“Endlich habe ich Carte-Blanche, um die perfekte Gesellschaft zu kreieren […] mit der Gef��gigkeit einer Ameisenkolonie und der Schönheit einer makellosen Perle!”
— Dr. Cocteau Demolition Man, 1993
Dr. Raymond Cocteau ist, neben Simon Phoenix, der zweite Hauptantagonist des futuristischen Actionfilmes Demolition Man von Marco Brambilla aus dem Jahr 1993.
Der korrupte und machtgierige Politiker hat es im Laufe von sechsunddreißig Jahren zustande gebracht, in der Mega-Metropole San Angeles eine absolut sterile Überwachungsgesellschaft zu erschaffen, in der jeder Lebensaspekt bis hin zu sexuellem Verkehr reglementiert wird, in der sogar das Küssen verpönt ist und deren Bewohner völlig gleichgeschaltet, permanent verängstigt und bewusst kindlich naiv gehalten werden und die ihn als fast schon messianischen Heilsbringer verehren.
Jeden Menschen, der sich weigert, sich seinem Willen zu unterwerfen, verstößt Dr. Cocteau aus der Gesellschaft und zwingt ihn, oder sie, zu einem entbehrungsreichen Leben in der Kanalisation unterhalb der Stadt. Zudem lässt er ihn als Terrorist strafrechtlich verfolgen – wie beispielsweise seinen hartnäckigsten Oppositionellen Edgar Friendly, der Cocteaus perfekte Welt als “47jährige Jungfrau, die in einem beigen Pyjama rumsitzt, einen Bananen-Broccoli-Shake trinkt und singt ‘ich bin das heißeste Wiener Würstchen‘“ bezeichnet.
Um seinen Widersacher zu beseitigen schreckt Dr. Cocteau vor nichts zurück und erweckt mit dem psychopatischen Sadisten Simon Phoenix sogar den schlimmsten Kriminellen des ausgehenden 20. Jahrhunderts aus dem Kryo-Strafvollzug, damit dieser für ihn die Dreckarbeit erledigt und den lästigen Mr. Friendly eliminiert.
Verkörpert wurde der korrupte und machtgierige Politiker, der den Menschen in seinem Einflussbereich systematisch die geistige Freiheit geraubt hat und in seiner arroganten Selbstherrlichkeit auch bereit ist, über Leichen zu gehen, vom britischen Schauspieler Sir Nigel Hawthorne (*1929; †2001).
In der deutschen Übersetzung wurde er von Peter Mati�� (*1937; †2019) synchronisiert.
Erscheinungsbild & Persönlichkeit[]
Dr. Raymond Cocteau ist ein durchschnittlich großer älterer Mann mit kurzgeschnittenem, ergrautem Haar und einem gütig blickenden Gesicht mit ausdrucksstarken, dunklen Augen.
Gekleidet ist er bevorzugt in bodenlange, beinahe sakrale Roben in Weiß, Silbergrau, Royalblau und Anthrazit, deren Stil und Schnitt sich an klassischen japanischen Kimonos orientiert. Bei Gelegenheit trägt er eine weiße Mütze, die an die Kopfbedeckung von Muhammed Ali Jinnah (*1876; †1948), den Begründer der Republik Pakistan, erinnert.
Hinter der Fassade des liebevoll-strengen Großvaters, dem nur das Beste der Menschen am Herzen liegt, verbirgt sich jedoch ein eiskalter, menschenverachtender Kontrollfreak mit Allmachtsfantasien, der es genießt, seine “Untertanen“ nach seiner Pfeife tanzen zu lassen und stets nach neuen Wegen sinnt, ihr Leben und ihre Denkweise zu regulieren und nach seinen Vorstellungen zu gestalten.
In seiner faschistoiden Hybris geht er sogar so weit, den wohl gefährlichsten Kriminellen des ausgehenden 20. Jahrhunderts auf seine Stadt loszulassen, um den Anführer der Widerständler, die seine bigotte und sterile Lebensweise ablehnen, eliminieren zu lassen. Sämtliche unbeteiligten Unschuldigen, die im Zuge dessen zu Schaden kommen, sind für ihn dabei nur vertretbare Opfer, geht es doch darum, seinen Traum einer perfekten und absolut gefügigen Gesellschaft zu verwirklichen.
Cocteaus Politik[]
Primärer Bestandteil von Dr. Cocteaus Wirken ist die absolute und allumfassende Regulierung des täglichen Lebens der Bürger von San Angeles. Diese Bevormundung bezieht lapidare Dinge wie Kleidervorschriften ebenso mit ein, wie auch das strikte Verbot des Konsums von Alkohol, Tabak, Fleischprodukten, Salz und sogar Koffein, sowie auch essentielle Komponenten der zwischenmenschlichen Interaktion.
