Gubitz, Friedrich Wilhelm
- Lebensdaten
- 1786 – 1870
- Geburtsort
- Leipzig
- Sterbeort
- Berlin
- Beruf/Funktion
- Verleger ; Publizist ; Holzschnitzer ; Theaterkritiker ; Schriftsteller ; Dramatiker ; Formschneider ; Holzschneider ; Hochschullehrer
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 116908327 | OGND | VIAF: 49491757
- Namensvarianten
-
- Gubitz, Friedrich Wilhelm
- Gubitz, Friedrich W.
- Gubitz, F.
- Gubitz, F. W.
- Gubiz, Friedrich W.
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Gubitz, Friedrich Wilhelm
Holzschneider, Publizist, Verleger und Theaterkritiker, * 27.2.1786 Leipzig, † 5.6.1870 Berlin. (evangelisch)
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Genealogie
V →Joh. Christoph (1754–1826), Schriftsetzer u. Stempelschneider (s. NND IV, S. 925 f.), S d. Joh. Chrstn. (1720–74), Kreisarzt in Suhl;
M Agathe Goll;
⚭ Berlin 1815 Henriette Frieder. (1795–1873), T d. Schauspielers u. Regisseurs →Ferd. Fleck († 1801, s. NDB VI);
3 S, u. a. →Anton (1821–57), Schüler u. Mitarbeiter s. V, Buchhändler in B. -
Biographie
Die Bedeutung des überaus fruchtbaren Schaffens von G. liegt vor allem auf 3 Gebieten: in der Erneuerung und Wiederbelebung der deutschen Holzschneidekunst, in seiner|Tätigkeit als Verleger und Publizist sowie als Bühnendichter und Theaterkritiker. Wenn diese Vielseitigkeit auch selten zu hohen schöpferischen Leistungen führte, so ist sein Wirken doch von außerordentlicher Wichtigkeit für das romantisch-biedermeierliche Deutschland gewesen. Ein scharfer Blick für künstlerische Strömungen, der aufklärerische Geist, seine Tatkraft und sein Organisationstalent sichern G. einen festen Platz innerhalb der kulturellen Geschichte des 19. Jahrhunderts. – Durch seinen Vater, der als Schriftsetzer zunächst bei Breitkopf in Leipzig und seit 1789 in der Druckerei bei Johann Friedrich Unger in Berlin arbeitete, kam der junge G. schon frühzeitig mit der Holzschneidekunst in Berührung. Der Unterricht bei dem Zeichner Daniel Laurens brachte ihn in kurzer Zeit so weit, daß er mit 15 Jahren in der Herbstausstellung der Akademie zu Berlin zum ersten Mal mit 7 Holzschnitten vor die Öffentlichkeit treten konnte. Diese zarten Vignetten, die sich durch ihre künstlerische Durchformung wohltuend von gleichzeitig entstandenen recht groben Holzschnitten abheben, fanden bald den stärksten Anklang. So konnte G. durch Verkauf von Abgüssen und Nachdrucken einen Teil seines Lebensunterhaltes und später das evangelisch-theologische Studium an der Jenaer Universität bestreuen. 1805 beendete er sein Studium und wurde im gleichen Jahr zum ordentlichen Mitglied der Berliner Kunstakademie und zum Leiter der Holzschneide-Klasse berufen. Angeregt durch englische Holzstiche, vor allem durch die Blätter des Thomas Bewick, wurde G. in kurzer Zeit zum Erneuerer der deutschen Holzschneidekunst. In einem zähen Kampf, den Holzschnitt aus seinem im 17. und 18. Jahrhundert immer mehr abgesunkenen Niveau zu ziehen und diese graphische Technik dem Kupferstich gleichberechtigt zur Seite zu stellen, konnte sich G. recht bald durchsetzen. Durch seinen Unterricht wurde es möglich, daß seine Schüler die zum Beispiel von Menzel oder Ludwig Richter entworfenen Holzschnittillustrationen nunmehr zu deren größten Zufriedenheit schneiden konnten und daß die Holzstöcke nicht mehr nach Frankreich oder England zur Bearbeitung geschickt werden mußten.
