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Holzwirtschaft

Holzwirtschaft steht als Sammelbegriff für jene Wirtschaftsbereiche, die sich mit dem Holzhandel und der Holzverarbeitung (Industrie- und Gewerbebetriebe) beschäftigen. Holz war bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts der bedeutendste Energieträger (Energie) für Gewerbe, Industrie und Haushalt. Ausserdem diente er als Rohstoff zur Herstellung von Arbeitsgeräten und Hauseinrichtungen sowie für das Baugewerbe. Die grosse Bedeutung des Holzes in vorindustrieller Zeit rechtfertigt die Bezeichnung dieser Epoche als «hölzernes Zeitalter». Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erhielt die Holzwirtschaft durch die Trennung der Forst- von der Landwirtschaft neue Impulse. Damit einher ging eine zunehmende Professionalisierung der Forstwirtschaft (Wald), die eng mit der Holzwirtschaft verbunden ist. Letztere produzierte nun primär Holz und drängte die landwirtschaftliche Waldnutzung immer mehr zurück. Allerdings kann von einer eigentlichen Holzwirtschaft erst seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert gesprochen werden, auch wenn bereits aus der Römerzeit Hinweise auf Holzhandel und Flösserei auf dem Comer- und Genfersee, der Aare und der Rhone überliefert sind.

Brennholz

Die ländliche Bevölkerung holte ihr Holz bis ins 19. Jahrhundert weitgehend in Gemeindewäldern (Allmend), wobei nicht alle Personen die gleichen Nutzungsrechte besassen. Die städtische Bevölkerung war auf den Erwerb von Holz auf dem städtischen Markt angewiesen. Im Verlaufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Bedeutung der Steinkohle (Kohle) zu. Statistische Angaben zum Brennholzbedarf in der Schweiz existieren allerdings erst ab 1910, als bereits 78% der Energie aus Steinkohle und nur noch 16% aus Brennholz gewonnen wurde. Während der Weltkriege stieg der Brennholzbedarf im Zeichen der Kriegswirtschaft an, sank aber nach der Umstellung auf Erdöl ab den 1960er Jahren stark ab (1940-1945 27%, 2000 bei 1,8% stabilisiert). Auf der Suche nach alternativen Energien erfuhr die Holzheizung bzw. die Pelletheizung Ende des 20. Jahrhunderts eine Aufwertung.

Nutzholz

Bauholz - Holzbau

Zimmerleute beim Bau eines Hauses. Fragment eines Scheibenrisses, Tuschzeichnung aus dem Umkreis von Tobias Stimmer, um 1600 (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich).
Zimmerleute beim Bau eines Hauses. Fragment eines Scheibenrisses, Tuschzeichnung aus dem Umkreis von Tobias Stimmer, um 1600 (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich). […]

Holz ist seit der Jungsteinzeit ein wichtiges Baumaterial. Die sogenannten Pfahlbauten (Ufersiedlungen) bestanden aus einem Gerüst aus Stangenholz und einem Geflecht von Ästen und Stroh, das mit Lehm abgedichtet wurde. Die im Zürichsee bei Rapperswil Ende des 20. Jahrhunderts gefundenen Pfeiler aus der Bronzezeit (1525 v.Chr.) stammen von einer Brücke, die zu den ältesten in Europa gehört. Sie war stabil genug, um das Gewicht von Vieh und Wagen zu tragen. Auch im Frühmittelalter bestanden bäuerliche, herrschaftliche und viele kirchliche Bauten aus Holz (Bauernhaus). Selbst im 12. bis 13. Jahrhundert wurden die meisten Gebäude aus Holz gebaut und gehörten rechtlich zur sogenannten Fahrhabe. Der Steinbau war nördlich der Alpen sakralen Bauten und später auch repräsentativen und kommunalen Bauten vorbehalten. In Regionen mit viel Nadelholz entstanden vor allem Block-, in Laubholzgebieten eher Ständerbauten. Hauptsächlich nördlich der Alpen wurden diese Häuser zum Teil mit Schindeln gedeckt. Die ältesten Gebäude weisen bis zu 700 Jahre alte Teile auf. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass im Tessin – mit Ausnahme der nördlichen Täler – dem Steinbau keine Holzbauphase voranging. Im Alpenraum dagegen dominieren Mischformen von Stein-Holz-Bauten. Internationale Bedeutung erlangte das im 19. Jahrhundert entstandene Schweizer Chalet, das sich zu einem nationalen Symbol entwickelte. Wegen der grossen Brandgefahr ging man in Städten im Verlauf des Spätmittelalters zum Baumaterial Stein über.

Bauhandwerker waren in Deutschschweizer Städten in Zünften organisiert. Einzelne Zimmerleute, die besondere Fähigkeiten als Architekten und als Baumeister hatten, machten sich über die Grenzen ihrer Region hinaus einen Namen. Aus diesen Kreisen rekrutierten sich im 19. Jahrhundert zahlreiche Unternehmer im Baugewerbe. Die Bedeutung des Holzbaus nahm im Verlauf des 20. Jahrhunderts stetig ab, obwohl die Arbeitsgemeinschaft für das Holz Lignum in den 1930er den avantgardistischen, rationalisierten und genormten Ingenieurholzbau anregte. Während der Krise der Holzwirtschaft ab 1970 propagierte Lignum mit Hilfe Schweizer Stararchitekten die Verwendung von Holz beim Bau von Wohnhäusern, Industriebauten, Hallen, Kirchen und Brücken. Der Erfolg zeigte sich in einem im Vergleich zur übrigen Holzwirtschaft untypisch markanten Zuwachs der Holzbaubetriebe und Beschäftigten seit den 1980er Jahren. Im Verlauf der 1990er Jahre erfuhr Holz als Baustoff einen starken Wandel in seiner Beurteilung: Vom heimeligen, nostalgischen Baustoff wandelte es sich zu einem für viele Zwecke verwendbaren Baumaterial, das aufgrund seiner Funktionalität geschätzt wurde.

Gewerbliche Holzverarbeitung

Holzschlag im Tal von Derborence (Wallis). Fotografie, 1954 (Mediathek Wallis, Martigny).
Holzschlag im Tal von Derborence (Wallis). Fotografie, 1954 (Mediathek Wallis, Martigny). […]

Holz wird seit Urzeiten zu Gebrauchsgegenständen verarbeitet. Über diese wissen wir nur wenig, da sie nur unter seltenen konservatorischen Bedingungen die Jahrhunderte überstanden haben. Unterwasserarchäologische Untersuchungen zeigen, dass in prähistorischer Zeit vor allem Hartholzarten wie Eiche, Buche, Esche, Ahorn, Eibe und Obstbäume zur Herstellung von Werkzeugen und Arbeitsgeräten verwendet wurden. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit brauchte man in ländlichen Gebieten einen wesentlichen Teil des Holzes zur Herstellung von Rebstickeln und Zäunen. Letztere mussten nach der Ernte wieder abgebaut werden, damit das Vieh Zugang zur Allmend erhielt. Das über den Sommer gut ausgetrocknete Holz diente dann als Brennholz. Verschiedene Gewerbe benutzten Holz als zentralen Rohstoff für den Werkzeugbau und die Herstellung von Fässern, Trottbäumen und Möbeln. Die Innenausstattung – Böden, Täfelung, Fenster und Türen, Möbel aller Art – wurde bis ins 20. Jahrhundert aus Holz gezimmert. Städtische und dörfliche Schreiner (Tischmacher) fertigten Möbelstücke auf Bestellung der Kunden. Kunstvolle Innenausstattungen von öffentlichen Bauten (Kirchen, Rathäuser) und kostbare Möbel für wohlhabende Kunden waren das Werk der Kunsttischler (Ebenisten), Holzbildhauer und -schnitzer, die als Kunsthandwerker städtische Privilegien genossen (Bildhauerei). Noch im 19. Jahrhundert gehörten hölzerne Werkzeuge und Arbeitsgeräte für Haushalt, Gewerbe und Landwirtschaft zum Alltag. Auch Trink-, Trag-, Lager- und Transportgefässe, Ausrüstungen von Mühlen, Boote, Fuhrwerke und Kutschen wurden aus Holz gefertigt. Ab dem Mittelalter spezialisierten sich Handwerker wie Kübler, Küfer, Wagner und Dreher auf deren Herstellung. Die in den Notjahren 1816-1817 im Berner Oberland (v.a. Brienz) entstandene Souvenir-Holzschnitzerei stellte eine Besonderheit dar. Sie verschaffte Männern durch Heimarbeit einen Nebenverdienst. Die Produkte wurden vor allem in den touristischen Zentren verkauft. Die Holzschnitzerei war konjunkturellen Schwankungen unterworfen (1884 1307 Holzschnitzer; 1930 614; 1939 405).

Industrielle Produktion

Im Holzbau und in der Möbelproduktion (Möbelindustrie) breitete sich die serienmässige Fabrikation nach 1850 und vor allem ab 1880 während des Wirtschaftswachstums aus. Die Verlagerung der Produktion von der Baustelle in die Werkstatt im 20. Jahrhundert ermöglichte die kostengünstigere Fertigbauweise. Mechanisierte Bauschreinereien fabrizierten Türen, Fenster und Böden in Serie. Heute umfasst die industrielle Produktion einen Grossteil der Holzverarbeitung, vom Sägewerk bis zur Zellstoffverarbeitung. In der Holz verarbeitenden Industrie dominierten ab Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem hoch mechanisierte Kleinbetriebe. Wenn auch in gewissen Branchen eine Konzentration der Betriebe zu beobachten ist, überwogen 2001 in den insgesamt 12'273 Betrieben mit 78'400 Beschäftigten die Klein- und Mittelbetriebe. Die Menge des verarbeiteten Schnittholzes blieb zwischen 1946 und 1996 recht konstant. Mit der Papierherstellung aus Holz (Holzschliff oder Zellstoff) siedelten sich zwischen 1860 und 1890 vor allem zwischen Basel, Bern, Luzern und Zürich Holzschliff- und Papierfabriken an. Diese deckten ihren Rohstoffbedarf zwischen einem und zwei Dritteln aus einheimischem Holz. Die Produktion von Platten (v.a. Span- und Faserplatten) wie auch die Verarbeitung des Holzes zu Papier hat seit dem Zweiten Weltkrieg markant zugenommen.

Holz als zentrale Ressource

Holzhandel

Bau- und Brennholz wurde bereits im Mittelalter gehandelt. Vor der Eröffnung der Eisenbahnlinien war der Holztransport auf dem Landweg wenig lukrativ. Transportmöglichkeiten auf Flüssen und Seen (Wasserwege) spielten eine zentrale Rolle und beeinflussten die Standortwahl der Holz verarbeitenden Gewerbebetriebe entscheidend. Brennholz konnte nur aus dem Einzugsgebiet von triftbaren Flüssen gewonnen und nur an Orte in der Nähe von Gewässern verfrachtet werden. Grenzüberschreitender Holzhandel ist für den schweizerischen Raum ab dem 13. Jahrhundert überliefert. Hauptsächlich die Städte des Mittellands und jene im holzarmen Rheinland, Rhonetal und in der Poebene waren auf die kontinuierliche Zufuhr von Nutz- und Brennholz angewiesen. Ganze Regionen wie beispielsweise das Engadin (Holzausfuhr zum Salzwerk Hall bei Innsbruck) lebten vom Holzexport. Ab dem 15. bzw. 16. Jahrhundert wurde der städtische Holzhandel mittels Preistarifen geregelt. Bei steigendem Holzbedarf suchten vor allem Zürich und Bern den Holzhandel unter obrigkeitliche Kontrolle zu bringen. Der Bau der Eisenbahnen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beeinflusste die Holzwirtschaft massiv: Zuerst entstand ein enormer Holzbedarf (Schwellen, Brücken), danach ermöglichte die Eisenbahn den günstigen Import von Steinkohle und Holz. Brennholz zum Heizen der Lokomotiven wurde nach 1858 durch importierte Steinkohle ersetzt.

