit, genau Erfolge zu erzielen (siehe Abschnitt Definition).

Die Binomialverteilung und der Bernoulli-Versuch können mit Hilfe des Galtonbretts veranschaulicht werden. Dabei handelt es sich um eine mechanische Apparatur, in die man Kugeln wirft. Diese fallen dann zufällig in eines von mehreren Fächern, wobei die Aufteilung der Binomialverteilung entspricht. Je nach Konstruktion sind unterschiedliche Parameter und möglich.

Obwohl die Binomialverteilung bereits lange vorher bekannt war, wurde der Begriff zum ersten Mal 1911 in einem Buch von George Udny Yule verwendet.[4]

Definition

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Wahrscheinlichkeitsfunktion, Verteilungsfunktion, Eigenschaften

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Die diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilung mit der Wahrscheinlichkeitsfunktion

 

heißt die Binomialverteilung zu den Parametern   (Anzahl der Versuche) und   (der Erfolgs- oder Trefferwahrscheinlichkeit). Bei dieser Formel wird die Konvention   angewendet (siehe dazu null hoch null).   ist der Binomialkoeffizient.

Eine Zufallsvariable, deren Wahrscheinlichkeitsverteilung eine Binomialverteilung ist, heißt binomialverteilt. Die Binomialverteilung mit den Parametern   und   wird mit   oder   bezeichnet. Wenn eine Zufallsvariable   die Binomialverteilung   besitzt, so wird dies   notiert.

Die obige Formel kann so verstanden werden: Wir brauchen bei insgesamt   Versuchen genau   Erfolge der Wahrscheinlichkeit   und haben demzufolge genau   Fehlschläge der Wahrscheinlichkeit  . Allerdings kann jeder der   Erfolge bei jedem der   Versuche auftreten, sodass wir noch mit der Anzahl   der  -elementigen Teilmengen einer  -elementigen Menge multiplizieren müssen. Denn genau so viele Möglichkeiten gibt es, aus allen   Versuchen die   erfolgreichen auszuwählen.

Die zur Erfolgswahrscheinlichkeit   komplementäre Ausfallwahrscheinlichkeit   wird häufig mit   abgekürzt.

Wie für eine Wahrscheinlichkeitsverteilung notwendig, müssen sich die Wahrscheinlichkeiten für alle möglichen Werte   zu 1 summieren. Dies ergibt sich aus dem binomischen Lehrsatz wie folgt:

 

Eine mit der Wahrscheinlichkeitsfunktion   verteilte Zufallsgröße   heißt dementsprechend binomialverteilt mit den Parametern   und   sowie der Verteilungsfunktion

 ,

wobei   die Abrundungsfunktion bezeichnet.

Weitere gebräuchliche Schreibweisen der kumulierten Binomialverteilung sind  ,  [5] und  .[6]

Herleitung als Laplace-Wahrscheinlichkeit

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Versuchsschema: Eine Urne enthält   Bälle, davon sind   schwarz und   weiß. Die Wahrscheinlichkeit  , einen schwarzen Ball zu ziehen, ist also  . Es werden nacheinander zufällig   Bälle entnommen, ihre Farbe bestimmt und wieder zurückgelegt.

Wir berechnen die Anzahl der Möglichkeiten, in denen man   schwarze Bälle findet, und daraus die sogenannte Laplace-Wahrscheinlichkeit („Anzahl der für das Ereignis günstigen Möglichkeiten, geteilt durch die Gesamtanzahl der (gleichwahrscheinlichen) Möglichkeiten“).

