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ADB:Bokelmann, Christian Ludwig

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Artikel „Bokelmann, Christian Ludwig“ von Alfred Gotthold Meyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 89–90, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bokelmann,_Christian_Ludwig&oldid=- (Version vom 31. Oktober 2024, 19:33 Uhr UTC)
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Bokelmann: Christian Ludwig B., Genre- und Porträtmaler, geboren am 4. Februar 1844 in St. Jürgen bei Bremen, † am 14. April 1894 in Charlottenburg bei Berlin, steht seiner bleibenden kunstgeschichtlichen Bedeutung nach auf der Grenze, wo die vor allem durch Knaus und Vautier gekennzeichnete deutsche Genremalerei in die Bahnen der Gegenwart einlenkt. Die entscheidende Schulung erhielt er seit 1868 auf der Düsseldorfer Akademie und besonders seit 1871 im Privatatelier von Wilhelm Sohn, nachdem er zuvor zehn Jahre lang auf Wunsch der Seinen in Lüneburg und Harburg dem kaufmännischen Beruf obgelegen. Von seinem ersten Erfolge an, den ihm sein Gemälde „Im Trauerhause“ 1873 auf der Wiener Weltausstellung eintrug, spiegelte fast alljährlich je ein größeres, stets beachtetes Werk sein fortschreitendes Können. Bis zum Ende der achtziger Jahre bewegte sich dasselbe ungefähr in der gleichen Richtung. Charakteristisch für diese ist schon die stoffliche Wahl: „Spieler“ („Bis in den hellen Tag hinein“) 1874; „Vorraum eines Leihhauses“ (Stuttgart. Galerie) 1875; „Volksbank kurz vor dem Krach“ 1877; „Wanderlager vor Weihnachten“ 1878; „Testamentseröffnung“ (Berlin. Nationalgalerie) 1879; „Letzte Augenblicke eines Wahlkampfes“ 1880; „Verhaftung einer Frau“ (Hannov. Provinzialmuseum) 1881; „Abschied der Auswanderer“ (Dresd. Gemäldegalerie) [90] 1882; „Im Gerichtssaal“ 1883; „Spielbank in Monte Carlo“ 1884; „Streikversuch der Tischlergesellen“ (Wiesbad. Museum) 1885; „Dorfbrand“ 1886. Stets sind es inhaltlich antheilerweckende, psychologisch und social bedeutsame Scenen, die den Vergleich mit litterarischen Schilderungen in Dramen oder Romanen herausfordern, scharf zugespitzte Situationen, in denen sich Handlung, Stimmung und die gesellschaftliche Lage in einzelnen, sorgsam gewählten, oft freilich zu stark an das „Modell“ erinnernden Haupttypen ausspricht. Das „Anecdotenbild“ der älteren Düsseldorfer Schule bleibt, aber seine Romantik und Empfindsamkeit sowie sein Humor treten mehr und mehr zurück. Den meisten Bildern liegen ernste sociale Probleme zu Grunde, und dabei war B. einer der ersten, die diese nicht nur in der Arbeiterwelt, sondern in den höheren Gesellschaftskreisen künstlerisch zielbewußt zu erfassen strebten. In der Coloristik zuerst nicht ohne Härte, weiß er allmählich die zuvor emailleartigen Localtöne auch zu einem Gesammteindruck einheitlich geschlossener Lichtwirkung zu stimmen, geht dabei mehr und mehr zu helleren, silbergrauen Haupttönen über und nähert sich immer entschlossener dem Princip der Freilichtmalerei. Auf diese Wandlung war eine längere, arbeitsreiche Studienreise durch die Marschen und Nordfriesland nicht ohne Einfluß, die auch die Themata der Bilder – ein nordfriesisches Begräbniß (1888) und eine Taufe in Dithmarschen – bestimmten. Die „Bewirthung der Abgebrannten“ setzt gleichsam die frühere Erzählung vom Dorfbrand fort. Die Gemälde „Vor Beginn des Gottesdienstes in Boldixen“ und „Abendmahl in Selfingen“ sind, selbst abgesehen von ihren Charakterfiguren, durch die gute Beobachtung der Lichtverhältnisse der Kircheninterieurs ausgezeichnet. Eine vorzügliche Beleuchtungsstudie („Allein“) - ein Kind in einem Zimmer, dessen schlichter Hausrath in ungewöhnlich feinem und reichem Farbenspiel erfaßt ist – vertritt diese letzte Kunstweise (1892) des Meisters in der Berliner Nationalgalerie, wo das Bildniß von Klaus Groth auch von seiner durch scharfe Beobachtung ausgezeichneten Porträtmalerei Zeugniß gibt.

B. wurde 1892 von Düsseldorf an die Karlsruher Kunstakademie und 1893 als Leiter der Malclasse der Akademischen Hochschule für die bildenden Künste nach Berlin berufen, dieser neuen vielversprechenden Wirksamkeit aber schon im folgenden Jahre durch den Tod entrissen. Er starb auf tragische Weise an den Folgen eines Sturzes von der Leiter in seinem Atelier, als er einen Lorbeerkranz aufhängen wollte, den ihm dankbare Schüler überreicht hatten.

Zusammenfassend: Rosenberg in der Zeitschr. f. bild. Kunst. Neue Folge. I, 1890, S. 3 ff. und v. Donop im Vorwort zur Nachlaß-Ausstellung Bokelmann’s in der Kgl. Berliner Nationalgalerie. 1894, S. 13 ff.