Gewerblicher und industrieller Holzbedarf

Neben den Privathaushalten, die Brennholz zum Heizen und Kochen brauchten, waren bis ins 19. Jahrhundert vor allem Gewerbebetriebe wie Ziegeleien, Salinen sowie Eisen- und Glashütten (Eisen, Glas) die grossen Holzverbraucher. Als Holzersatz diente in geringen Mengen auch Torf oder die leichter transportierbare Holzkohle. Die Verarbeitung von Brennholz zu Holzkohle, die ab dem Mittelalter im Handwerk, im Bergbau und bei der Glasproduktion vermehrt eingesetzt wurde, vereinfachte den Transport: Holzkohle war bei annähernd gleichem Energiewert viel leichter und in Säcke abfüllbar. Deshalb wurde die Köhlerei vor allem in peripheren Waldgebieten betrieben und führte nicht selten zur totalen Entwaldung von abgelegenen, als wertlos empfundenen Wäldern. An ähnlichen Standorten wurde auch Pottasche und Glas produziert. Holzkohle kam häufig in Eisenhütten zum Einsatz, in Salinen dagegen wurde neben Brennmaterial auch Bauholz benötigt. In der Nähe von gewerblichen Betrieben mit hohem Brennmaterialbedarf kam es deshalb immer wieder zur Übernutzung umliegender Wälder. Im 19. Jahrhundert erhob Elias Landolt erstmals statistische Daten zum Holzvorrat in den Wäldern und zum Holzbedarf. So deckten zum Beispiel die lokalen Holzvorräte in Appenzell Ausserrhoden 1858-1860 32% des Holzbedarfs des Kantons, jene im Waadtländer Jura dagegen 156%. Für das ganze Untersuchungsgebiet (Alpen, Voralpen und Jura) errechnete Landolt im gleichen Zeitraum einen Holzzuwachs von lediglich 85% des Bedarfs.

Gerade in Gebieten, die von Flüssen schlecht erschlossen sind, drohte immer wieder Knappheit. Im 18. Jahrhundert nahmen Klagen über den schlechten Zustand der Wälder im Gebiet der heutigen Schweiz zu. Bereits wurde vor einer drohenden Holznot gewarnt. Regional unterschiedlich ausgeprägte Ressourcenknappheiten waren vor der Industrialisierung häufig, da städtische und gewerbliche Zentren im Mittelalter und in der frühen Neuzeit einen enormen Bedarf an Bau- und Brennholz aufwiesen, während es gleichzeitig auch Gebiete mit Holzüberschuss gab. Die Furcht vor Holzmangel ergriff im 18. und 19. Jahrhundert breite Bevölkerungsschichten und übte starken Einfluss auf das Denken und vor allem das politische Handeln jener Zeit aus (Legitimation für Forstgesetze). Tatsächlicher Holzmangel bestand wohl vor allem beim langen Bauholz, da vor 1800 viele Wälder als Niederwälder genutzt wurden. Das Wirtschaftswachstum der Industrialisierung wäre allein auf der Basis von Holz als Hauptbrennstoff nicht möglich gewesen.

Verbände und Fachausbildung

Die schweizerische Holzwirtschaft ist in zahlreichen Fachverbänden organisiert. Die bedeutendsten Berufsverbände sind der Sägerei- und Holzindustrieverband (SHIV, gegründet 1886), der Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM, gegründet 1887) und der Zimmermeisterverband (SZV, gegründet 1906). Aus dem 1931 ins Leben gerufenen Verband Lignum und der ab 1996 bestehenden Schweizerischen Holzwirtschaftskonferenz (HWK) entstand 1999 der Verband HWK Lignum, der Dachverband der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft. Seit 1997 bietet die Hochschule für Architektur, Bau und Holz in Biel im Bereich Holzwirtschaft eine Ausbildung in Holztechnologie und Holzbau auf Fachhochschulniveau an (Forstwissenschaft).

Quellen und Literatur

  • C.M. Romano, L'industrie du bois dans le canton de Fribourg, 1969
  • H. Grossmann, Flösserei und Holzhandel aus den Schweizer Bergen bis zum Ende des 19. Jh., 1972
  • D. Marek, Kohle, 1992
  • L'uomo e la foresta, secc. 13-18, hg. von S. Cavaciocchi, 1996
  • J.D. Parolini, Zur Gesch. der Waldnutzung im Gebiet des heutigen Schweiz. Nationalparks, 1996
  • HistStat
  • A. Mirabdolbaghi, P.L. Pelet, «L'inventaire des usines hydrauliques traditionnelles du Valais», in Vallesia 52, 1997, 169-239
Weblinks

Zitiervorschlag

Katja Hürlimann: "Holzwirtschaft", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 08.01.2008. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/014025/2008-01-08/, konsultiert am 17.03.2025.