Bei jeder der   Ziehungen gibt es   Möglichkeiten, insgesamt also   Möglichkeiten für die Auswahl der Bälle. Damit genau   dieser   Bälle schwarz sind, müssen genau   der   Ziehungen einen schwarzen Ball aufweisen. Für jeden schwarzen Ball gibt es   Möglichkeiten, und für jeden weißen Ball   Möglichkeiten. Die   schwarzen Bälle können noch auf   mögliche Weisen über die   Ziehungen verteilt sein, also gibt es

 

Fälle, bei denen genau   schwarze Bälle ausgewählt worden sind. Die Wahrscheinlichkeit  , unter   Bällen genau   schwarze zu finden, ist also

 

Beispiele

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Spielwürfel

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Die Wahrscheinlichkeit, mit einem fairen Spielwürfel eine 6 zu würfeln, beträgt  . Die Wahrscheinlichkeit  , dass dies nicht der Fall ist, beträgt  . Angenommen, man würfelt 10-mal ( ), dann beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass kein einziges Mal eine 6 gewürfelt wird,  . Die Wahrscheinlichkeit, dass genau 2-mal eine 6 gewürfelt wird, beträgt  . Allgemein wird die Wahrscheinlichkeit, dass man  -mal eine solche Zahl würfelt  , durch die Binomialverteilung   beschrieben.

Häufig wird der durch die Binomialverteilung beschriebene Prozess auch durch ein sogenanntes Urnenmodell illustriert. In einer Urne seien z. B. 6 Kugeln, 1 davon weiß, die anderen schwarz. Man greife nun 10-mal in die Urne, hole eine Kugel heraus, notiere deren Farbe und lege die Kugel wieder zurück. In einer speziellen Deutung dieses Prozesses wird das Ziehen einer weißen Kugel als positives Ereignis mit der Wahrscheinlichkeit   verstanden, das Ziehen einer nicht-weißen Kugel als negatives Ereignis. Die Wahrscheinlichkeiten sind genauso verteilt wie im Beispiel mit dem Spielwürfel.

Münzwurf

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Eine Münze wird 7-mal geworfen. Wenn die diskrete Zufallsvariable   die Anzahl der Würfe zählt, mit denen „Zahl“ geworfen wird, ergibt sich für   eine Binomialverteilung mit der Wahrscheinlichkeitsfunktion

 

Die Werte und ihre Wahrscheinlichkeiten lassen sich in folgender Tabelle zusammenfassen:

                 
                 

Der Erwartungswert der Zufallsvariablen   ist

 .

Die Varianz der Zufallsvariablen   ist demnach gegeben durch

 

Mit dem Verschiebungssatz erhält man ebenfalls den gleichen Wert für die Varianz:

 .

Für die Standardabweichung ergibt sich damit:

 .

Eigenschaften

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Symmetrie

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  • Die Binomialverteilung ist in den Spezialfällen  ,   und   symmetrisch und ansonsten asymmetrisch.
  • Die Wahrscheinlichkeitsfunktion der Binomialverteilung besitzt die Eigenschaft
 .

Erwartungswert

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Eine binomialverteilte Zufallsvariable   besitzt den Erwartungswert  .

Beweis

Den Erwartungswert errechnet man direkt aus der Definition   und der Formel für die Einzelwahrscheinlichkeiten zu

 

Alternativ kann man verwenden, dass eine  -verteilte Zufallsvariable   als eine Summe von   unabhängigen Bernoulli-verteilten Zufallsvariablen   mit   geschrieben werden kann. Mit der Linearität des Erwartungswertes folgt dann

 

Alternativ kann man ebenfalls mit Hilfe des binomischen Lehrsatzes folgenden Beweis geben: Differenziert man bei der Gleichung

 

beide Seiten nach  , ergibt sich

 ,

also

 .

Mit   und   folgt das gewünschte Ergebnis.

Eine binomialverteilte Zufallsvariable   besitzt die Varianz  .

Beweis

Es sei   eine  -verteilte Zufallsvariable. Die Varianz bestimmt sich direkt aus dem Verschiebungssatz   zu

 

oder alternativ aus der Gleichung von Bienaymé, angewendet auf die Varianz unabhängiger Zufallsvariablen, wenn man berücksichtigt, dass die identisch verteilten Zufallsvariablen   der Bernoulli-Verteilung mit   genügen, zu

 

Die zweite Gleichheit gilt, weil die Einzelexperimente unabhängig sind, sodass die Einzelvariablen unkorreliert sind.

