Das Eine

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Das Eine (griechisch το έν) (to hen) ist ein philosophiegeschichtlich relevanter Begriff und ein Grundbegriff im Werk Platons, der auf Parmenides zurückgeht.

Parmenides

Parmenides spricht von der Einheit des Seins, welche alles erfülle und sich durch die Attribute "unentstanden, unvergänglich, ganzheitlich, unbeweglich, zeitlos, eines, kontinuierlich" auszeichnet. Die Existenz des Nicht-Seienden wird von Parmenides bestritten. Um der Widerlegung durch die Alltagserfahrung zu entgehen, da nämlich alles ständiger Veränderung unterliegt, nennt er die Sinneserfahrung trügerisch und dem Schein erlegen.

Platon

Platon übernimmt von Pamenides und hauptsächlich von Pythagoras das Konzept des Einen. Während bei Parmenides das Eine eine primär ontologische Funktion hat, also Prinzip ist, so ist bei Pythagoras das Eine Zahl, Ursache alles Sein und alles Guten. Das Eine wird bei Platon die grundlegende Einheit im Gegensatz zu der Vielzahl der Ideen und Erscheinungen. Es wird zum Unendlichen. Das Einheitskonzept des Platon steht in keinem seiner Werke, man muß es aus den bekannten Dialogen erschließen. Hierbei dient die in 3. Jahrhundert aufgekommene Platonexegese des Neuplatonismus. Hinweisen sollte man auf die sog. "Ungeschriebene Lehre" Platons, die er in seinem Siebten Brief angedeutet hat. Dort schreibt er in 341 cd: "Von mir gibt es keine Schrift, noch wird es eine darüber geben, was ich gelehrt habe". Am ehsten zu erfassen ist das Eine in der Idee des Guten in Platons "Politeia". Das Eine ist bei Platon das Gute schlechthin.

Plotin und der Neuplatonismus

Plotin nennt das Eine erstes und oberstes Prinzip, aus dem das Viele, Mannigfaltige, Materielle, Nicht-Eine hervorgeht (Emanation). Alles Endliche wird von ihm begriffen, alle Schönheit geht von ihm aus. Es wird auch als das Gute bezeichnet. Plotin geht aber davon aus, daß das Eine der theologia negativa zu unterziehen ist. Wir können letztlich keine Aussagen über das Eine machen, sondern nur in Gleichnissen und Allegoresen von dem Einen reden. Plotin wendet das Eine in theologischer Art und Weise zu einer Entität, die jenseits aller Erfahrung liegt und nur durch die Schau in der unio mystica erfaßt werden kann. Dies unterscheidet ihn von seinem Mitschüler Origenes. Hier spricht der Mittelplatonismus eines Philo von Alexandria eine große Rolle. Dieser hat als jüdischer Philosoph die jüdische Auffassung des einen Gottes mit der Idee des Guten verbunden und somit die neuplatonische Sicht des Einen vorbereitet. Plotin geht sogar davon aus, daß das Eine keine Existenz (Wesen) in aristotelischem Sinne hat, sondern über dem Sein und jenseits der Ewigkeit anzusiedeln ist. Trotzdem hat des Eine einen freien Willen, aus dem heraus es das Sein über den Geist ausströmen läßt. Diese Sicht des Einen hat einen maßgeblichen Einfluß auf das frühe Christentum, hier im Hinsicht auf das Gottesbild und das Kirchenverständnis und darüber hinaus auf das Gottesbild des Islam.

Nikolaus von Kues

Nikolaus von Kues nimmt den plotinschen Gedanken in christlicher Zeit auf und spricht von Gott als dem Unendlichen, in dem alle Gegensätze der endlichen Dinge aufgehoben sind. Der Mensch könne dieser "in sich selbst bestimmten Unendlichkeit" durch das "belehrte Nichtwissen" (docta ignorantia) teilhaftig werden.

Literatur

  • Werner Beierwaltes: Denken des Einen. Studien zur neuplatonischen Philosophie und ihrer Wirkungsgeschichte, Klostermann, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-465-01637-8
  • Christoph Riedweg Art. "Zahlenmystik" in DNP (Der Neue Pauly) 12,2 Stuttgart-Weimar 2003, 679-681.
  • ders. Art. "Pythagoras" in DNP (Der Neue Pauly) 10, Stuttgart-Weimar 2001, 649-653.