Am 1. Oktober jährt sich die Verhaftung von Franz Fuchs zum zehnten Mal. Aus diesem Anlass zeigt der ORF am Dienstag, 2. Oktober, einen dreiteiligen Themenabend: Um 20.15 Uhr startet man mit Elisabeth Scharangs Spiel-Doku "Franz Fuchs - Ein Patriot" mit Karl Markovics in der Hauptrolle, um 22.30 Uhr folgt die Dokumentation "Der Fall Briefbomben - Die offenen Fragen". Den Abschluss macht um 23.15 Uhr ein "Runder Tisch" zum Thema. "Mir ist völlig wurscht, ob Österreich vor zehn Jahren aufgeatmet hat oder wieder eingeschlafen ist - aber wir nutzen die Aufmerksamkeit der Medien, die es rund um den Jahrestag gibt", begründete ORF-Fernsehfilmchef Heinrich Mis am Montag bei einer Pressekonferenz das Engagement des Senders.

"Noch Aspekte offen"

Der ORF nehme mit dieser "Zusammenarbeit von zwei Hauptabteilungen aus den Großreichen Oberhauser und Lorenz" seine Verantwortung als "tragendes und wichtiges Informationsmedium des Landes" wahr, sagte Mis. Nachdem die Filmemacherin Elisabeth Scharang mit einem Doku-Drama beauftragt worden war, habe man festgestellt, dass trotzdem Aspekte offen bleiben würden, meinte Gisela Hopfmüller-Hlavac, ORF-Hauptabteilungsleiterin Bildung und Zeitgeschehen: "Eine Spieldoku kann dicht an die Person herankommen und ein Psychogramm liefern, aber etwa die nach wie vor nicht wirklich zu beantwortenden Fragen rund um Ein-Täter- und Mehr-Täter-Theorie, die Gruppendynamik zwischen Ermittlern und Politikern oder die Sicht der Opfer - all das hat zu der Erkenntnis geführt: Wir brauchen ein zweites Stück."

Scharang, deren Doku "Meine liebe Republik" seit kurzem im Kino zu sehen ist, gestaltete auch die Dokumentation über "Die offenen Fragen". "Die vielen Gespräche mit Staatsanwalt, Profiler, dem Direktor für öffentliche Sicherheit, dem Verteidiger und so weiter waren aufregend, noch dazu haben sich manche Leute mit zehn Jahren Abstand leichter getan, darüber zu sprechen. Als Journalistin stellt man aber fest, es gibt die eine Wahrheit nicht. Viele Wahrheiten hat Franz Fuchs mit ins Grab genommen." In der Doku gehe es weniger um Franz Fuchs, als um die Widersprüchlichkeiten und die Wege, die die Ermittlungen genommen haben. Briefbomben-Opfer Maria Loley oder Ex-Innenminister Caspar Einem artikulieren hier auch Zweifel an der Einzeltäter-Theorie. Es sei nie wirklich bewiesen worden, dass Fuchs die Bekennerschreiben selbst verfasst hatte, sagte Scharang heute, "andererseits ist in den letzten zehn Jahren nie wieder wirklich etwas aufgetaucht. Wir sind alle für neue Fakten offen - man muss sie nur auf den Tisch legen."

"Franz Fuchs - Ein Patriot"

Für ihre Spiel-Doku "Franz Fuchs - Ein Patriot" hat sich Scharang allerdings auf das "geschlossene System Franz Fuchs" konzentriert, und lässt darin Experten die Theorie des Einzeltäters vor allem psychologisch untermauern. Spannend sei es gewesen, den Mann, den die Allgemeinheit vor allem durch sein Schreien im Gerichtssaal kannte, von anderen, weniger bekannten Seiten zu zeigen. "Was wir inszeniert haben ist nur das, was man nicht zeigen kann: Den Mann, der tot ist", erzählte Scharang. Der offenbare sich am besten in den langen Verhören in der Untersuchungshaft. Neben einigen Szenen, die Fuchs bei der Vorbereitung und Durchführung seiner Attentate zeigen (und seiner aus der Vogelperspektive gezeigten, nachgestellten Verhaftung), hat man sich daher beim Neu-Dreh vor allem auf die Verhörszenen konzentriert und dabei als Textvorlage die Original-Protokolle verwendet.

Karl Markovics als Franz Fuchs

Sofort nach ihrem Auftrag habe sie für die Besetzung der Fuchs-Rolle an Karl Markovics gedacht, "als ein Schauspieler, der in der Lage ist, daraus etwas Eigenes zu machen und eine Parallele entstehen zu lassen", sagte die Filmemacherin. Er habe sofort die Gefahr einer "egomanischen Charakterstudie, eines Bravour-Kammerstücks" gesehen, schilderte Markovics.

Da es Angehörige und Betroffene gebe, sei die Verantwortung besonders groß gewesen, auf der anderen Seite sei die "Verkrustung zum Mythos" nach zehn Jahren etwa noch nicht so dick wie bei Adolf Hitler. Neben den Verhörprotokollen sei ein zweieinhalbstündiges Polizei-Video eines Lokalaugenscheins in Gralla das "wichtigste Werkzeug" bei der Entwicklung der Figur gewesen, so Markovics. "Dabei hat man einen Menschen kennenlernt, der unscheinbar, bescheiden und vorsichtig über Vorgänge spricht, die uns einige Zeit vorher den Atem geraubt haben." Das Video konnte zwar eingesehen, aber nicht verwendet werden. "Wenn ich das Material wirklich gebraucht hätte, hätte ich sehr darum gekämpft", versicherte Scharang, "aber es war letztlich nicht notwendig." (APA)