Variationskoeffizient

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Aus Erwartungswert und Varianz erhält man den Variationskoeffizienten

 

Die Schiefe ergibt sich zu

 

Wölbung

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Die Wölbung lässt sich ebenfalls geschlossen darstellen als

 

Damit ist der Exzess

 

Der Modus, also der Wert mit der maximalen Wahrscheinlichkeit, ist für   gleich   und für   gleich  . Falls   eine natürliche Zahl ist, ist   ebenfalls ein Modus. Falls der Erwartungswert eine natürliche Zahl ist, ist der Erwartungswert gleich dem Modus.

Beweis

Sei ohne Einschränkung  . Wir betrachten den Quotienten

 .

Nun gilt  , falls   und  , falls  . Also:

 

Und nur im Fall   hat der Quotient den Wert 1, d. h.  .

Es ist nicht möglich, eine allgemeine Formel für den Median der Binomialverteilung anzugeben. Daher sind verschiedene Fälle zu betrachten, die einen geeigneten Median liefern:

  • Ist   eine natürliche Zahl, dann stimmen Erwartungswert, Median und Modus überein und sind gleich  .[7][8]
  • Ein Median   liegt im Intervall  .[9] Hierbei bezeichnen   die Abrundungsfunktion und   die Aufrundungsfunktion.
  • Ein Median   kann nicht zu stark vom Erwartungswert abweichen:  .[10]
  • Der Median ist eindeutig und stimmt mit   round  überein, wenn entweder   oder   oder   (außer wenn   und   gerade ist).[9][10]
  • Ist   und   ungerade, so ist jede Zahl   im Intervall   ein Median der Binomialverteilung mit Parametern   und  . Ist   und   gerade, so ist   der eindeutige Median.

Kumulanten

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Analog zur Bernoulli-Verteilung ist die kumulantenerzeugende Funktion

 .

Damit sind die ersten Kumulanten   und es gilt die Rekursionsgleichung

 

Charakteristische Funktion

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Die charakteristische Funktion hat die Form

 

Wahrscheinlichkeitserzeugende Funktion

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Für die wahrscheinlichkeitserzeugende Funktion erhält man

 

Momenterzeugende Funktion

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Die momenterzeugende Funktion der Binomialverteilung lautet

 

Summe binomialverteilter Zufallsgrößen

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Für die Summe   zweier unabhängiger binomialverteilter Zufallsgrößen   und   mit den Parametern  ,   und  ,   erhält man die Einzelwahrscheinlichkeiten durch Anwendung der Vandermondeschen Identität

 

also wieder eine binomialverteilte Zufallsgröße, jedoch mit den Parametern   und  . Somit gilt für die Faltung

 

Die Binomialverteilung ist also reproduktiv für festes   bzw. bildet eine Faltungshalbgruppe.

Wenn die Summe   bekannt ist, folgt jede der Zufallsvariablen   und   unter dieser Bedingung einer hypergeometrischen Verteilung. Dazu berechnet man die bedingte Wahrscheinlichkeit:

 

Dies stellt eine hypergeometrische Verteilung dar.

Allgemein gilt: Wenn die   Zufallsvariablen   stochastisch unabhängig sind und den Binomialverteilungen   genügen, dann ist auch die Summe   binomialverteilt, jedoch mit den Parametern   und  . Addiert man binomialverteilte Zufallsvariablen   mit  , dann erhält man eine verallgemeinerte Binomialverteilung.

Beziehung zu anderen Verteilungen

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Beziehung zur Bernoulli-Verteilung

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Ein Spezialfall der Binomialverteilung für   ist die Bernoulli-Verteilung. Die Summe von unabhängigen und identischen Bernoulli-verteilten Zufallsgrößen genügt demnach der Binomialverteilung.

