Cento

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 17. Januar 2024 um 23:43 Uhr durch Woches (Diskussion | Beiträge) (ergänzt + korrigiert).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein Cento (altgr. ὁ κέντρων, dt. der C., Pl. die Centos oder die Centones) ist ein Text, der ausschließlich oder zumindest zum größten Teil aus Textpartikeln (Zitaten) eines anderen Textes zusammengesetzt ist (Flickengedicht), siehe auch Intertextualität. Dabei verlieren die zitierten Passagen regelmäßig ihren bisherigen Kontext und erhalten durch die Zusammensetzung einen neuen Kontext.

Die Neuanordnung kann einen parodistischen Effekt bewirken, wenn die Zitate durch ihre neue Aufeinanderfolge einen überraschenden, travestieartigen Sinn erhalten oder Satzteile bekannter Zitate („Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten“) in variierender Form zusammengesetzt werden („Ihr naht euch wieder? In die Ecke, Besen!“ aus Edwin Bormanns Goethe-Quintessenz).

Aufgrund der notwendigen Bezugnahme des Centos auf andere, regelmäßig sehr bekannte Texte wird der Cento nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Parodie, sondern auch hinsichtlich seines intertextuellen Charakters erörtert.

Begriffsgeschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das griechische κέντ(ρ)ov/ként(r)on bezeichnete ursprünglich eine aus bunten Flicken zusammengesetzte Decke oder Harlekinsjacke. Diese Bedeutung ist erstmals bei Plautus und Cato d. Ä. im Lateinischen belegt. Die Verwendung des Begriffs als ‚Flickengedicht‘ findet sich zuerst bei christlichen Autoren. Tertullian nennt Homer-Centonen Werke, die Einzelteile aus der Dichtung Homers übernehmen. Sie fügten sie „nach Art eines Cento“ zu einem neuen Ganzen zusammen. Isidor von Sevillas Definition beinhaltet zusätzlich, dass dieses Verfahren für alle möglichen Stoffe geeignet sei.[1]

  • Theodor Verweyen, Gunther Witting: The Cento. A Form of Intertextuality from Montage to Parody. In: Heinrich F. Plett (Hrsg.): Intertextuality (= Research in Text Theory. 15). de Gruyter, Berlin u. a. 1991, ISBN 3-11-011637-5, S. 165–178.
  • Johannes Amann-Bubenik: Centonendichtung als Habsburg-Panegyrik. In: Humanistica Lovaniensia. Band 48, 1999, S. 235–250, JSTOR:23973808.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Christoph Hoch, Franz Kunzmann: Cento. In: Gert Ueding (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Band 2: Bie – Eul. Niemeyer, Tübingen 1994, ISBN 3-484-68102-0, Sp. 148–157.