Carlo Mierendorff
Carlo Mierendorff (eigentlich Carl) (* 24. März 1897 Großenhain (Sachsen),† 4. Dezember 1943) war ein deutscher Politiker (SPD) und Journalist.
Ausbildung
Im Jahre 1907zieht die Familie (Vater Georg Mierendorff; Mutter Charlotte (geb. Meißner)) nach Darnstadt (Hessen). Sein Vater arbeitet dort in der Textilbranche. Mierendorff, der der Wandervogelbewegung nahesteht besucht ein Gymnasium in Darmstadt und schreibt zusammen mit seinen Freunden Theodor Haubach und Joseph Würth kurze Aufsätze in ihrer Zeitschrift "Die Dachstube". 1914 meldet sich Mierendorff, zwei Tage nachdem er sein Abitur abgelegt hat, freiwillig zur Armee. Nach Kämpfen um Lodsch (heute: Polen) erhält Mierendorff das Eiserne Kreuz II. Klasse. Er erkrankt jedoch in den Jahren 1915/16 mehrmals. Im Jahre beginnt er in Heidelberg ein Volkswirtschaftsstudium das er nach dem Krieg in Freiburg im Breisgau und Frankfurt am Main fortführt und im Jahre 1922 abschließt. Für seinen Einsatz an der Westfront wird er im Jahre 1917 mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse ausgezeichnet.
Seine im Jahre 1918 verfasste Erzählung "Lothringer Herbst" wird dem Expressionismus zugeschrieben und erfährt auch heute noch Beachtung. Anfang 1919 gründet er die politische Zeitschrift "Das Tribunal. Hessische Radikale Blätter" (mit Bezug auf Georg Büchners "Hessischen Landboten"). In seiner Uni-Zeit war Mierendorff als streitbares Mitglied von Studentengruppen wie der "Sozialistischen Studentengruppe" und der "Vereinigung republikanischer Studenten" bekannt. Hier traf er auch auf Carl Zuckmayer.
1920 wird Mierendorff Mitglied der SPD. Im Selben Jahr veröffentlicht er den Aufsatz Hätte ich das Kino!! . Mierendorff ist in seinem Studium stark von Max Weber beeindruckt, dieses schließt er 1922 als Dr. Phil. mit seiner Dissertationsarbeit "Die Wirtschaftspolitik der Kommunistischen Partei Deutschlands" ab. Im Juni des selben Jahres setzte sich Mierendorff organisiert gegen den antisemitischen Chef des Heidelberger Physikalischen Instituts, den Nobelpreisträger Philipp Lenard ein, der sich weigerte, wegen der Ermordung von Walther Rathenau, sein Institut zu beflaggen und die Arbeit ruhen zu lassen.
Politische Arbeit
In den folgenden Jahren arbeitet Mierendorff wirtschaftswissenschaftlicher Sekretär beim Deutschen Transportarbeiterverband in Berlin. Nebenher ist er Feuilletonsredakteur beim "Hessischen Volksboten" in Darmstadt.
Von 1926 bis 1928 ist er Sekretär der SPD-Reichstagsfraktion und ab dann wird er Pressereferent des hessischen Innenministers Wilhelm Leuschner. In dieser Zeit stellte er den Nazi Werner Best blos, indem er ein Hausdurchsuchung auf dem Boxheimer Hof durchsetzte bei der Dokumente für die Zeit nach der Machtübernahme ans Tageslicht brachten, in denen Best davon schreibt, den politischen Gegner verfolgen zu wollen um ein Gewaltregime durchzusetzen. Bei den Reichstagswahlen vom September 1930 gewinnt Mierendorff einen Sitz und wird jüngsten Mitglied seiner Partei im Parlament. Schwerpunkte seiner Politik sind der Kampf gegen das erstarken der NSDAP (1930 veröffentlicht er hierzu "Gesicht und Charakter der nationalsozialistischen Bewegung") und die seit Mitte der 1920er Jahre stattfindende Aufrüstung der "Schwarzen Reichswehr. Mierendorff ist Mitglied der Organisation "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold" und der "Eisernen Front" (zusammen mit Sergej Tschachotin entwirft er 1932 die "drei Pfeile", die zum Symbol der Eisernen Front werden). Mierendorff wird großes propagandistisches Talent zugeschrieben. Er publiziert in den „Neuen Blättern für den Sozialismus", in den „Sozialistischen Monatsheften", in der „Deutschen Republik", im „Reichsbanner" und im Organ des Cartell-Verbandes der deutschen Staatsbürger jüdischen Glaubens. Themen sind die Propanda selbst, der Nationalsozialismus aber auch allgemeine Fragen wie die Wahlrechtsreform, die Reformen innerhalb der SPD, oder Generationskonflikte.
Inhaftierung und Widerstand
Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler flieht Mierendorff zuerst, wird aber dann am 13. Juni in Frankfurt am Main verhaftet und durch die Straßen geschleift. In den Jahren 1933-1938 ist Mierendorff nacheinander in den Konzentrationslagern Osthofen, Börgermoor, Papenburg, Lichtenburg und Buchenwald wie auch in dem Gestapo-Gefängnis in der Prinz-Albrecht-Straße in Berlin inhaftiert. 1938 kommte er unter der Bedingung frei, sich nicht politisch zu betätigen. Er muss aus wirtschaftlicher Not den Namen "Karl Willmer" annehmen, um wieder veröffentlichen zu dürfen und untersteht geheimpolizeilicher Kontrolle.
Mierendorff beginnt für den Widerstand zu arbeiten. Als Angestellter der berliner Braunkohle- und Benzin-AG knüpft er an alte Verbindungen an. Durch die Vermittlung von Freunden (zu nennen ist vor allem Adolf Reichwein), wurde Mierendorff seit 1941 für die Mitarbeit im engeren "Kreisauer Kreis" um Helmuth James von Moltke und Peter Graf Yorck von Wartenburg gewonnen. Er küpft Kontakte zu Wilhelm Canaris und Hans Oster und dient als Bindeglied zwischen den Sozialisten wie Julius Leber und dem militärischen Widerstand. Im Schattenkabinett Ludwig Becks und Carl Friedrich Goerdelers wird Mierendorff als leitendes Mitglied der Propagandaabteilung eingeplant. Im Kreisauer Kreis trägt er den Tarnnamen "Dr. Friedrich".
Am 4. Dezember 1943 kommt Carlo Mierendorff durch eine alliierte Fliegerbombe bei einem Luftangriff auf Leipzig ums Leben.
Literatur
Jungraithmayr, Alfred: Deckname Dr. Friedrich : Carlo Mierendorff (1897-1943) - Leben auf Zeit. ISBN 3898482855