Flotow, Friedrich Freiherr von

Lebensdaten
1812 – 1883
Geburtsort
Toitendorf (Mecklenburg)
Sterbeort
Darmstadt
Beruf/Funktion
Komponist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118691929 | OGND | VIAF: 24787083
Namensvarianten

  • Flotow, Adolf Ferdinand Friedrich Freiherr von
  • Flotow, Friedrich Freiherr von
  • Flotow, Adolf Ferdinand Friedrich Freiherr von
  • Flotow, Friedrich von
  • Flotov, F. fon
  • Flotow
  • Flotow, Adolf Ferdinand Friedrich von
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  • Flottow, Friedrich von
  • Von Flotow, Friedrich

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Zitierweise

Flotow, Friedrich Freiherr von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118691929.html [16.11.2024].

CC0

  • Flotow, Adolf Ferdinand Friedrich von

    Komponist, * 27.4.1812 Toitendorf (Mecklenburg), 24.1.1883 Darmstadt. (evangelisch)

  • Genealogie

    V Wilhelm (1785–1847), Rittmeister a. D. u. Gutsbesitzer, S d. Adolf (1754–1827), meckl.-schwer. GR u. Landrat, u. d. Christine Sophie Tugendreich v. Flotow;
    M Carol. Sophie Rahel (1792–1862), T d. Joh. Berend v. Böckmann (1746–1804), Kapitän u. Regimentsquartiermeister u. Gutsbes., u. d. Christine Marg. v. Ahlefeldt;
    Schw Bernhardine (1811–83, Rößner); 1) Alt-Wuhrow Kr. Dramburg 1849 Elise (1832–51), T d. preuß. Hptm. Aug. v. Zadow, auf Alt-Wuhrow, u. d. Minna v. d. Lühe, 2) Wien 1855 ( 1867) Anna (1833–72), Tänzerin, 3) Naßwald b. Reichenau 1868 Ros(in)a (1846-1925), Sängerin, beide T d. Kleiderputzers u. Musiklehrers Fidelius Theen in Wien;
    1 S, aus 1) 2 S, 1 T aus 2), 1 T aus 3).

  • Biographie

    Schon früh zeigte sich F.s musikalische Begabung, so daß sich sein Vater entschloß, seinen eigentlich für die Verwaltungslaufbahn und Diplomatie bestimmten ältesten Sohn sich dem Musikberufe zuwenden zu lassen. F. erhielt seine Ausbildung 1828-30 am Conservatoire zu Paris. Er studierte bei Johann Peter Pixis Klavier, bei Anton Reicha Komposition und empfing nachhaltige musikalische Eindrücke durch die Opernaufführungen der den Zeitgeschmack prägenden Komponisten Boieldieu, Auber, Rossini, Meyerbeer, Donizetti, Halévy, Adam. Auch seine persönliche Bekanntschaft mit einigen von diesen und die Freundschaft mit Gounod und vor allem mit Offenbach haben sein Schaffen beeinflußt. Nach meist privaten Aufführungen seiner Frühwerke wurden durch die Komposition des II. Aktes der Oper „Le naufrage de la Méduse“ (1839; 54 Aufführungen) weitere und einflußreiche Kreise auf F. aufmerksam. Es folgten vereinzelte Inszenierungen seiner Werke an deutschen Opernhäusern, darunter auch 1844 in Hamburg die Uraufführung der Romantischen Oper „Alessandro Stradella“, die begeistert aufgenommen und 1845 bereits auf 15 deutschen Bühnen gegeben wurde. Dieser Erfolg wurde nur noch übertroffen durch F.s berühmteste Oper, deren Textbuch ebenfalls von F. W. Riese (Pseudonym W. Friedrich) stammt: „Martha, oder Der Markt zu Richmond“. Ihre Uraufführung am 25.11.1847 im Wiener Kärntnertortheater war ein ungewöhnlicher Triumph; die nächste Inszenierung, am Hoftheater in Weimar, wurde von Liszt dirigiert. – 1855 wurde F. zum Kammerherrn und zum Intendanten des mecklenburgischen Hoftheaters in Schwerin ernannt. Durch Intrigen beeinträchtigt, legte er 1863 dieses Amt nieder und zog sich nach Wien zurück. In der Folgezeit lebte er ganz seiner Schaffenstätigkeit und brachte neue und umgearbeitete Opern mit wechselnden Erfolgen heraus. Seit 1880 lebte er bei Darmstadt auf dem Besitztum seiner Schwester, wo er auch mit der Aufzeichnung seiner Lebenserinnerungen begann. Fast gänzlich erblindet, starb F. wenige Tage vor Richard Wagner.

