Kleinunternehmerregelung (Deutschland)

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Die Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG ist eine Vereinfachungsregelung im Umsatzsteuerrecht, die Unternehmern mit niedrigen Umsätzen ein Wahlrecht in Bezug auf die Umsatzsteuer gewährt. Praktisch bedeutet dies, dass bis zu einem Umsatz von 22.000 Euro (25.000 Euro ab 2025) im Vorjahr bzw. 50.000 Euro (100.000 Euro ab 2025) im laufenden Jahr keine Umsatzsteuer fällig wird. Im Wesentlichen können Kleinunternehmer daher auf den Ausweis und die Abführung von Umsatzsteuer verzichten, sind dann aber auch vom Vorsteuerabzug aus Rechnungen anderer Unternehmer ausgeschlossen. Bei Umsätzen im EU-Ausland kann die Angabe einer Umsatzsteueridentifikationsnummer erforderlich sein.

Der Kleinunternehmer unterliegt dennoch dem Umsatzsteuergesetz, auch wenn die Tätigkeit nur nebenberuflich erfolgt; insoweit entsteht (§ 38 AO) die Umsatzsteuer zwar, allerdings wird die Steuer durch das Finanzamt nicht erhoben (§ 218 ff. AO). Durch eine Änderung im Jahressteuergesetz 2024 wird die Kleinunternehmerregelung mit Wirkung zum 1. Januar 2025 jedoch an die Artikel § 280a ff. MwStSystRL angeglichen. Infolgedessen gilt der Umsatz des Kleinunternehmers ab 2025 als von der Umsatzsteuer befreiter Umsatz. Die bisherige Lösung des nicht erhebens entfällt.[1]

Die Umsatzsteuer wird von Unternehmern nicht erhoben, wenn der maßgebende Umsatz, exklusive der darauf entfallenden Steuer, im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 Euro (2003 bis 2019: 17.500 Euro) nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Der maßgebende Umsatz bestimmt sich dabei nach § 19 Abs. 2 UStG. Vorsteuerabzug ausschließende, bestimmte steuerfreie Umsätze (§ 19 Abs. 3 UStG) und Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sind nicht in den maßgebenden Umsatz einzubeziehen.[2]

Die Grenze wird mit Wirkung ab 1. Januar 2025 angehoben und modifiziert: Voraussetzung für die Befreiung ist künftig, dass der inländische Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 25.000 Euro nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr 100.000 Euro tatsächlich nicht überschreitet. Solche Umsätze sind dann steuerfrei. Die Grenzen orientieren sich künftig außerdem an Netto- statt Brutto-Umsätzen.[3] Die bis 31. Dezember 2024 geltende Lösung, dass die Umsatzsteuer auf die Umsätze des Kleinunternehmers bloß „nicht erhoben“ wird, entfällt.

Macht ein Unternehmer von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch, gelten für ihn die Rechnungsvorschriften des § 34a UStDV. In der Rechnung darf nur der Nettowert ohne Angabe von Umsatzsteuersätzen und Umsatzsteuer aufgeführt werden, denn die Umsätze sind steuerfrei. Dadurch wird verhindert, dass ein vorsteuerabzugsberechtigter Leistungsempfänger Vorsteuer aus den Rechnungen des Kleinunternehmers ziehen kann. Weist ein Kleinunternehmer dennoch Umsatzsteuer aus, ist er zur Abführung dieser an das Finanzamt verpflichtet, die nur durch eine entsprechende Korrektur des falschen Steuerausweises in der Rechnung verhindert oder rückgängig gemacht werden kann (§ 14c, § 17 Abs. 1 UStG).

Der Kleinunternehmer ist ferner von den Erklärungsabgabepflichten des § 18 UStG befreit. In begründeten Fällen soll die Befreiung jedoch unterbleiben.[4] § 18 Abs. 4a UStG bestimmt die generelle Pflicht – auch bei Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung – zur Abgabe von Voranmeldungen und Steuererklärungen für:

  1. Unternehmer, die die Steuer für innergemeinschaftliche Erwerbe im Inland gegen Entgelt schulden (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG),
  2. Unternehmer, die als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 5 UStG die Steuer schulden (Reverse-Charge-Verfahren),
  3. Unternehmer, die die Steuer gem. § 25b Abs. 2 UStG als letzter Abnehmer eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts schulden, sowie
  4. Fahrzeuglieferer gem. § 2a UStG.