Beziehung zur verallgemeinerten Binomialverteilung

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Die Binomialverteilung ist ein Spezialfall der verallgemeinerten Binomialverteilung mit   für alle  . Genauer ist sie für festen Erwartungswert und feste Ordnung diejenige verallgemeinerte Binomialverteilung mit maximaler Entropie.[11]

Übergang zur Normalverteilung

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Nach dem Satz von Moivre-Laplace konvergiert die Binomialverteilung im Grenzfall   gegen eine Normalverteilung, d. h., die Normalverteilung kann als brauchbare Näherung der Binomialverteilung verwendet werden, wenn der Stichprobenumfang hinreichend groß und der Anteil der gesuchten Ausprägung nicht zu klein ist. Mit dem Galtonbrett kann man die Annäherung an die Normalverteilung experimentell nachempfinden.

Es gilt   und   Durch Einsetzen in die Verteilungsfunktion   der Standardnormalverteilung folgt

 

Wie zu sehen, ist das Ergebnis damit nichts anderes als der Funktionswert der Normalverteilung für  ,   sowie   (den man sich anschaulich auch als Flächeninhalt des  -ten Streifens des Histogramms der standardisierten Binomialverteilung mit   als dessen Breite sowie   als dessen Höhe vorstellen kann).[12] Die Annäherung der Binomialverteilung an die Normalverteilung wird bei der Normal-Approximation genutzt, um schnell die Wahrscheinlichkeit vieler Stufen der Binomialverteilung zu bestimmen, zumal dann, wenn für diese keine Tabellenwerte (mehr) vorliegen.

Übergang zur Poisson-Verteilung

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Eine asymptotisch asymmetrische Binomialverteilung, deren Erwartungswert   für   und   gegen eine Konstante   konvergiert, kann man durch die Poisson-Verteilung annähern. Der Wert   ist dann für alle in der Grenzwertbildung betrachteten Binomialverteilungen wie auch für die resultierende Poisson-Verteilung der Erwartungswert. Diese Annäherung wird auch als Poisson-Approximation, Poissonscher Grenzwertsatz oder als das Gesetz seltener Ereignisse bezeichnet.

 

Eine Faustregel besagt, dass diese Näherung brauchbar ist, wenn   und  .

Die Poisson-Verteilung ist also die Grenzverteilung der Binomialverteilung für große   und kleine  , es handelt sich hierbei um Konvergenz in Verteilung.

Beziehung zur geometrischen Verteilung

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Die Zahl der Misserfolge bis zum erstmaligen Eintritt eines Erfolgs wird durch die geometrische Verteilung beschrieben.

Beziehung zur negativen Binomialverteilung

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Die negative Binomialverteilung hingegen beschreibt die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Anzahl der Versuche, die erforderlich sind, um in einem Bernoulli-Prozess eine vorgegebene Anzahl von Erfolgen zu erzielen. In der Tabelle werden beide Verteilungen veranschaulicht:

Deterministisch Zufällig Fragestellung
Binomialverteilung   Versuche   Erfolge Wie viele Erfolge   haben wir in   Versuchen?
Negative Binomialverteilung   Erfolge   Versuche Wie viele Versuche   sind erforderlich, um   Erfolge zu haben?

Beziehung zur hypergeometrischen Verteilung

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Bei der Binomialverteilung werden die ausgewählten Stichproben wieder in die Auswahlmenge zurückgeführt, können also zu einem späteren Zeitpunkt erneut ausgewählt werden. Werden im Gegensatz dazu die Stichproben nicht in die Grundgesamtheit zurückgegeben, kommt die hypergeometrische Verteilung zur Anwendung. Die beiden Verteilungen gehen bei großem Umfang   der Grundgesamtheit und geringem Umfang   der Stichproben ineinander über. Als Faustregel gilt, dass für   auch bei Nichtzurücklegen der Stichproben die Binomialverteilung statt der mathematisch anspruchsvolleren hypergeometrischen Verteilung verwendet werden kann, da beide in diesem Fall nur unwesentlich voneinander abweichende Ergebnisse liefern.

Beziehung zur Multinomialverteilung

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Die Binomialverteilung ist ein Spezialfall der Multinomialverteilung.

Beziehung zur Rademacher-Verteilung

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Ist   Binomialverteilt zum Parameter   und  , so lässt sich   als skalierte Summe von   Rademacher-verteilten Zufallsvariablen   darstellen:

 

Dies wird insbesondere bei der symmetrischen einfachen Irrfahrt auf   verwendet.

Beziehung zur Panjer-Verteilung

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Die Binomialverteilung ist ein Spezialfall der Panjer-Verteilung, welche die Verteilungen Binomialverteilung, Negative Binomialverteilung und Poisson-Verteilung in einer Verteilungsklasse vereint.

Beziehung zur Betaverteilung

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Für viele Anwendungen ist es nötig, die Verteilungsfunktion

 

konkret auszurechnen (beispielsweise bei statistischen Tests oder für Konfidenzintervalle).

Hier hilft die folgende Beziehung zur Betaverteilung:

 

Diese lautet für ganzzahlige positive Parameter   und  :

 

Um die Gleichung

 

zu beweisen, kann man folgendermaßen vorgehen:

  • Die linke und rechte Seite stimmen für   überein (beide Seiten sind gleich 1).
  • Die Ableitungen nach   stimmen für die linke und rechte Seite der Gleichung überein, sie sind nämlich beide gleich  .

Beziehung zur Beta-Binomialverteilung

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Eine Binomialverteilung, deren Parameter   Beta-verteilt ist, nennt man eine Beta-Binomialverteilung. Sie ist eine Mischverteilung.

Beziehung zur Pólya-Verteilung

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Die Binomialverteilung ist ein Spezialfall der Pólya-Verteilung (wähle  ).

Beispiele

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Symmetrische Binomialverteilung (p = 1/2)

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Dieser Fall tritt auf beim  -fachen Münzwurf mit einer fairen Münze (Wahrscheinlichkeit für Kopf gleich der für Zahl, also gleich 1/2). Die erste Abbildung zeigt die Binomialverteilung für   und für verschiedene Werte von   als Funktion von  . Diese Binomialverteilungen sind spiegelsymmetrisch um den Wert  :

 
Binomialverteilungen mit p = 0,5 (mit Verschiebung um −n/2 und Skalierung) für n = 4, 6, 8, 12, 16, 23, 32, 46
 
Die gleichen Daten in halblogarithmischer Auftragung
 

Dies ist in der zweiten Abbildung veranschaulicht. Die Breite der Verteilung wächst proportional zur Standardabweichung  . Der Funktionswert bei  , also das Maximum der Kurve, sinkt proportional zu  .

Dementsprechend kann man Binomialverteilungen mit unterschiedlichem   aufeinander skalieren, indem man die Abszisse   durch   teilt und die Ordinate mit   multipliziert (dritte Abbildung oben).

Die nebenstehende Graphik zeigt noch einmal reskalierte Binomialverteilungen, nun für andere Werte von   und in einer Auftragung, die besser verdeutlicht, dass sämtliche Funktionswerte mit steigendem   gegen eine gemeinsame Kurve konvergieren. Indem man die Stirling-Formel auf die Binomialkoeffizienten anwendet, erkennt man, dass diese Kurve (im Bild schwarz durchgezogen) eine Gaußsche Glockenkurve ist:

 .

Dies ist die Wahrscheinlichkeitsdichte zur Standardnormalverteilung  . Im zentralen Grenzwertsatz wird dieser Befund so verallgemeinert, dass auch Folgen anderer diskreter Wahrscheinlichkeitsverteilungen gegen die Normalverteilung konvergieren.

Die zweite nebenstehende Graphik zeigt die gleichen Daten in einer halblogarithmischen Auftragung. Dies ist dann zu empfehlen, wenn man überprüfen möchte, ob auch seltene Ereignisse, die um mehrere Standardabweichungen vom Erwartungswert abweichen, einer Binomial- oder Normalverteilung folgen.

Ziehen von Kugeln

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In einem Behälter befinden sich 80 Kugeln, davon sind 16 gelb. Es wird 5-mal eine Kugel entnommen und anschließend wieder zurückgelegt. Wegen des Zurücklegens ist die Wahrscheinlichkeit, eine gelbe Kugel zu ziehen, bei allen Entnahmen gleich groß, und zwar 16/80 = 1/5. Der Wert   gibt die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass genau   der entnommenen Kugeln gelb sind. Als Beispiel rechnen wir  :

 

In ungefähr 5 % der Fälle zieht man also genau 3 gelbe Kugeln.

B(k | 0,2; 5)
k Wahrscheinlichkeit in %
0 0032,768
1 0040,96
2 0020,48
3 0005,12
4 0000,64
5 0000,032
0100
Erw.Wert 0001
Varianz 0000.8

Anzahl der Personen mit Geburtstag am Wochenende

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Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person in diesem Jahr an einem Wochenende Geburtstag hat, betrage (der Einfachheit halber) 2/7. In einem Raum halten sich 10 Personen auf. Der Wert   gibt (im vereinfachten Modell) die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass genau   der Anwesenden in diesem Jahr an einem Wochenende Geburtstag haben.

B(k | 2/7; 10)
k Wahrscheinlichkeit in % (gerundet)
0 0003,46
1 0013,83
2 0024,89
3 0026,55
4 0018,59
5 0008,92
6 0002,97
7 0000,6797
8 0000,1020
9 0000,009063
10 0000,0003625
0100
Erw.Wert 0002,86
Varianz 0002,04

Gemeinsamer Geburtstag im Jahr

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253 Personen sind zusammengekommen. Der Wert   gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass genau   Anwesende an einem zufällig gewählten Tag Geburtstag haben (ohne Beachtung des Jahrganges).

B(k | 1/365; 253)
k Wahrscheinlichkeit in % (gerundet)
0 049,95
1 034,72
2 012,02
3 002,76
4 000,47

Die Wahrscheinlichkeit, dass „irgendjemand“ dieser 253 Personen, d. h. eine oder mehrere Personen, an diesem Tag Geburtstag hat, beträgt somit  .

Bei 252 Personen beträgt die Wahrscheinlichkeit  . Das heißt, die Schwelle der Anzahl von Personen, ab der die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens eine dieser Personen an einem zufällig gewählten Tag Geburtstag hat, größer als 50 % wird, beträgt 253 Personen (siehe dazu auch Geburtstagsparadoxon).

Die direkte Berechnung der Binomialverteilung kann aufgrund der großen Fakultäten schwierig sein. Eine Näherung über die Poisson-Verteilung ist hier zulässig ( ). Mit dem Parameter   ergeben sich folgende Werte:[13]

P253/365(k)
k Wahrscheinlichkeit in % (gerundet)
0 050
1 034,66
2 012,01
3 002,78
4 000,48

Konfidenzintervall für eine Wahrscheinlichkeit

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In einer Meinungsumfrage unter   Personen geben   Personen an, die Partei A zu wählen. Bestimme ein 95-%-Konfidenzintervall für den unbekannten Anteil der Wähler, die Partei A wählen, in der Gesamtwählerschaft.

Eine Lösung des Problems ohne Rückgriff auf die Normalverteilung findet sich im Artikel Konfidenzintervall für die Erfolgswahrscheinlichkeit der Binomialverteilung.

Auslastungsmodell

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Mittels folgender Formel lässt sich die Wahrscheinlichkeit dafür errechnen, dass   von   Personen eine Tätigkeit, die durchschnittlich   Minuten pro Stunde dauert, gleichzeitig ausführen.

