Bookbuilding-Verfahren
Ein Bookbuilding-Verfahren beschreibt die Art und Weise, auf die der Preis für die Aktien eines neu an die Börse zu bringenden Unternehmens festgelegt wird, indem der Preis entgegen dem Festpreisverfahren nicht im Vorfeld festgelegt, sondern potentiellen Investoren im Vorfeld eine Preisspanne genannt wird.
Angelsächsisches Verfahren
Das Angelsächsisches Verfahren (auch klassisches Bookbuilding) ist ein Bookbuilding-Verfahren, bei dem eine Preisspanne sowie die maximal mögliche Anzahl zu emittierender Aktien vorab festgelegt wird. Genauer ist es ein aus dem angelsächsischen Raum stammendes Verfahren zur Ermittlung eines marktgerechten Emissionspreises von Aktien, welches im Gegensatz zum Festpreisverfahren eine dynamische Preisfindung ermöglicht. Seit Mitte der neunziger Jahre hat sich dieses Verfahren auch in Deutschland als Standard durchgesetzt.
Das Bookbuilding verläuft in mehreren Phasen:
In der Pre-Marketing-Phase wird die Preisspanne mit großen Investoren abgestimmt. Die den Börsengang anstrebende Aktiengesellschaft sucht dabei Banken, die die Emission durchführen wollen und können. Diese Banken erkunden das Interesse potenzieller Investoren an den neuen Aktien. In Anlehnung an deren unverbindliche Preisangebote wird die Preisspanne festgelegt und in der Marketing-Phase öffentlich bekannt gegeben. Präsentationen des Unternehmens an den internationalen Finanzmärkten (Roadshows) dienen dazu, weitere mögliche Anleger zu gewinnen.
Daran schließt sich das eigentliche Bookbuilding (Order Taking) an: Institutionelle wie private Anleger haben innerhalb einer bestimmten Frist die Möglichkeit, ihre Kaufaufträge (gegebenenfalls mit Limit) abzugeben. Diese Kaufaufträge bestehen aus einem Preis (der innerhalb der Preisspanne liegen muss) und der gewünschten Anzahl an Aktien, die der Anleger zu diesem Preis erwerben möchte. Am Ende dieser Phase wird aus den vorliegenden Zeichnungswünschen ein Emissionspreis festgelegt (Closing).
Alle unter diesem Preis abgegebenen Gebote werden von der Aktienvergabe ausgeschlossen. Anleger, die einen höheren Preis als den endgültigen Emissionspreis gezahlt hätten, kaufen nun zum Emissionspreis. Sollte das Kontingent der zu emittierenden Aktien dabei überschritten werden, muss die tatsächliche Zuteilung vom Emissionskonsortium festgelegt oder die Anzahl der zu begebenden Aktien erhöht werden (siehe Greenshoe).
Beschleunigtes bzw. entkoppeltes Verfahren
Beim beschleunigten bzw. entkoppelten Verfahren, engl. Decoupled oder Accelerated Bookbuilding steht die Werbetour hingegen an erster Stelle mit dem Ziel die Preisvorstellungen potentieller Investoren genauer zu evaluieren. Nach dieser wird eine meist engere Preisspanne möglichen Investoren vorgegeben während die Angebotszeit ebenfalls auf eine geringere Zeit beschränkt ist, z. B. wenige Tage. Dieses führt nach dem WpHG zu einer nachträglichen billigungspflichtigen Aenderung im Verkaufsprospekt, die Veroeffentlicht werden muss.
Während beim einfachen Decoupled Bookbuilding die Preisspanne und eventuell der Angebotszeitraum offen gehalten wird, die maximale Anzahl der zu emittierenden Aktien jedoch bekannt gegeben wird (und auch entsprechend im (Wertpapierprospekt) vermerkt wird), ist beim erweiterten Decoupled Bookbuilding zunächst auch diese maximale Anzahl offen und wird genau wie die anderen Informationen im Wertpapierprospekt später nachgetragen und per Ad-hoc-Mitteilung bekannt gegeben. Letzteres Verfahren, ist jedoch nach Auffassung der BaFin mittlerweile nicht mehr zulässig, da der Wertpapierprospekt ohne die Angabe der Stückzahlen nicht mehr zulässig ist. Das modifizierte erweiterte Decoupled Bookbuilding nennt hingegen bereits von Anfang an im Wertpapierprospekt eine Maximalzahl für die neu angebotenen Aktien, die jedoch vorbehaltlich einer noch ausstehenden Genehmigung auf der Hauptversammlung des Emittenten ist.
Pilot Fishing
Als Pilot Fishing wird ein sich seit dem Jahr 2004 abzeichnender Trend bezeichnet, noch vor dem ersten Pre-Marketing gezielte institutionelle Investoren (Kerninvestoren) anzusprechen, mit den Börsenplänen vertraut zu machen und ihre jeweilige Fachexpertenmeinung zu befragen[1]. Die Öffentlichkeit ist dabei in der Regel zu diesem Zeitpunkt noch nicht über die Pläne informiert. Zunächst werden die Kerninvestoren, die z.B. besonders stark in dem entsprechenden Sektor investiert sind, identifiziert. Unter der Annahme, dass deren Verhalten aufgrund der Expertenfunktion das Vorbild für viele weitere Investoren ist und sich daher aus deren Verhalten relativ sicher auf mögliches Verhalten einer größeren Investorengruppe schließen lässt, werden diese befragt inwieweit Anpassungen erfolgen müssen oder ob ein Börsengang sogar verschoben werden muss. Durch dieses Verfahren wird versucht die Sicherheit einer erfolgreichen Platzierung zu erhöhen.
Anchor Marketing
Als Anchor Marketing wird ein Verfahren bezeichnet, bei dem, ähnlich dem Pilot Fishing, vorab eine Auswahl ausgesuchter institutioneller Investoren unter Ausschluss der Öffentlichkeit angesprochen wird, jedoch es sich nicht nur um ein reines Feedback-Einholen handelt sondert sich bereits einige Investoren zu einer Zeichnung einer gewissen Menge an Aktien verpflichten sollen[2].