Die Ergänzung um § 18 Abs. 4a UStG hat zur Folge, dass ein Unternehmer bei Verwirklichung der genannten Sachverhalte in jedem Fall eine Umsatzsteuer-Voranmeldung abgeben muss. Die 1.000 Euro-Grenze spielt seit einem BMF-Schreiben vom 14. Dezember 2018 theoretisch keine Rolle mehr.[5]

Maßgeblicher Umsatz

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Zum Umsatz gehören alle vereinnahmten Umsätze i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und umsatzsteuerrelevante unentgeltliche Wertabgaben; die übrigen Tatbestände des § 1 Abs. 1 UStG, insbesondere der innergemeinschaftliche Erwerb i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 5 und die Einfuhr nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG sind in die Berechnung der Umsätze nicht mit einzubeziehen.

Vom Umsatz auszuscheiden sind Umsätze aus dem Verkauf von Anlagevermögen, bestimmte steuerfreie Umsätze (bis 31. Dezember 2024: § 19 Abs. 3 UStG; ab 1. Januar 2025: § 19 Abs. 2 UStG) oder Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung, denn diese sind nach § 1 Abs. 1a UStG nicht steuerbar.

Letztlich gilt als Umsatz die Höhe der tatsächlich vereinnahmten Erlöse. Sofern diese Umsatzsteuer enthalten (und der Unternehmer nicht unter die Kleinunternehmerregelung fällt), ist die Umsatzsteuer zur Berechnung der Umsatzgrenze bis 31. Dezember 2024 mit einzubeziehen; ab 1. Januar 2025 sind nur noch die Netto-Umsätze maßgebend, d. h. die vereinnahmte Umsatzsteuer ist nicht Teil der maßgebenden Umsatzhöhe. Ist keine Umsatzsteuer abzuführen bzw. sind die Umsätze steuerbefreit, weil es sich bereits um einen Kleinunternehmer handelt, sind entsprechend ebenfalls nur die erhaltenen Erlösbeträge maßgeblich.

Unentgeltliche Wertabgaben, d. h. gewinnwirksame Hinzurechnungen bei Gegenständen und Leistungen, die auch privat genutzt werden (können), sind grundsätzlich nur dann umsatzsteuerrelevant und damit in die Umsatzgrenze einzubeziehen, wenn diese Gegenstände und Leistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt haben (vgl. § 3 Abs. 1b Satz 2 und § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG). In den Fällen des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG (unentgeltliche Verwendung einer sonstigen Leistung, welche nicht in einer Gegenstandsverwendung besteht, also z. B. die Verwendung von Personal des Unternehmens für private Zwecke) ist der Vorsteuerabzug unmaßgebend.

Da der Kleinunternehmer-Status an die Person und nicht an den einzelnen Betrieb gebunden ist, ist eine mehrfache Berufung auf die Kleinunternehmer-Regelung je Unternehmen nicht möglich; eine Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) ist als ein Unternehmen zu sehen, obgleich sie aus mehreren eigenständigen zivilrechtlichen Rechtspersonen besteht. Falls mehrere Gewerbebetriebe geführt werden, werden alle Umsätze dieses Unternehmens addiert. Zudem gibt es umsatzsteuerfreie Leistungen, die in die Ermittlung der Kleinunternehmer-Umsatzgrenze (des sog. Gesamtumsatzes) hinzugezogen werden wie zum Beispiel folgende Steuerbefreiungen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen (§ 4 Nr. 11 bis 29 UStG):[6]

  • ärztliche Heilbehandlungen (§ 4 Nr. 14 UStG),
  • Handel mit menschlichen Organen, Blut etc. (§ 4 Nr. 17 UStG),
  • langfristige Vermietung und Verpachtung von Grundstücken (§ 4 Nr. 12 UStG),
  • Leistungen von Bausparkassen- und Versicherungsvertretern und Versicherungsmaklern (§ 4 Nr. 11 UStG),
  • Angebote allgemeinbildender oder berufsbildender Schulen (§ 4 Nr. 21 UStG) oder auch
  • Leistungen selbstständiger Lehrkräfte an solchen Einrichtungen (§ 4 Nr. 21 UStG).

Auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung kann gem. § 19 Abs. 3 UStG (bis 31. Dezember 2024 noch § 19 Abs. 2 UStG) verzichtet werden. Verzichtet der Unternehmer auf die Kleinunternehmerregelung, lässt sich folglich wie ein regulärer Unternehmer behandeln, ist er an diesen Verzicht für mindestens fünf Kalenderjahre gebunden. Für diese Zeit unterliegen seine Umsätze den allgemeinen Regeln des Umsatzsteuergesetzes (sog. Option zur Regelbesteuerung).[7]

Eine Option zur Regelbesteuerung kann gegenüber dem Finanzamt ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten auch in der Weise erklärt werden, dass der Kleinunternehmer auf einem für die Regelbesteuerung vorgesehenen Vordruck eine Umsatzsteuererklärung einreicht, in welcher er die Umsatzsteuer nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzes berechnet und den Vorsteuerabzug geltend gemacht hat.[8]

Ist der Unternehmer überwiegend für andere, vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer tätig, kann die Regelbesteuerung Vorteile bringen, denn dann kann auch der Kleinunternehmer selbst Vorsteuerabzug geltend machen. Bei Anschaffungen und anderen mit Umsatzsteuer belasteten Eingangsumsätzen muss er so nur den Nettobetrag finanzieren. Mit dem Wechsel zum Regel-Unternehmer entfällt im Hinblick auf die Rechnungsstellung die Vereinfachung des § 34a UStDV; der Unternehmer fällt sodann unter die regulären Rechnungsvorschriften der §§ 14, 14a UStG.

Nicht optierende Kleinunternehmer, die sich mit ihren Waren oder Dienstleistungen überwiegend an nicht vorsteuerabzugsberechtigte Privatkunden richten, können ihrer Kundschaft im Vergleich zur steuerpflichtigen Konkurrenz objektiv niedrigere Preise gewähren[9] oder entsprechend höhere Gewinne erzielen.

Existenzgründer

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Bei Aufnahme oder Änderung der Tätigkeit ist in der Regel eine Anmeldung und Erfassung durch das jeweils zuständige Finanzamt erforderlich.[10] Existenzgründer müssen ihren Umsatz für das Gründungsjahr sowie für das darauffolgende Wirtschaftsjahr schätzen und gegenüber dem Finanzamt glaubhaft machen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so war bis 31. Dezember 2024 der in diesem Zeitraum erzielte Umsatz auf einen Jahres-Gesamtumsatz hochzurechnen. Mit der Neureglung des § 19 Abs. 2 UStG entfällt diese Notwendigkeit der Hochrechnung auf einen Jahresgesamtumsatz. Überschreitet der Umsatz im Erstjahr voraussichtlich 25.000 € (bis 31. Dezember 2024: 22.000 €), scheidet die Anwendung der Kleinunternehmerregelung von vorneherein aus. Überschreitet der Umsatz im Gründungsjahr 25.000 € (2003 bis 2019: 17.500 €; 2020 bis 2024: 22.000 €), darf die Kleinunternehmerregelung im folgenden Wirtschaftsjahr nicht mehr in Anspruch genommen werden.

Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. Jahressteuergesetz 2024 passiert den Bundesrat. DATEV magazin, 22. November 2024, abgerufen am 23. November 2024.
  2. siehe § 19 Abs. 1 S. 1 u. 2 UStG
  3. DATEV News-Redaktion: Umsatzsteuerliche Kleinunternehmer: Was gilt es ab 2025 zu beachten? In: DATEV magazin. 3. Dezember 2024, abgerufen am 13. Dezember 2024.
  4. Abschn. 18.2 Abs. 2 Satz 3 UStAE
  5. Anpassung des Abschn. 18.2 UStAE: Praxiskonsequenzen - BMF-Schreiben vom 14.12.2018, III C 3 – S 7015/17/10002; 2018/0979679 (Memento vom 1. November 2019 im Internet Archive) Stellungnahme des DStV an das Bundesministerium der Finanzen, 1. März 2019
  6. Die Voraussetzungen der Kleinunternehmer-Regelung. kleinunternehmer.de, abgerufen am 24. März 2017 (© 2013–2016).
  7. vgl. BFH-Urteil vom 24. Juli 2013 - XI R 14/11
  8. vgl. BFH-Urteile in BFHE 145, 457, BStBl II 1986, 420, unter II.1.b; in BFHE 202, 403, BStBl II 2003, 904, unter II.2.b; Abschn. 19.2. Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 Satz 2 UStAE
  9. Robert Chromow: Praxiskurs Umsatzsteuer, Vorsteuer und Mehrwertsteuer Stand: 26. Mai 2013
  10. So zum Beispiel in Niedersachsen (Memento vom 20. August 2019 im Internet Archive)