    F., kein Genie wie dieser, sondern ein ausgesprochenes Talent, verfolgte andere Ziele als Wagners musikdramatisches Gesamtkunstwerk, nämlich die der bürgerlichen|Spieloper, die in biedermeierlicher Weise anspruchslos ist, Pikanterie und Eleganz statt hoher Dramatik und Pathos bringt und nur unterhalten will. Auffallend ist seine meisterhafte Beherrschung der Kunstmittel. Frische und graziöse Rhythmen, liedhafte und teilweise sentimentale Melodien, einfache und dennoch interessante Harmonik verraten sicheres Stilgefühl; seine sangbaren Vokalpartien, der gewandte und gepflegte Orchestersatz und das Vertrautsein mit den Anforderungen der Bühne beruhen auf Ideenreichtum und Routine. F. erstrebte eine enge Relation von Bühnenhandlung und Musik. Er beseitigte den bislang für unentbehrlich gehaltenen gesprochenen Dialog der komischen Oper und ersetzte ihn durch geschickte musikalische Verbindung der einzelnen Teile. – „Martha“ und „Stradella“ gehören heute immer noch zum Opernrepertoire.

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Inst. de France (1864).

  • Werke

    Weitere W 38 Opernwerke versch. Genres (einschl. d. umgearb. u. d. in Gemeinschaftsarb. geschriebenen, v. denen F. nur einzelne Teile komponierte);
    4 Ballette;
    Schauspielmusik zu Shake speares „Wintormärchen“ in d. Bearb. v. Dingelstedt;
    Introduktion u. Zwischenaktmusik zu „Wilhelm v. Oranien in Whitehall“, Schauspiel v. G. H. Gans zu Putlitz;
    1 Symphonie, 1833 (verschollen);
    2 Klavierkonzerte c- u. a-moll;
    1 Konzertstück f. Klavier (verschollen);
    2 Messen (eine f. Männerchor a cappella);
    Ouvertüren, u. a. „Jubelouvertüre“;
    Tänze, u. a. „Fackeltanz“;
    2 Streichquartette;
    2 Klaviertrios;
    Sonate A-dur f. Violine u. Klavier;
    Etüden f. Klavier zu 4 Händen;
    5 Melodrame;
    Chöre;
    Über 30 Lieder mit Klavierbegleitung. – Neubearbb.: Oper „Zilda“ (als „Fatme“), 1925, durch B. Bardi;
    „L'ombre“ („Sein Schatten“), 1933, durch S. Scheffler;
    1942 schrieb Boris Blacher e. Ballett „Das Zauberbuch v. Erzerum“ unter Verwendung nicht an d. Öffentlichkeit gelangter Kompositionen F.s;
    1954 wurde „Die Witwe Grapin“ v. H. W. Kulenkampff f. d. Fernsehfunk eingerichtet u. v. Hamburg gesendet. – Der größte T. d. Nachlasses wurde 1890 v. Verlag Bote & Bock erworben. Mit d. Hausarchiv d. Firma fiel d. Mehrzahl d. ungedr. gebliebenen Originalpartituren d. 2. Weltkrieg z. Opfer. – Autobiogr.: Erinnerungen a. m. Leben, in: J. Lewinsky, Vor d. Coulissen II, 1882 (P);
    Erinnerungen a. m. Leben, in: Dt. Revue, hrsg. v. R. Fleischer, 8. Jg., I, 1883, S. 61 ff. (P).

  • Literatur

    ADB 48;
    F. Gleich, Charakterbilder a. d. neueren Gesch. d. Tonkunst I, 1863, S. 225 ff.;
    S. H. Mosenthal, Miniaturbild, in: Über Land u. Meer, 1877, u. in: Ges. Werke I, 1878, S. 246 ff.;
    R. Swoboda, F. v. F.s Leben, Von seiner Witwe, 1892 (P);
    B. Bardi-Poswiansky, F. als Opernkomp., Diss. Königsberg 1924 (ungedr.);
    R. v. Beyer, Meine Begegnung mit Goethe u. a. großen Zeitgenossen, bearb. v. s. E R. Schade, 1930, S. 175-80 (franz. Vorabdruck in: La Revue Musicale 8, 2, Paris 1926, S. 115-18);
    W. Kahl, in: MGG IV, Sp. 433-37 (W-Verz., L, P);
    Grove;
    M. A. Grandjean, Kleine Reminiszenzen, in: Dt. Kunst u. Musikztg. 10, S. 148 ff.