 

Zufallszahlen

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Zufallszahlen zur Binomialverteilung werden üblicherweise mit Hilfe der Inversionsmethode erzeugt.

Alternativ kann man auch ausnutzen, dass die Summe von Bernoulli-verteilten Zufallsvariablen binomialverteilt ist. Dazu erzeugt man   Bernoulli-verteilte Zufallszahlen und summiert sie auf; das Ergebnis ist eine binomialverteilte Zufallszahl.

Bezeichnungen

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Der Aufruf der Wahrscheinlichkeitsfunktion der Binomialverteilung bei Taschenrechnern und Mathematischer Software geschieht meistens mit binom, pdfbin oder Binomialpdf (Binomial probability density function). Die kumulierte Verteilungsfunktion wird mit cdfbin oder Binomialcdf (Binomial cumulative distribution function) abgekürzt.[14]

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Commons: Binomialverteilung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikibooks: Binomialverteilung – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise

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  1. Binomialverteilung. In: P. H. Müller (Hrsg.): Lexikon der Stochastik – Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik. 5. Auflage. Akademie-Verlag, Berlin 1991, ISBN 978-3-05-500608-1, S. 39.
  2. Peter Kissel: MAC08 Stochastik (Teil 2). Studiengemeinschaft Darmstadt 2014, S. 12.
  3. Bigalke, Köhler: Mathematik 13.2 Grund- und Leistungskurs. Cornelsen, Berlin 2000, S. 130.
  4. George Udny Yule: An Introduction to the Theory of Statistics. Griffin, London 1911, S. 287.
  5. Peter Kissel: MAC08 Stochastik. Teil 2. Studiengemeinschaft Darmstadt 2014, S. 23.
  6. Bigalke,/ Köhler: Mathematik 13.2 Grund- und Leistungskurs. Cornelsen, Berlin 2000, S. 144 ff.
  7. P. Neumann: Über den Median der Binomial- and Poissonverteilung. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Technischen Universität Dresden. 19. Jahrgang, 1966, S. 29–33.
  8. Lord, Nick. (July 2010). Binomial averages when the mean is an integer, The Mathematical Gazette 94, 331–332.
  9. a b R. Kaas, J.M. Buhrman: Mean, Median and Mode in Binomial Distributions. In: Statistica Neerlandica. 34. Jahrgang, Nr. 1, 1980, S. 13–18, doi:10.1111/j.1467-9574.1980.tb00681.x (englisch).
  10. a b K. Hamza: The smallest uniform upper bound on the distance between the mean and the median of the binomial and Poisson distributions. In: Statistics & Probability Letters. 23. Jahrgang, 1995, S. 21–25, doi:10.1016/0167-7152(94)00090-U (englisch).
  11. Peter Harremoës: Binomial and Poisson Distributions as Maximum Entropy Distributions. In: IEEE Transactions on Information Theory. 47. Jahrgang. IEEE Information Theory Society, 2001, S. 2039–2041, doi:10.1109/18.930936 (englisch).
  12. M. Brokate, N. Henze, F. Hettlich, A. Meister, G. Schranz-Kirlinger, Th. Sonar: Grundwissen Mathematikstudium: Höhere Analysis, Numerik und Stochastik. Springer-Verlag, 2015, S. 890.
  13. Im konkreten Fall muss man für die Binomialverteilung   ausrechnen und für die Poisson-Verteilung  . Beides ist mit dem Taschenrechner einfach. Bei einer Rechnung mit Papier und Bleistift benötigt man mit der Exponentialreihe 8 oder 9 Glieder für den Wert der Poisson-Verteilung, während man für die Binomialverteilung durch mehrfaches Quadrieren auf die 256. Potenz kommt und dann noch durch die dritte Potenz teilt.
  14. Scilab Online Help – Statistics. Abgerufen am 13. Januar 2022.