verschiedene: Die Gartenlaube (1862) | |
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ist, davon wurde ich als Knabe einmal recht deutlich überzeugt. In der frühern van Aken’schen Menagerie befand sich auch ein Elephant, unter dessen Leistungen auch das gewöhnliche Aufheben mehrerer Geldstücke vorkam. Ehe er dieselben seinem englischen Führer, welcher auf seinem Nacken saß, überreichte, ließ er sie durch Schütteln aneinander klingen, zum Zeichen, daß er alle drei Geldstücke zusammen habe. Eines Morgens, als ich mich allein in der Menagerie sah, wandelte mich die Lust an, zu versuchen, ob der Elephant auch mir gehorchen würde. Ich zog mit einer gewissen Resignation einen Dreier aus der Tasche und warf ihn dem Riesenthiere hin, indem ich ihm dabei die englischen, durch öfteres Hören auswendig gelernten Worte zurief, welche zu diesem Kunststück gehören. Der Elephant hob richtig den Dreier auf. Statt ihn mir aber, wie mein Wunsch war, wieder zu geben, schüttelte er ihn unaufhörlich zwischen dem Rüssel, wahrscheinlich das Klimpern des einzelnen Stückes erwartend. Da der Dreier einen wesentlichen Bestandtheil meiner damaligen Capitalien ausmachte, so rief ich dem Thiere wiederholt mein Englisch zu, zur deutlichern Illustrirung die Hand ausstreckend, aber das Schütteln dauerte fort, eben so mein verzweifeltes Rufen, bis endlich der tragische Schluß damit eintrat, daß der Elephant den Dreier, vielleicht in Folge eingetretenen Krampfes im Rüssel, verlor und derselbe in eine Spalte zwischen den Dielen fiel. Ob der Elephant auf weitere Geldstücke wartete, weil er vielleicht-besser als ich wußte, daß mein Englisch nichts vom Wiedergeben erwähnte, sondern blos von drei Geldstücken sprach, oder ob er meine Person nicht respectirte, wer weiß es? Ich habe übrigens keinem Elephanten wieder Geld gegeben.
Es versteht sich natürlich von selbst, daß sich der Werth eines Elephanten für die Besitzer wandernder Menagerien bedeutend nach den Kunstleistungen des Thieres richtet. Ein Elephant, der „ausgezeichnet arbeitet“, ist ein viel werthvolleres Capital, als ein ungeschickter, wenn er auch wirklich schöner wäre. Eins kommt dabei oft auch mit in Frage, ob nämlich das Thier sich leicht an einen andern Führer gewöhnt. Manchmal lassen die Elephanten keinen andern als den ihnen bekannten in ihre Nähe, wie denn der erwähnte Krenzberg’sche Elephant nach jedem Menageriewärter, welcher ihm nahte, mit dem Rüssel schlug, so daß dieselben ihn mehr fürchteten, als die Löwen und Tiger. Andere Elephanten hingegen gewöhnen sich schneller an neue Personen und sind dann überhaupt gegen Fremde nicht bösartig. Vielleicht sind hiervon die verschiedene Erziehung, Neckereien, vielleicht aber auch Temperament die Ursachen; ich möchte auch vermuthen, daß die Abstammung aus verschiedenen Gegenden mit dazu beiträgt, denn da der Verbreitungsbezirk der indischen Elephanten immer noch ein sehr großer ist, so ist dies nicht undenkbar, zumal man unter den zur Schau gestellten Elephanten eine oft sehr große Formenverschiedenheit beobachten kann. Während einzelne fast formlos und wirklich häßlich aussehen, zeigen andere eine gewisse Schönheit, so seltsam dies vielleicht klingt, und dies waren gerade die Exemplare, deren Naturell am energischsten war.
Wenn alle Welt weiß, daß die zur Schau gestellten lebenden Elephanten wohl stets indische sind, da sie dort jederzeit zahm zu kaufen sind, während die afrikanischen so weit im Innern Afrika’s leben, daß, selbst wenn das Einfängen wilder gelänge, schon ihr Transport ungeheuere Schwierigkeiten verursachen würde; wenn dies Jedermann weiß: so wird doch gewiß Mancher fragen, wie es kam, daß doch die Karthager und später die Römer über so große Mengen von Elephanten verfügen und, wenn Mangel eintrat, denselben sehr schnell ersetzen konnten. Denn wenn es noch unmöglich sein muß, nur einen lebenden Elephanten aus dem Sudan durch die Sahara nach Nordafrika zu bringen, so ist bei den Massen, welche damals zum Kriege und später zu den Kämpfen im Circus gebraucht wurden, noch viel weniger daran zu denken. Aber Nordafrika war eben damals selbst noch ein an Elephanten überreiches Land, und die Karthager scheinen gar nicht weit gehabt zu haben, um in die Elephantenregion zu gelangen, denn Hamilkar Barkas, der Vater des Hannibal, wurde nach seiner Zurückkunft von Sicilien einmal eigens auf die Elephantenjagd geschickt; zugleich ein Beweis, für wie wichtig man den günstigen Erfolg hielt, da man den ersten Feldherrn des Staates persönlich damit betraute. Da man die Elephanten massenweise einfing, wozu bei ihrem heerdenweisen Leben immer Gelegenheit war, so ist höchst wahrscheinlich der Fang ein ähnlicher gewesen, wie noch jetzt in Indien, indem man nämlich die ganze Heerde in große feste Umzäunungen lockte und die Thiere dann einzeln, vielleicht auch schon mit Zuziehung gezähmter, bändigte. Durch die Karthager würde übrigens die Elephantenmenge kaum merklich verringert worden sein, selbst wenn der Staat noch länger bestanden hätte, denn ihnen als praktischen Kaufleuten war der Gebrauch des lebenden Thieres der Zweck beim Einfangen. Als aber die Römer die Herren dieses ganzen Gebietes wurden und die Circusschlächtereien im Großen begannen, da mögen sich die Mengen dieser imposanten Thiere, doppelt imposant durch ihre stets auch beim Weibchen schönen Stoßzähne, furchtbar schnell gelichtet haben, bis auch die letzten, die sich vielleicht bis an den Rand der Sahara geflüchtet hatten, das Aussterben dieses Thiergeschlechts in Nordafrika mit ihrem Blute in der Arena besiegeln mußten.
Noch jetzt machen sich die Folgen dieser localen Ausrottung bemerklich, indem es ohne Zweifel nicht so schwer wäre, afrikanische Elephanten nach der Küste des mittelländischen Meeres zu bringen und einzuschiffen, wenn es dergleichen noch in Nordafrika gäbe. So aber wird es vielleicht noch lange dauern, ehe dies mit einem solchen Thiere aus dem Innern dieses Erdtheils gelingt, und vielleicht ist es die große Wasserstraße, auf welcher uns die Nilpferde und Giraffen zukommen, vielleicht ist es der Nil, welcher uns Deutschen auch einen afrikanischen Elephanten zuführt.
Rechtskunde für Jedermann.
Wenn man Jemanden eine Ohrfeige giebt, so kostet das nicht immer, wie noch hier und da geglaubt wird, die Summe von netto fünf Thaler, sondern diese Thathandlung fällt als mehr oder minder schwere Beleidigung unter ganz verschiedene strafrechtliche Gesichtspunkte, je nachdem der Empfänger ein dem Ertheiler Untergebener, ein Vorgesetzter, ein Fremder oder eine in Ausübung ihrer Amtspflicht begriffene Person ist. Sie bildet eine Art der Injurien und zwar der Realinjurien im Gegensatz zu den Verbalinjurien.
Die Injurie (eigentlich Unrecht im Allgemeinen) ist ein beabsichtigtes Vergehen gegen die Ehre eines Anderen und äußert sich entweder durch thätliche Angriffe oder durch Worte, woraus die obige Eintheilung hervorgeht. Indessen kann auch durch bloße Zeichen injuriirt werden.
Die Ehre ist das Band alles menschlichen Verkehrs und daher das höchste Gut des Menschen, vermöge dessen er allen Anderen gleich steht und einen Werth erhält, der von Jedem anerkannt werden muß, so lange er sich nicht selbst entwürdigt, also der Achtung verlustig und der Verachtung werth gemacht hat. Ist nun aber auch das Letztere der Fall, so darf doch die Verachtung nicht so zu Tage treten, daß die Persönlichkeit des Menschen verletzt wird, denn die Menschenwürde muß auch in dem Verbrecher noch geachtet werden, und eine gänzliche Ehrlosigkeit kennen die heutigen Gesetze nicht, wenn sie auch als Folge der Verbüßung gewisser Strafen oder eines Zustandes – z. B. des Bankerotts – den Verlust von Ehrenrechten, als etwa der Wählbarkeit zu Abgeordneten für die Landesvertretung oder zu Gemeindeämtern, sowie den Verlust von Titeln, Aemtern und Würden statuiren. Wer nun die Ehre eines Anderen absichtlich antastet, der begeht gegen ihn eine Injurie und wird deshalb auf den Antrag des Beleidigten oder auch anderer zu diesem Antrage berechtigter Personen bestraft.
Sehr schwer läßt sich aber ein genauer Begriff dessen, was Alles Injurie sein kann, feststellen, und die häufig aufgeworfene Frage, ob diese oder jene Handlung gegen einen Dritten eine strafbare Beleidigung sei, muß mit der Entgegnung beantwortet werden, daß hier Alles auf die äußeren Umstände, auf die Persönlichkeit
verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_414.jpg&oldid=- (Version vom 8.9.2022)