Neben der Arbeit für die Akademie begann G. um 1818 eine rege schriftstellerische und publizistische Tätigkeit. Er wurde Korrespondent für das „Berliner Morgenblatt“ und Kunstkritiker an der „Spenerschen Zeitung“. Auch als Theaterdichter trat er seit jener Zeit vor die Öffentlichkeit. Insgesamt hat G. etwa 70 Theaterstücke geschrieben. In dem von ihm 1832-66 herausgegebenen „Jahrbuch deutscher Bühnenspiele“ findet man fast alle Werke seiner dramatischen Produktion, die jede Gattung von der Posse bis zum Trauerspiel aufweist. Wie in der Holzschneidekunst war G. auch als Dramatiker mehr Techniker als schöpferischer Gestalter. – Große Bedeutung hat seine 1816 ins Leben gerufene Zeitschrift „Der Gesellschafter“. Während der langen Zeit des Erscheinens (32 Jahrgänge) war dieses Organ die führende geistige Stimme des biedermeierlichen Berlin. Zu den Mitarbeitern gehörten →Clemens Brentano, Achim von Arnim, E. T. A. Hoffmann, Chamisso und andere. Im „Gesellschafter“ erschien das erste gedruckte Gedicht Heinrich Heines. – 1823 wurde G. zum Theaterkritiker an die Vossische Zeitung berufen, für die er bis zu seinem Lebensende tätig war. Seine Kritiken sind nüchtern und sachlich und ohne jenen in dieser Zeit zu beobachtenden persönlich angreifenden Ton. – Seit 1835 drang der Name G. auch in die breiteren Volksschichten, als der von ihm selbst verlegte und herausgegebene „Deutsche Volkskalender“ zum ersten Mal erschien. Jeder der Kalender (bis 1869) war mit mehr als 100 Holzschnittillustrationen versehen, auch die Texte stammten zum Teil von G. selbst, der mit moralischen, geschichtlichen und wissenschaftlichen Betrachtungen auf diese Weise in die Breite wirkte. Mit der Herausgabe der Volkskalender gelangte G. zu echter Volkstümlichkeit.
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Werke
W Die wichtigsten Holzschn. illustrationen u. Buchumschläge: Goethe, Hermann u. Dorothea, 1803;
Schiller, Wilhelm Tell, 1804;
E. M. Arndt, Reisen durch e. Theil Teutschlands …, 1804;
A. v. Kotzebue, Erinnerungen aus Paris, 1804;
J. H. Campe, Robinson d. J., 1806;
Berlin u. Wien in Parallele, 1808;
F. W. Gubitz, Was mir einfiel, 1816;
Hayty, 1817;
Liederbuch f. dt. Künstler, 1833;
Das Nibelungenlied, 1840;
F. Becker, Gesch. Frdr. d. Gr., 1852;
F. Bertram, Das Bettler-Büchlein, 1864;
Farbholzschn.: Segnender Christus nach Lucas Cranachd. J. , 1806 (8 Farbplatten);
Bildnis d. Gfn. Voss, nach A. Graft, 1812 (8 Farbplatten).-Autobiogr.: Erlebnisse, 3 Bde., 1868/69, gekürzte Ausg. Bilder aus Romantik u. Biedermeier, hrsg. v. P. Friedrich, 1922 (P). - Für d. literar. Produktion s. Goedeke IX, S. 435-47. -
Literatur
ADB X;
O. F. Gruppe, Über d. neuere Holzschneidekunst insonderheit üb. d. Arbb. d. Herrn Prof. G., in: Berliner Kunstbl., Sept. 1829;
O. Pniower, F. W. G., in: Goethe-Hdb. II, 1917;
W. Masjutin, Der Gebrauchsgraphiker F. W. G., in: Die Gebrauchsgraphik, 1930, H. 2;
F. Pruskil, Der Theaterkritiker F. W. G., phil. Diss. Berlin 1937;
E. Beutler, Einl. zu: F. W. Gubitz, Goethe in Briefen u. Gesprächen, 1945;
E. Marx, F. W. G. u. d. Wiederbelebung d. dt. Holzschn. im 19. Jh., Diss. FU Berlin 1955;
ThB;
Kosch, Lit.-Lex.;
Kosch, Theater-Lex. -
Porträts
v. Ph. Franck, 1805 (Berlin, Berlin Museum);
Lith., Abb. in: A. Buchholtz, Die Voss. Ztg., 1904. -
Autor/in
Eberhard Marx -
Zitierweise
Marx, Eberhard, "Gubitz, Friedrich Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 247 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116908327.html#ndbcontent
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Gubitz, Friedrich Wilhelm
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Biographie