So ist beispielsweise der direkte Körperkontakt bei Begrüßungen verpönt, ebenso wie es unter Cocteaus Administration bei Strafe verboten ist, einander zu küssen oder sexuellen Verkehr auszuüben. Begründet wird dies mit der damit einhergehenden eklatanten Gefahr von sexuell übertragbaren Krankheiten. Als Ersatz ließ Cocteau ein helmartiges Gerät konstruieren, mit dem niederfrequente Alphawellen ins Lustzentrum des menschlichen Gehirns abgefeuert werden – sprich, es gibt nur noch virtuellen Geschlechtsverkehr.
Um Nachwuchs in die Welt zu setzen, braucht es eine ausdrückliche Genehmigung Cocteaus. Hat er diese in seiner unendlichen Gnade erteilt, werden Samenflüssigkeit und Eizelle in einem Labor entnommen, gründlich analysiert und gereinigt und anschließend von einem amtlich zugelassenen Mediziner eingepflanzt. Demgegenüber sind Abtreibungen generell untersagt.
Weitere von Dr. Cocteau kontrollierte Bereiche umfassen auch die Kunst – freie, unzensierte Literatur ist praktisch nicht mehr existent und die zu hören erlaubte Musik beschränkt sich ausschließlich auf sogenannte “Minisongs“, bei denen es sich eigentlich um geistlose Erkennungslieder aus alten Fernsehwerbespots handelt.
Um sich selbst und die Richtigkeit seiner Visionen in jedweder Form zu bestätigen, umgibt er sich ausschließlich mit kriecherischen Speichelleckern und notorischen Ja-Sagern, mit denen er ausschließlich via Bildschirm konferiert, da er sie im Grunde genommen aus tiefstem Inneren verachtet und sie seiner persönlichen Präsenz für unwürdig erachtet. Desweiteren hat er, wie dem Roman zum Film zu entnehmen ist, seinen Adjutanten Bob kastrieren lassen, um dafür Sorge zu tragen, dass dieser nicht eines Tages selbst Herrschaftsambitionen entwickelt.
Auftritte[]
Film[]
- 1993: Demolition Man – gedreht von Marco Brambilla, basierend auf dem Drehbuch von Daniel Waters, Robert Reneau und Peter M. Lenkov.
Literatur[]
- 1993: Demolition Man – Der Roman zum Film; geschrieben von Richard Osborne, basierend auf dem Drehbuch von Daniel Waters, Robert Reneau und Peter M. Lenkov. Herausgegeben wurde die Buchadaption im Oktober 1993 bei Penguin Books.
Die deutsche Übersetzung von Wolfgang Thon erschien im Dezember desselben Jahres bei Bastei Lübbe.
- 1993-94: Demolition Man – Der Comic zum Film; geschrieben von Gary Cohn und gezeichnet von Rod Whigham, Dick Giordano und Frank McLaughlin. Die Titelseiten wurden von Kevin Maguire gestaltet. Veröffentlicht wurde der Comic zwischen November 1993 und Februar 1994 in vier Einzelausgaben bei DC-Comics.
Andere Medien[]
- 1994-95: Demolition Man – Das Videospiel zum Film; entwickelt von Acclaim Entertainment für Super Nintendo und Sega Mega Drive.
Ein komplett eigenständiges Spiel für die 3DO-Multiplayerkonsole wurde im selben Jahr von Virgin Interactive Entertainment entwickelt.
Wissenswertes[]
- Cocteau-Darsteller Nigel Hawthorne, als klassisch ausgebildeter Shakespeare-Darsteller, kam während der Dreharbeiten sehr schlecht mit seinen testosteronsprühenden Actionfilm-Co-Stars Sylvester Stallone und Wesley Snipes zurecht.
- Hawthorne war zwar seit Mitte der 1950er Jahre immer wieder im Fernsehen aufgetreten, hatte jedoch bis zu seinem Mitwirken an Demolition Man kaum Erfahrung mit großen Big-Budget-Kinofilmen.
Den Part des Dr. Raymond Cocteau nahm er seinerzeit vor allem deshalb an, um die Produzenten der damals in Arbeit befindlichen Verfilmung der Bühnenkomödie King George – Ein Königreich für mehr Verstand (The Madness of King George) zu überzeugen, dass er über die nötige Leinwandpräsenz für die Rolle des wahnsinnigen Königs George III. verfügte.
Das Manöver stellte sich zuletzt als unnötig heraus, da er von vorneherein die erste Wahl für die Rolle gewesen sei, zumal er sie zuvor bereits jahrelang mit großem Erfolg auf der Bühne gespielt hatte und für seine überzeugende Darbietung bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden war.
- Die Szene in der Dr. Cocteau den Helden John Spartan als Dank für seine “Lebensrettung“ zum Dinner bei Pizza Hut (im englischen Original Taco Bell) einlädt, wurde am Rande des I-405 Freeways in Irvine, Kalifornien, gedreht, genau gegenüber des Standortes des internationalen Taco Bell-Hauptquartiers.