de fr it

Eisen

Zwischen der Antike und dem 20. Jahrhundert wurden im Gebiet von neunzehn Schweizer Kantonen verschiedenste Eisenerze (Bodenschätze) abgebaut: Magnetit (Mont-Chemin, Gemeinde Entremont und Martigny), Hämatit (Gonzen), Bohnerz und Pisolith (Jura und Schaffhausen), Oolith (Fricktal), Eisenchlorit und Chamosit (Chamosentse, Gemeinde Chamoson). Eisenöfen entstanden entlang des Jura, insbesondere um Vallorbe, im Delsberger Becken, Fricktal und Klettgau, sowie in den Alpen, vor allem im Sarganserland und in Graubünden.

Eisen taucht ab der Spätbronzezeit in den Werkstätten der Bronzegiesser auf, die es für Schmuck oder das Härten von Waffen- und Werkzeugschneiden verwendeten. Bis heute wurden in der Schweiz allerdings keine hallstattzeitlichen Reduktionsöfen gefunden. Die ältesten Öfen dieser Art am Waadtländer Jurafuss und in Graubünden gehen auf die Latènezeit zurück. Von der Bedeutung der Eisenverarbeitung für die keltische Kultur zeugen die 166 Schwerter, 270 Lanzenspitzen und 400 Fibeln, die bei La Tène zum Vorschein kamen. Die Eisenverarbeitung ging auch nach der Eroberung durch die Römer weiter. In der Kaiserzeit wurde Eisenerz im Gonzen im Tagebau gewonnen (vom Mittelalter bis 1966 auch im Untertagebau). Die begrenzten schweizerischen Vorkommen deckten den örtlichen und regionalen Bedarf (Metallverarbeitende Handwerke). Weder die römischen Kapitalgesellschaften noch die kaiserliche Verwaltung interessierten sich für diese, doch führte die Invasionsgefahr zu einer vermehrten Ausbeutung. In der Merowingerzeit wurde in den Schmelzöfen von Bellaires (Gemeinde Romainmôtier-Envy, Croy), Montcherand und Boécourt Eisenerz verhüttet, wobei sich deren Leistung verdoppelte oder verdreifachte. Schmelzöfen wie der von Merishausen waren im Frühmittelalter eng an die lokale Erzgewinnung in einer Grundherrschaft oder einem Bauerndorf gekoppelt; im Jura überdauerten sie fast unbemerkt bis ins 17. Jahrhundert. In den Alpen entstanden dagegen auch grössere Betriebe. Weil diese Holzkohle als Brennmaterial verwendeten (Köhlerei), zogen sie Entwaldungen nach sich, die Beschwerden der Bevölkerung oder gar Aufstände zur Folge hatten, wie zum Beispiel 1342 in Orsières.

1461 führte ein Verhüttungsfachmann deutscher Herkunft, Matthey de Francquefort, in Saint-Sulpice (NE) die Hochofentechnik ein. Im Laufe des 16. Jahrhunderts verdrängte das Gusseisen aus den Hochöfen allmählich die älteren Formen des Weicheisens. Da die Schmiedemeister das für die Hochöfen erforderliche Kapital nicht aufbringen konnten, gelangte die «schwere» Metallindustrie in den Besitz von örtlichen Notabeln, später von Kaufleuten aus Basel, Genf, Lothringen, Burgund, Piemont und Süddeutschland. Ende des 16. Jahrhunderts sanierte der Fürstbischof von Basel durch die Verstaatlichung der Erzvorkommen die Finanzen des Bistums. Das Delsberger Becken, das die ausgedehntesten Lager aufwies, wurde in der Schweiz zum Hauptlieferant von Eisen, vermochte jedoch die inländische Nachfrage nicht zu decken. Nach dem Dreissigjährigen Krieg geriet das inländische Eisenhüttenwesen aufgrund der hohen Transportkosten und der kurzen Abbauzeit im Berggebiet unter starken Druck der ausländischen Konkurrenz. Die meisten Hochöfen stellten im 18. Jahrhundert den Betrieb ein, doch jede der wenigen verbliebenen Anlagen produzierte bis zu 200 t Eisen jährlich, fünfmal mehr, als ein Ofen im frühen 17. Jahrhundert. Einige Raffinerien, Stahlwerke und Giessereien prosperierten; darunter das 1802 von Johann Conrad Fischer (1773-1854) gegründete Unternehmen, aus dem später die in Schaffhausen angesiedelte Firma Georg Fischer hervorging. Ab 1809 beherrschte die Von Roll, die Hochöfen in Klus, Gänsbrunnen und ab 1846 in Choindez sowie Giessereien in Gerlafingen betrieb, die schweizerische Schwerindustrie. Der Siegeszug der Koksöfen (Kohle) bedeutete das Ende für die sieben Hochöfen im Jura, die 1857 noch in Betrieb waren. 1854 hatten die neun Schweizer Hochöfen 12'077 t Roheisen produziert, was 42,2% des Landesbedarfs entsprach. Der Rest wurde aus Deutschland, England und Frankreich importiert. 1900 erzeugte die letzte benutzte Hochofenanlage in Choindez aus 8864 t Erz 3723 t Gusseisen und deckte damit 1,3% des schweizerischen Roheisenbedarfs. 1935 wurde auch sie stillgelegt. 1943 nahm die Firma Von Roll in Choindez einen elektrischen Ofen mit tiefem Schacht in Betrieb, der bis in die 1960er Jahre wettbewerbsfähig blieb. 1982 wurde der Betrieb eingestellt.

Quellen und Literatur

  • Bibl. zum Eisen, Alt-Paradies, Langwiesen
  • W.U. Guyan, Bild und Wesen einer ma. Eisenindustrielandschaft im Kt. Schaffhausen, 1946
  • W.U. Guyan, «Die Eisenöfen im Hoftal bei Bargen, Kt. Schaffhausen», in ZAK 17, 1957, 159-174
  • P.-L. Pelet, Fer, charbon, acier dans le Pays de Vaud 2, 1978; 3, 1983
  • P.-L. Pelet, «Ruiner la végétation ou sauvegarder la nature», in SZG 38, 1988, 30-44
  • L. Eschenlohr, V. Serneels, Les bas fourneaux mérovingiens de Boécourt, Les Boulies (JU, Suisse), 1991
  • Minaria helvetica 13, 1993, 49-120
  • P.-L. Pelet, Une industrie reconnue, 21993
  • V. Serneels, Archéométrie des scories de fer, 1993
  • HistStat
  • R. Pleiner, Iron in Archaeology: The European Bloomery Smelters, 2000
  • L. Eschenlohr, Recherches archéologiques sur le district sidérurgique du Jura central suisse, 2001
Weblinks

Zitiervorschlag

Ernst H. Berninger; Paul-Louis Pelet: "Eisen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 10.04.2006, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/026231/2006-04-10/, konsultiert am 17.03.2025.