Gubitz: Friedrich Wilhelm G., Holzschneider und Publicist, geb. am 27. Februar 1786 in Leipzig, † am 5. Juni 1870 in Berlin. Der Vater, Christoph G., ein in beschränkten Verhältnissen lebender Schriftsetzer, siedelte im Herbst 1790 mit seiner Familie nach Berlin über, wo er in der Buchdruckerei von J. Fr. Unger arbeitete und hier unter Anderem die aus derselben hervorgegangenen, eine Zeit lang beliebten sogenannten „Unger’schen Typen“ entwarf und die Modelle dazu selbst in Stahl schnitt; auch als Holzschneider bethätigte sich Christoph G. hier und da, so daß der Sohn unter seiner Leitung wenigstens die Handgriffe der Technik kennen lernte. Auf Wunsch der Großmutter väterlicher Seite, die eine Unterstützung von 40 Thalern jährlich darbot, wurde der Knabe Ende 1795 nach Wittenberg gesandt, um hier das Gymnasium zu absolviren und dann Theologie zu studiren. Hier kämpfte er, fast ganz auf sich allein angewiesen, sich unter den schwersten Entbehrungen durch. Im Frühjahr 1800 entstanden in Wittenberg seine ersten mit unvollkommenen Instrumenten halb im Spiel gearbeiteten Holzschnitte. Durch die Vermittelung des Vicedirectors der Berliner Akademie, Frisch, kamen diese Arbeiten des 15jährigen Knaben in demselben Jahre auf die dortige akademische Ausstellung, wo sie verdientes Aufsehen erregten und dem Urheber in der Folge durch allerlei Aufträge von Buchhändlern einen willkommenen Nebenverdienst verschafften. Doch dachte G. damals noch nicht daran, den vorgezeichneten Lebensweg aufzugeben, bezog vielmehr im J. 1801 die Universität Jena. Der wachsende Ruf des jugendlichen Künstlers führte demselben seit 1803 sogar Aufträge von Ackermann in London und Didot in Paris zu, welch letzterer ihn im folgenden Jahre ganz nach Paris zu ziehen suchte. Schon vorher war die preußische Regierung auf die Bedeutung Gubitz's aufmerksam geworden und um ihn dem Vaterlande zu erhalten ernannte Hardenberg den erst 19jährigen Candidaten der Theologie am 13. April 1805 zum Lehrer und ordentlichen Mitglied der Berliner Kunstakademie. Erst nach schwerem Kampf mit sich selbst folgte G. dem Ruf. Der Anfang seiner Lehrthätigkeit wurde ihm, wie jedem Neuerer, vielfach durch Vorurtheile verbittert, im Laufe der Jahre aber hat er gerade in dieser seiner amtlichen Stellung eine segensreiche Wirksamkeit entfaltet und zahlreiche tüchtige Schüler herangebildet. 1812 erschien sein erster Farbenholzschnitt, das Bildniß der Oberhofmeisterin, Gräfin Voß. Die Jahre der Schmach seit 1806 drängten G. zuerst auf das publicistische Gebiet. 1807—9 gab er eine patriotisch-politische Zeitschrift „Das Vaterland“ heraus; nach hergestelltem Frieden erschien seit 1817 durch eine längere Reihe von Jahren ein schön-wissenschaftliches Unternehmen, „Der Gesellschafter“. Lange Zeit war er Theaterkritiker an der Voß’schen Zeitung, auch hat er sich vielfach als Dichter und Verfasser einiger nicht ohne Erfolg aufgeführter Theaterstücke ("Die Talentprobe", 1813, „Lieb' und Versöhnen", 1815, „Die Prinzessin“, 1816, „Die selige Frau“, 1816 u. A.) bethätigt. Seine dauernde Bedeutung aber knüpft sich an seine künstlerische Thätigkeit, indem er, wenn auch nicht als der Wiederentdecker, so doch als der künstlerische Wiedererwecker des Holzschnittes in Deutschland anzusehen ist, für dessen weite Verbreitung er selbst durch seinen „Deutschen Volkskalender" 1835—69 epochemachend gewirkt hat. 1860 erschienen seine „Gedichte“ (2 Bde.), 1868 und 1873 seine „Erlebnisse“ in drei Bänden. Ein Verzeichniß seiner Dichtungen und Schriften gibt Goedeke, Grundr. III S. 638 f.
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Autor/in
Dohme. -
Zitierweise
Dohme, Robert, "Gubitz, Friedrich Wilhelm" in: Allgemeine Deutsche Biographie 10 (1879), S. 86 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116908327.html#adbcontent