Schoenflies, Arthur

Lebensdaten
1853 – 1928
Geburtsort
Landsberg/Warthe
Sterbeort
Frankfurt/Main
Beruf/Funktion
Mathematiker ; Hochschullehrer
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 116868260 | OGND | VIAF: 32076493
Namensvarianten

  • Schönflies, Arthur Moritz
  • Schoenflies, Arthur
  • Schönflies, Arthur Moritz
  • Schoenflies, A.
  • Schoenflies, Arthur M.
  • Schoenflies, Arthur Moritz
  • Schoenflies, Arthurius
  • Schoenflies, Artur
  • Schönflies, Arthur
  • Schönflies, Arthur M.
  • Schönflies, Artur

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Zitierweise

Schoenflies, Arthur, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116868260.html [26.12.2024].

CC0

  • Schoenflies, Arthur Moritz

    Mathematiker, * 17.4.1853 Landsberg/Warthe, 27.5.1928 Frankfurt/Main. (jüdisch)

  • Genealogie

    V Moritz (Moses) Isaak (1812–86), Zigarrenfabr. in L., S d. Isaac Abraham (1772–1825), Kaufm. in Schwerin/Warthe, u. d. Ester Moses Levin (1778–1844);
    M Johanna (Nache) (1817–79), aus Pyritz (Pommern), T d. Samuel Hirschfeld u. d. Rösel Boas;
    B Martin (1840–79, Rosalie Hirschfeld, 1844–1916, Lehrerin, 1869 Mitgründerin d. Ver. dt. Lehrerinnen u. Erzieherinnen in Berlin, Mitgründerin d. ersten päd. Seminars f. Lehrerinnen in Riga u. d. ersten Mädchengewerbeschule ebd., seit 1893 wieder in Berlin, 1897 2. Vors. d. Ver. Frauenbildung, s. Lex. dt. Frauen d. Feder, hg. v. S. Pataky, 1898), Dr., Math., 1879 Prof. f. Technol. u. Masch.-bau am Polytechnikum in Riga, Georg (1841–94, Hedwig Hirschfeld, 1844–1909), Tabak- u. Zigarrenfabr. in Berlin;
    Schw Bertha (1843–1924, Hermann Pick, * 1839, Kaufm., Destillateur);
    Berlin 1896 Emma (1868–1939), T d. Albert Louis Levin ( 1896), Kaufm., später Bankier in Berlin, u. d. Bertha Goldschmidt;
    1 S Albert (1898–1944 Auschwitz, Ilse Eisenberg, 1944 Auschwitz), Landger.rat in Königsberg (Pr.), 4 T Hanna (1897–1985, Ernst Kaemmel, 1890–1970, aus Dresden, Prof. d. Finanzwiss. u. Dir. d. Inst. f. Finanzwesen d. HU Berlin, s. Kürschner, Gel.-Kal. 1970), Elisabeth (1900–91, Erich Kaufmann-Bühler, 1899–1967, Dr. phil., Dir. d. Bunsen-Gymn. in Heidelberg), Dr. phil., Eva (1901–44 Freitod, Karlfried Sonntag, Bauing.), Lotte (1905–81, Cyril Levy, Pelzhändler);
    E Walter Kaufmann-Bühler (1944–86), Math.-Planer d. Springer-Verlages, Vf. e. Biogr. v. Carl Friedrich Gauß; Schwager u. Vt Gustav Hirschfeld (1847–95), Archäol. (s. NDB IX); N Ludwig Pick (1868–1944 Theresienstadt), Dr. med., Pathol., Prosektor am Städt. Krankenhaus in Berlin-Friedrichshain, Hon.prof. (s. NDB 20);
    N Pauline (1869/70-1930, Emil Benjamin, 1856–1926, Antiquitätenhändler), Dora (1874–1926, ev.), Schriftst. (s. Geistiges u. künstler. München in Selbstbiogrr., hg. v. W. Zils, 1913);
    Gr-N Walter Benjamin (eigtl. Walter Bendix Schönflies Benjamin, Ps. A. Ackermann, Ardor, Anni M. Bie, C. Conrad, Karl Gumlich, Detlev Holz, E. J. Mabinn, K. A. Stempflinger) (1892–1940 Freitod, Dora Pollak, 1890–1964, T d. Leon Kellner, 1859–1928, o. Prof. d. Anglistik in Czernowitz, HR, s. NDB XI; Anglistenlex.), Schriftst., Lit.hist. u. -kritiker (s. Killy; Munzinger; BHdE II; BBKL), B d. Georg Benjamin (1895–1942 KZ Mauthausen, Hilde Lange, 1902–89, Justizmin. d. DDR, s. Biogr. Hdb. SBZ/DDR; Munzinger), Arzt, Kommunist;
    Gr-N Gertrud Kolmar (eigtl. Chodziesner) (1894–1943 Auschwitz), Dichterin (s. NDB XII; Killy; Munzinger).

  • Biographie

    S. besuchte 1862-70 das Gymnasium in Landsberg und studierte dann Mathematik an der Univ. Berlin, wo Ernst Eduard Kummer (1810-93) und Karl Weierstraß (1815–97) seine wichtigsten Lehrer waren. 1876 legte er die Lehramtsprüfung ab und absolvierte das Probejahr am Friedrich-Wilhelms-Gymnasium in Berlin. Neben seiner Lehrtätigkeit arbeitete er an der von Siegfried Heinrich Aronhold (1819–84), Professor an der Berliner Gewerbe-Akademie, angeregten, von Kummer und Weierstraß begutachteten Dissertation „Synthetisch-geometrische Betrachtungen über Flächen zweiten Grades und eine aus ihnen abgeleitete Regelfläche“, mit der er 1877 zum Dr. phil. promoviert wurde. Er blieb zunächst im Schuldienst und wurde 1880 nach Colmar im Elsaß versetzt. 1884 habilitierte S. sich in Göttingen, wo er anschließend als unbesoldeter Privatdozent tätig war, bis er 1892 eine auf Veranlassung von Felix Klein (1849–1925) für ihn geschaffene ao. Professur für Angewandte Mathematik erhielt. 1899 wurde er auf den neueingerichteten Zweiten Lehrstuhl für Mathematik an der Univ. Königsberg berufen. Weil mit maßgeblicher jüd. Unterstützung in Frankfurt/M. die Umwandlung der „Sozialakademie“ in eine Universität betrieben wurde, nahm S. 1911 einen Ruf an diese Akademie an. Als die Universität 1914 den Lehrbetrieb aufnahm, erhielt S. den Ersten Lehrstuhl für Mathematik (1922 em.). 1920/21 war er als erster Jude Rektor einer dt. Universität.

    In den mathematischen Wissenschaften ist die Arbeit von S. der Geometrie unter Einschluß der mengentheoretischen Topologie zuzuordnen. Eine besondere Leistung war die Aufstellung der 230 Raumgruppen, die für die Kristallographie wichtig sind. Diese gelang ihm um 1885 etwa gleichzeitig mit dem Russen Evgraph Stepanowitsch v. Fedorow (1853–1919). Die endgültige Klärung dieser Strukturen erfolgte 1891 im Rahmen eines schon 1889 begonnenen und bis 1908 andauernden freundschaftlichen Briefwechsels von S. mit Fedorow. Die international übliche Darstellung dieser Raumgruppen in der Kristallographie benutzte jahrzehntelang die von S. eingeführten Symbole; sie sind heute noch in der physikalischen Spektroskopie in Gebrauch. 1908 formulierte er den für die Reine Mathematik wichtigen „Satz von Schoenflies“, der besagt, daß jedes von einer einfach geschlossenen Jordan-Kurve berandete Gebiet umkehrbar eindeutig auf die Kreisscheibe abgebildet werden kann. Bis heute ist dieser Satz Anlaß für weiterführende mathematische Untersuchungen, die sich um die Vereinfachung des Beweises, um Verschärfung der Aussage in Richtung auf Differenzierbarkeitseigenschaften der auftretenden Funktionen und höherdimensionale Verallgemeinerungen bemühen. S. gilt als Pionier der Punktmengentopologie, obwohl Luitzen E. J. Brouwer (1881–1966) einige Lücken in S.s Argumentation aufweisen konnte. Außerhalb der mathematischen Fachwelt wurde er durch ein gemeinsam mit Walther Nernst (1864–1941) verfaßtes „Lehrbuch der Differential- und Integralrechnung“ (1895, 111931, russ. 1900, engl. 1900) bekannt, das vornehmlich für Studenten der Physik und Chemie gedacht war, aber auch von Ingenieuren und Technikern mit Erfolg benutzt wurde.

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Mineralog. Ges. St. Petersburg (1891), d. Leopoldina (1896), d. kgl. Ges. d. Wiss., Lüttich (korr. 1904) u. d. Bayer. Ak. d. Wiss. (korr. 1918);
    Geh. Reg.rat (1916);
    Vors. d. Dt. Mathematiker-Vereinigung (1922);
    Ehrenmitgl. d. Math. Verbindung an d. Univ. Göttingen (Arnstädter Verband);
    Roter-Adler-Orden IV. Kl. (1910).

  • Werke

    Krystallsysteme u. Krystallstructur, 1891, ²1923 u. d. T. Theorie d. Kristallstruktur, Nachdr. 1985;
    Die Entwicklung d. Lehre v. d. Punktmannigfaltigkeiten, 1908;
    Einf. in d. analyt. Geometrie d. Ebene u. d. Raumes, 1925, ²1931, Nachdr. 1946;
    zahlr. Aufss. in wiss. Zss. u. Werken, z. B. in d. Enz. d. Math. Wiss.

  • Literatur

    L. Bieberbach, in: Jber. d. Dt. Mathematiker-Ver. 32, 1923, S. 1-6;
    R. v. Mises, in: Zs. f. angew. Math. u. Mechanik 3, 1923, S. 157 f.;
    A. Sommerfeld, in: Jb. d. Bayer. Ak. d. Wiss. 1928/29, S. 86 f.;
    L. J. Spencer, in: Mineralogical Magazine 22, 1929/31, S. 405 f. (P);
    G. Faber, in: Geist u. Gestalt II, 1959, S. 1-45;
    J. J. Burckhardt, Zur Gesch. d. Entdeckung d. 230 Raumgruppen, in: Archive for Hist. of Exact Sciences 4, 1967/68, S. 235-46;
    ders., Der Briefwechsel v. E. S. Fedorow mit A. S., ebd. 7, 1971, S. 91-141;
    R. u. G. Fritsch, Ansätze zu e. wiss. Biogr. v. A. S., in: Florilegium Astronomicum, FS f. Felix Schmeidler, hg. v. M. Folkerts, S. Kirschner u. T. Schmidt-Kaler, 2001, S. 141-86 (W-Verz., P);
    DBJ X, Tl.;
    Lex. bed. Math., 1990;
    R. Heuer u. S. Wolf (Hg.), Die Juden d. Frankfurter Univ., 1997, S. 340-42 (P);
    Pogg. III-VI;
    DSB XII;
    Altpreuß. Biogr. V.;
    zur Fam.:
    G. Scholem, Ahnen u. Verwandte Walter Benjamins, in: Bull. d. Leo Baeck Inst. 61, 1982, S. 29 ff.;
    Stammbaum d. Fam. S., d. Fam. v. Gertrud Kolmars Mutter, Nach Aufzeichnungen v. Moritz Schoenflies, Testamenten u. a. Unterlagen zusammengest. v. P. Wenzel, 1933, fortgef. v. H.Wenzel, 1961, in: Marbacher Mag. 63, 1993.

  • Autor/in

    Rudolf Fritsch
  • Zitierweise

    Fritsch, Rudolf, "Schoenflies, Arthur" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 412-413 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116868260.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA