Ludwig August Frankl von Hochwart
Ludwig August Ritter von Frankl-Hochwart (geboren 3. Februar 1810 in Chrast in Böhmen; gestorben 12. März 1894 in Wien) war Arzt, Journalist, Schriftsteller und Ehrenbürger von Wien.
Leben und Wirken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ludwig August Frankl stammte aus einer jüdischen Familie aus Chrast. Seine Eltern waren der Tabak-Distrikts-Verleger Leopold Frankl († 1825) und dessen Ehefrau Therese, geb. Heimann aus Lissitz.[1] Seine Brüder waren David Bernhard Frankl (1820–1859), Kaufmann und Begründer der Handelsakademie in Prag, und der kaiserliche Rat und Gemeinderat Wilhelm Frankl (1821–1893), auf den die Einrichtung der Wiener Gewerbeschulen und des Zentralfriedhofs zurückgeführt wird.[2]
Er besuchte das Piaristengymnasium der Prager Neustadt, das Piaristenkollegium in Leitomischl und studierte ab 1828 in Wien Medizin. Durch das Habsburglied (Wien 1832) und eine Reihe historischer Balladen führte er sich in die Kreise der Wiener Schriftsteller ein und fand durch die Episch-lyrischen Dichtungen (Wien 1834), die Sagen aus dem Morgenland (Leipzig 1834) und das romantische Epos Christoforo Colombo (Stuttgart 1836) erste Anerkennung.
Nach der Rückkehr von einer Reise nach Italien, wo er an der Universität Padua 1837 zum Doktor der Medizin promoviert wurde, gab er seinen Mediziner-Beruf auf und nahm im September 1838 in Wien die Stelle eines Sekretärs an der Israelitischen Kultusgemeinde an. Anfang März 1840 übernahm er die Redaktion des Oesterreichischen Morgenblattes, gab dann eine neue Sammlung Dichtungen (Leipzig 1840) und das biblisch-romantische Gedicht Rachel (1842; 7. Aufl., Wien 1880) heraus und begründete 1842 die Wochenschrift Sonntagsblätter, die Entscheidendes zur Entwicklung des geistigen Lebens in Österreich beitrug.
Sein Gedicht Die Universität, zu Beginn der Märzrevolution des Jahres 1848 entstanden, erregte als erstes zensurfreies Flugblatt[3] großes Aufsehen, wurde in mehr als einer Million Exemplaren verbreitet und von zahlreichen Komponisten in Musik gesetzt. Das Gedicht beginnt mit folgenden Zeilen:[4]
Was naht heran mit kühnem Gange?
Die Waffe blinkt, die Fahne weht;
Es naht mit Hellem Trommelklange
Die Universität.
1851 wurde er zum Professor für Ästhetik am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde ernannt. 1856 unternahm er eine Reise nach Jerusalem, wo er mit Elise von Herz-Lämel die zu Ehren ihres Vaters Simon von Lämel benannte jüdische Edler-von-Lämel-Schule gründete, deren Unterrichtssprache in den 1880er Jahren von Ladino auf Deutsch umstellte.
1871 gründete er die Blindenanstalt Hohe Warte in Wien und wurde 1873 zum Präsidenten des ersten Blindenlehrerkongresses in Wien, zum k. k. Schulrat sowie zum Präsidenten der Schillergesellschaft in Wien und Präses der Wiener israelitischen Kultusgemeinde ernannt. Bei Gelegenheit der Enthüllung des von ihm angeregten Schillerdenkmals auf dem Wiener Schillerplatz wurde Frankl am 10. November 1876 als Anerkennung für die von ihm ins Leben gerufene Blindenanstalt auf der Hohen Warte in Wien mit dem Prädikat „Ritter von Hochwart“ in den erbländisch-österreichischen Adelsstand erhoben. Im Jahr 1880 wurde er Ehrenbürger der Stadt Wien.
Seine letzte Ruhestätte fand Ludwig August Frankl von Hochwart in einem von Johannes Benk entworfenen Grab im alten israelitischen Teil des Wiener Zentralfriedhofs (Gruppe 5b/35/58).
Familie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ludwig August Frankl war verheiratet mit der 1834 geborenen Paula Wiener, einer Tochter des Prager Kaufmanns und Bankiers Hermann Wiener (gestorben 1874), und dessen Ehefrau Therese von Lämel; ihr Sohn war der Nervenarzt Lothar von Frankl-Hochwart (1862–1914). Ein Neffe Frankls war der Musikwissenschaftler Paul Josef Frankl (* 21. Dezember 1892 in Brünn, ab 1949 Professor an der Musikakademie in Wien; daselbst gestorben am †. August 1976). Ein entfernterer Verwandter Frankls war der aus Prag stammende Talmudforscher und Rabbiner Zacharias Frankel (1801–1875).[5]
Ehrungen (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Frankl war Ehrenbürger nicht nur von Wien, sondern auch von Chrast, Genua, Jerusalem, Tiberias sowie Saset.[6]
Er trug unter anderem folgende Auszeichnungen:[6]
- Ehrenmitglied der k. k. geologischen Reichsanstalt
- Ehrenmitglied der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien
- Ehrenmitglied des Mozarteums Salzburg
- Ritter der Ordens der eisernen Krone III. Klasse
- Ritter des Franz-Joseph-Ordens
- Träger der kaiserlich österreichischen Medaille für Wissenschaft und Kunst
Werke (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Sagen aus dem Morgenlande. Leipzig 1834 (Digitalisat bei Google Books).
- Cristoforo Colombo. Romantisches Gedicht.[7] Stuttgart 1836.
- Don Juan d’Austria. Heldenlied. Leipzig 1846; 3. Auflage, Prag 1884 (Digitalisat bei Google Books).
- Ein Magyarenkönig. Balladen. (Anonym.) Leipzig 1850; 3. Auflage, Wien 1880 (Digitalisat bei Google Books).
- Gusle. Serbische Nationallieder. Wenedikt, Wien 1852 (Digitalisat bei Google Books).
- Zur Geschichte der Juden in Wien. Wien 1853 (Digitalisat in der BSB).
- Hippokrates und die Cholera. Trimeter und Knittelvers. Wien 1854 (Digitalisat bei Google Books).
- Hippokrates und die moderne Medizin. Trimeter und Knittelvers. (2 Bde.) Wien 1854
- Band 1: Die Aerzte (Digitalisat der 5. Auflage bei Google Books),
- Band 2: Die Charlatane (Digitalisat der 3., vermehrten Auflage bei Google Books).
- Zur Biographie Nikolaus Lenau’s. Wien 1854 (2., vermehrte Auflage 1885; Digitalisat bei Google Books).
- Nach Jerusalem! (3 Bde.) Leipzig 1858
- Band 1: Griechenland, Kleinasien, Syrien (Digitalisat im Internet Archive),
- Band 2: Palästina (Digitalisat bei Google Books),
- Band 3: Egypten (Digitalisat bei Google Books).
- Aus Egypten. Wien 1860 (Digitalisat in der BSB).
- Der Primator. Gedicht in sieben Gesängen.[8] („Leopold Kompert / Dem Dichter der Geschichten ‚Aus dem Ghetto‘ / Dem geehrten Freunde / gewidmet.“) Prag 1861; 5. Auflage, Leipzig 1880 (Digitalisat der 1862 in Leipzig erschienenen 2., verbesserten Auflage bei Google Books).
- Helden- und Liederbuch. Wien/Prag 1861; 2. Aufl. 1863 (Digitalisat bei Google Books).
- Ahnenbilder. Leipzig 1864 (Digitalisat in der BSB).
- Nach 500 Jahren. Satire zur Säkularfeier der Wiener Universität. Leipzig 1865.
- Tragische Könige. Epische Gesänge. Wien 1876; 2. Aufl. 1880 (Digitalisat in der BSB).
- Zur Biographie Franz Grillparzers. Wien 1883.
- Andreas Hofer im Lied. Innsbruck 1884.
- Zur Biographie Ferdinand Raimunds. Hartleben, Wien 1884.
- Zur Biographie Friedrich Hebbels. Hartleben, Wien 1884.
- Werkausgabe
- Gesammelte poetische Werke. (3 Bde.) Hartleben, Wien u. a. 1880 (Digitalisat bei Austrian Literature Online).
- Als Herausgeber:
- Libanon. Ein poetisches Familienbuch. (Die erste moderne jüdische Lyrikanthologie in deutscher Sprache.[9]) Wien 1855 (Digitalisat der 3., vermehrten Aufl. 1864 im Internet Archive).
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dr. Rakonitzky (= Siegfried Kapper): Ludwig August Frankl. In: Libussa. Jahrbuch für das Jahr 1850, Prag 1849, S. 351–425.
- Constantin von Wurzbach: Frankl, Ludwig August. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 4. Theil. Verlag der typogr.-literar.-artist. Anstalt (L. C. Zamarski, C. Dittmarsch & Comp.), Wien 1858, S. 334–339 (Digitalisat).
- Ludwig August Frankl (= Moderne Klassiker. Deutsche Literaturgeschichte der neueren Zeit in Biographien, Kritiken und Proben, Band 5). Ernst Balde, Kassel 1852.
- Anton Schlossar: Frankl von Hochwart, Ludwig August Ritter. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 48, Duncker & Humblot, Leipzig 1904, S. 706–712.
- Stefan Hock (Hrsg.): Erinnerungen von Ludwig August Frankl. Calve, Prag 1910.
- Eugen Wolbe: Ludwig August Frankl, der Dichter und Menschenfreund. Kauffmann, Frankfurt/M. 1910 (Digitalisat)
- Stefanie Dollar: Die Sonntagsblätter von Ludwig August Frankl. (Masch.) Dissertation. Wien 1932.
- Frankl-Hochwart Ludwig August von. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 347.
- Nikolaus Vielmetti: Der Wiener jüdische Publizist Ludwig August Frankl und die Begründung der Lämelschule in Jerusalem 1856. Tel Aviv 1975.
- Heribert Sturm (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Herausgegeben im Auftrag des Collegium Carolinum (Institut). Band 1, Oldenbourg, München 1979, ISBN 3-486-49491-0, S. 378.
- Louise Hecht (Hrsg.): Ludwig August Frankl (1810–1894). Eine jüdische Biographie zwischen Okzident und Orient (= Intellektuelles Prag im 19. und 20. Jahrhundert. Bd. 10). Böhlau, Köln 2016, ISBN 978-3-412-50374-1 (Voransicht bei Google Books).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ludwig August Frankl von Hochwart im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- Werke von und über Ludwig August Frankl von Hochwart in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Literatur von und über Ludwig August Frankl von Hochwart im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Ludwig August Frankl im Internet Archive
- Eintrag zu Ludwig August Frankl von Hochwart im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Von der Österreichischen Nationalbibliothek digitalisierte Ausgaben: Sonntagsblätter (online bei ANNO).
- Jahressammelbände der „Sonntagsblätter“ (1842–1848) bei Google Books
- Louise Hecht: From Vienna to Jerusalem: The Journalist, Poet, and Politician Ludwig August Frankl von Hochwart (1810–1894). Projekt an der Hebräischen Universität Jerusalem 2008/2009 (englische Zusammenfassung)
- Digitalisierte Werke von Ludwig August von Frankl in der Bibliothek des Leo Baeck Instituts
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Louis und Henry Fraenkel: Genealogical Tables of Jewish Families. 14th–20th Centuries. Forgotten Fragments of the History of the Fraenkel Family. 2nd revised and enlarged edition, ed. by Georg Simon, Bd. 2: Genealogical Tables. K. G. Saur, München 1999,II N.
- ↑ (Wilhelm Frankl †). In: Wiener Abendpost. Beilage zur Wiener Zeitung Nr. 65, 20. März 1893, S. 3 (Web-Ressource).
- ↑ Dr. Ludwig August Frankl. In: Die Presse, 13. März 1894, S. 2 (online bei ANNO).
- ↑ Dr. Ludwig August Frankl. In: Die Presse, 13. März 1894, S. 2 (online bei ANNO).
- ↑ שאול פנחס ראבינאוויץ: ר' זכריה פרנקעל: הרב בדרעזדען: חייו, זמנו, ספריו ובית מדרשו. אחיאסף, ורשה 1898, S. 21.
- ↑ a b Kleine Chronik. Dr. Ludwig August Frankl †. In: Wiener Zeitung, 12. März 1894, S. 3 (online bei ANNO).
- ↑ Siehe Gesammelte poetische Werke, Bd. 3, S. 99–155.
- ↑ Schilderung von Judenverfolgungen.
- ↑ Hecht 2016, S. 39.
Personendaten | |
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NAME | Frankl von Hochwart, Ludwig August |
ALTERNATIVNAMEN | Frankl, Ludwig August von; Frankl, Ludwig August; Frankl von Hochwart, Ludwig August Ritter; Frankl Ritter von Hochwart, Ludwig August |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Arzt, Journalist, Schriftsteller und Dichter |
GEBURTSDATUM | 3. Februar 1810 |
GEBURTSORT | Chrast, Böhmen |
STERBEDATUM | 12. März 1894 |
STERBEORT | Wien |
- Person des Judentums (Wien)
- Nobilitierter (Österreich)
- Autor
- Dichterarzt
- Literatur (19. Jahrhundert)
- Literatur (Deutsch)
- Literatur (Österreich)
- Lyrik
- Roman, Epik
- Journalist (Österreich-Ungarn)
- Ehrenbürger von Wien
- Person (Kaisertum Österreich)
- Person der Akademischen Legion (1848)
- Träger des Ordens der Eisernen Krone (Ausprägung unbekannt)
- Träger des Franz-Joseph-Ordens (Ritter)
- Träger des Preußischen Königlichen Kronenordens (Ausprägung unbekannt)
- Geboren 1810
- Gestorben 1894
- Mann