  • Quellen

    Qu.: privates F.-Archiv (F. Kaiser, Marburg/Lahn).

  • Porträts

    Lith. v. J. Kriehuber, 1847, mit F.s Namenszug;
    Zeichnung (Darmstadt, Stadtarchiv);
    Ölgem. v. Richmann (?) (Schwerin, Meckl. Staatstheater, undatiert);
    zahlr. Phot. u. Xylographien (Wien, Nat.bibl.);
    Büste v. B. König (Darmstadt, Alter Friedhof).

  • Autor/in

    Fritz Kaiser
  • Zitierweise

    Kaiser, Fritz, "Flotow, Friedrich Freiherr von" in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 256-257 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118691929.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Flotow, Friedrich

  • Biographie

    Flotow: Friedrich Freiherr von F., ein einst gefeierter Operncomponist, geboren am 27. April 1812 auf dem seiner Familie gehörigen Rittergute Rentendorf in Mecklenburg, am 24. Januar 1883 zu Darmstadt. Eine sorgfältige Erziehung sollte ihn zur Diplomatenlaufbahn vorbereiten. Im J. 1827 begleitete er seinen Vater auf einer Reise nach Paris und hier, angeregt durch die vielfachen musikalischen Genüsse, erwachte sein Talent für Musik. Nach Erlaubniß des Vaters warf er sich in Paris unter Anleitung der besten Lehrer (genannt wird nur Reicha) auf das Studium der Musik, sowol praktisch wie theoretisch. 1830 vertrieb ihn die Revolution aus|Paris und er kehrte nach Mecklenburg zurück. Hier soll er sich besonders mit Compositionen für Kammermusik beschäftigt haben, doch ist davon weder etwas gedruckt noch sonst bekannt geworden. Als Pariser Schüler war sein musikalisches Denken und Empfinden nur auf die Oper gerichtet, und dieser Richtung ist er sein ganzes Leben getreu geblieben. Sobald sich die politischen Wogen in Paris wieder geglättet hatten, zog er mit einigen fertigen Opernpartituren nach Paris und brachte sie auf Privattheatern der Aristokratie zur Aufführung. Man nennt „Pierre et Cathérine“, die auch später in Ludwigslust am mecklenburgischen Hofe zur Aufführung gelangte, ferner „Rob Roy“ und „La duchesss de Guise“. Der heitere melodiöse Charakter seiner Musik verschaffte F. bald einen Kreis Verehrer und im J. 1838 bestellte der Director des neu gegründeten Theâtre de la Renaissance die Composition der Oper „La naufrage de la Méduse“, deren erster Act bereits von Piloty componirt war. 1839 wurde die Oper aufgeführt und erlebte 54 Wiederholungen, so daß Flotow's Ruf als Operncomponist begründet war. Auch in Hamburg wollte man sie geben mit der deutschen Uebersetzung von Friedrich, jedoch der Brand im J. 1842 vernichtete Partitur wie Textbuch. F. componirte die Oper unter dem Titel „Die Matrosen“ von neuem und 1845 wurde sie in Hamburg aufgeführt, von wo aus sie auch auf andere deutsche Bühnen überging. Bei der leichten, melodiösen Erfindungsgabe, die Flotow zu Gebote stand, die allerdings sehr oft jeglicher edlen Empfindung entbehrte und nur zu sehr dem französischen oberflächlichen Geschmacke huldigte, war es ihm ein leichtes, die Opern wie aus dem Aermel zu schütteln. So entstand in der Zwischenzeit die Oper „Le forestier“, die 1847 in Wien unter dem Titel „Der Förster“, 1848 in London als „Leoline“ und in einer Umarbeitung für die Große Oper in Paris 1846 als „L'âme en peines“ erschien und sich überall der besten Aufnahme erfreute. Auch die Opéra comique öffnete ihm 1843 ihre Pforten und brachte am 1. December die Oper „L'esclave de Camoëns“, sowie das Ballet „Lady Harriet“ in Gemeinschaft mit Fr. Burgmüller und Deldevez. Aus dem Stoffe schuf der Textdichter Friedrich später das Buch zur „Martha“ für Flotow. Zur selben Zeit wurde auch die Oper „Alessandro Stradella“ gegeben, die 1844 in Hamburg erschien und von da aus über alle Bühnen ging. Die Oper „Martha“ gelangte am 25. November 1847 in Wien zur Aufführung und wurde eine Lieblingsoper des Publicums, die sich lange Zeit auf den Bühnen hielt und erst in der neuesten Zeit in Vergessenheit gerieth. Die Revolutionsjahre 1848/49 verlebte er auf dem Familiengute in Mecklenburg. Erst am 19. November 1850 kam im königl. Opernhause in Berlin die Oper „Die Großfürstin", Text von der Birch-Pfeiffer zur Ausführung, fand aber wenig Anklang und keine Verbreitung. Aehnlich erging es den Opern „Indra", Text von Putlitz, 1853, „Rübezahl" 1854, „Hilda" 1855 und „Albin" 1856, letztere auch als „Müller von Meran“ aufgeführt. Theils waren die Texte am Mißerfolge schuld, theils erwartete man eine Steigerung gegen die „Martha“, während das Gegentheil eintrat.

    Im Jahre 1856 ernannte ihn der Großherzog von Mecklenburg zum Intendanten der Hofmusik und des Hoftheaters in Schwerin und F. verwaltete das Amt mit Umsicht und Geschick bis zum Jahre 1863, zu welcher Zeit er nach Paris übersiedelte. Während seiner Amtsperiode schrieb er eine Jubelouverture, einen Fackeltanz, die Musik zu Shakespeare's „Wintermärchen“ und die kleine komische Oper „La veuve Grapin“, die er für Paris schrieb und die sein Freund Offenbach 1859 daselbst aufführte. Noch einmal erlebte er in Paris 1869 einen durchschlagenden Erfolg mit der Oper „L'ombre“ in|der Opéra comique, die auch in Deutschland unter dem Titel „Sein Schatten“ gegeben wurde, aber keinen Erfolg erzielte. Seine Freunde schoben die Schuld den Sängern zu. Seit dem Jahre 1868 lebte er im Sommer auf seinem Landgute bei Wien und den Winter über in Wien und fand ein besonderes Vergnügen an der Rosenzucht, die er mit Glück betrieb. Gedruckt wurden von seinen Compositionen seit etwa 1850 die Clavierauszüge der Opern: Stradella (Hamburg bei Böhme), Der Förster (L'ame au peine) (ebendort), Die Großfürstin (Sophia Catharina) (Berlin bei Bote & Bock), Martha (Wien bei Müller), Die Matrosen (Hamburg, Böhme), Das Wunderwasser von Flotow und A. Grisar (Mainz, Schott's Söhne), Albin oder der Müller von Meran (Wien, Lewy), Indra (Berlin, Bote & Bock), Rübezahl von Putlitz (Offenbach, André), Die Wittwe Grapin (La veuve Grapin) (Berlin, Bote & Bock), Rübezahl (Offenbach, André), Zilda (Breslau, Leuckart). Um 1870 erschien seine letzte Oper mit R. Genée componirt: „Am Runenstein“ (Clavierauszug, Leipzig bei B. Senff). Außerdem erschienen bis 1875 Lieder für 1 Singstimme mit Pianoforte und unter opus 15 in Rostock bei Wessel Etuden zu 4 Händen für Pianoforte. F. schrieb im J. 1884 für Lewinsky's „Vor den Coulissen": „Erinnerungen aus meinem Leben“, S. 21—27 mit facsimilirter Unterschrift. Sie betreffen nur seine ersten Bemühungen, in Paris seine Opern an der Opéra comique anzubringen, was ihm aber erst in späteren Jahren glückte.

  • Literatur

    Biographisches gibt das Lexikon von Mendel-Reißmann.

  • Autor/in

    Rob. Eitner.
  • Zitierweise

    Eitner, Robert, "Flotow, Friedrich Freiherr von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 48 (1904), S. 611-613 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118691929.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA