Kaisertum Österreich
Das Kaisertum Österreich wurde am 11. August 1804 als Erbmonarchie von Franz II., dem letzten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, als Grossmacht begründet. Damit wollte Franz die Ranggleichheit mit Napoléon I. wahren, der sich zuvor zum Kaiser der Franzosen gekrönt hatte. Franz II. war nun als Franz I. der erste Kaiser von Österreich, einem Vielvölkerstaat, der weite Gebiete Italiens an seiner Südgrenze, das heutige Österreich, Böhmen, Mähren, die Slowakei, sowie große Teile des heutigen Polen und der Ukraine im Norden umfasste und sich im Osten über Ungarn und den Balkan bis ins heutige Rumänien und Serbien ausdehnte. Nach zwei Jahren des Doppelkaisertums erklärte er am 6. August 1806 das alte Heilige Römische Reich für erloschen und legte dessen Krone ab, da die Gefahr einer Übernahme durch Napoléon bestand.
Von Napoléon bis zum Wiener Kongress
Die weiteren Kriege gegen Napoléon verliefen wechselhaft. Durch den Preßburger Frieden von 1805 verlor das Habsburgerreich Tirol die Vorlande sowie die italienischen Gebiete, etwa Venetien, das es 1797 erworben hatte. Noch schlimmer kam es 1809 im Frieden von Schönbrunn, wo es neben dem erst erworbenen Salzburg auch die Gebiete an der Adriaküste (die von den Franzosen so genannten Illyrischen Provinzen) abgeben musste und zu einem Binnenstaat wurde. Immerhin konnte Kaiser Franz seine Tochter Marie-Louise mit Napoléon verheiraten. Der aus dieser Verbindung entstandene Sohn Napoléon II. lebte die meiste Zeit seines (kurzen) Lebens mit dem Titel Herzog von Reichstadt in Wien.
Erst mit dem Wiener Kongress 1814/15 endeten die Kriege gegen Napoléon, die das Land wirtschaftlich allerschwerstens belastet hatten. 1811 musste sogar der Staatsbankrott erklärt werden. Nach dem Kongress war der territoriale Umfang vor den Kriegen im Großen und Ganzen wieder hergestellt. Auf die abgelegenen österreichischen Niederlande und Vorderösterreich wurde verzichtet, dafür Salzburg dauerhaft erworben. Es gab aber bis fast zu Ende des Kongresses den Plan, Salzburg bei Bayern zu belassen und dafür am Rhein ein neues Vorderösterreich zu schaffen, das nach heutigen Begriffen Rheinhessen, die Pfalz und das Saarland umfasst hätte. Darauf wurde dann zugunsten der staatlichen Geschlossenheit verzichtet. In Italien wurde das Gebiet bis zum Po direkt beherrscht. Aus den Gebieten des Herzogtums Mailand und der Republik Venedig wurde das Königreich Lombardo-Venetien gebastelt, das ein dauerhafter Unruheherd blieb. Im Herzogtum Parma, dem Herzogtum Modena und der Toskana herrschten habsburgische Sekundogenituren.
Vormärz und bürgerliche Revolution
Die folgende Ära bis 1848 ist von der Regentschaft des Fürsten Metternich geprägt, der innen- wie außenpolitisch versuchte, eine prekäre Ruhe zu bewahren, zumal sich der Ruf nach bürgerlichen Freiheiten verstärkte und sich die Anfänge nationaler Eigenständigkeit herauszubilden begannen. In der Kunst und Literatur waren Biedermeier und Vormärz vorherrschend.
1848 kam es im Habsburgerreich, wie auch sonst in Europa zur Revolution, bei der politische und nationale Probleme fast unentwirrbar verknüpft waren. Zentren waren neben Wien und Prag Mailand und vor allem Ungarn. In Italien konnte Feldmarschall Radetzky die Aufstände unterdrücken sowie eine piemontesische Invasionsarmee zurückschlagen. Weitaus virulenter war die Revolution in Ungarn, wo der Reichstag im Oktober bereits die Habsburger abgesetzt hatte und Lajos Kossuth als De-Facto-Präsident agierte. Letztlich konnten sich die Habsburger nur dank massiver russischer Truppenhilfe und dem Einsatz der Kroaten unter Banus Jellačić, die eine Unterdrückung Kroatiens durch die Ungarn stärker ablehnten als die Herrschaft der Habsburger, halten. Der Kampf der Nationalitäten gegeneinander, der das Reich fast gesprengt hätte, rettete nun die Habsburger. Auch in Wien wurde die Revolution durch Jellačić und Windischgrätz 1849 niedergeschlagen.
Die Verfassung von 1848, die von Franz von Pillersdorf ausgearbeitet worden war (Pillersdorfsche Verfassung,) trat nie in Kraft. Der neue Kaiser Franz Joseph I. zwang dem Kaiserreich eine Verfassung auf (oktroyierte Verfassung), die aber 1851 wieder außer Kraft gesetzt wurde. Bis 1859 regierte der Kaiser alleine (Neoabsolutismus).
Solferino und Magenta
1859 nach der Schlacht von Solferino und Magenta in der Lombardei gingen die italienischen Besitzungen verloren. Napoléon III. unterstützte die italienische Nationalbewegung und der unerfahrene junge Kaiser ließ sich in einen Krieg gegen Frankreich ziehen, in dem er zu allem Überfluss auch noch selbst das Kommando übernahm. Mailand und die Sekundogenituren gingen an Sardinien-Piemont verloren, nur Venetien blieb dem Kaisertum noch ein paar Jahre. Die Schlacht von Solferino und Magenta, bei der an einem einzigen Tag zehntausende Soldaten auf dem Schlachtfeld verblutet waren, war der Anlass für die Gründung des Rotes Kreuz und für die Genfer Konvention (1864), der Österreich-Ungarn 1866 beitrat.
Diese Niederlage, die das kaiserliche Prestige schwer beschädigte, machte ein Aufrechterhalten des neoabsolutistischen Regiments unmöglich. Es kam zu zwei Verfassungsentwürfen (Oktoberdiplom 1860 und Februarpatent 1861, beide per Anordnung des Kaisers erlassen). Schon diese beiden Verfassungsentwürfe zeigen ein starkes Schwanken zwischen Zentralismus und Föderalismus, wobei Ersterer von den Liberalen und Letzterer von den Konservativen getragen wurde. Beide erwiesen sich als nicht zielführend. Das Modell des Oktoberdiploms, das Parlament von den Landtagen wählen zu lassen, hatte das liberale Bürgertum gegen sich und der Versuch des liberalen Ministerpräsidenten Anton von Schmerling, einen allgemeinen Reichstag direkt wählen zu lassen, scheiterte nicht zuletzt am Boykott der Ungarn.
Die "deutsche Frage"
In den mittleren 1860er-Jahren wurden diese Verfassungsexperimente von der deutschen Frage überschattet. Der Konflikt um die Thronfolge in Schleswig-Holstein hatte die österreichisch-preußischen Konflikte im Deutschen Bund zum Eskalieren gebracht. Die von Otto von Bismarck geführten Preußen nahmen den Streit zum Anlass, auf eine kleindeutsche Lösung hinzuarbeiten. In der Schlacht von Königgrätz in Böhmen 1866 wurde Österreich entscheidend geschlagen, seine Bundesgenossen wurden teilweise annektiert (Königreich Hannover, Kurhessen, Nassau, Frankfurt am Main) oder gerieten in preußische Abhängigkeit. Venetien ging trotz österreichischer Siege in Italien (vor allem über die italienische Flotte in der Seeschlacht von Lissa unter Wilhelm von Tegetthoff) verloren - dies war schon vorher vertraglich unter den Bündnispartnern Preußen und Italien abgemacht gewesen.
Die österreichisch-ungarische Monarchie
Auch im Inneren musste das Reich auf eine neue Basis gestellt werden, das kaiserliche Prestige war abermals am Boden. Als gangbarster Weg schien es Franz Joseph, sich mit den gemäßigten ungarischen Liberalen unter Gyula von Andrássy und Ferenc Déak zu einigen und dem Königreich Ungarn einen Sonderstatus anzubieten. 1867 mit dem Ausgleich, der dem ungarischen Landesteil einen gleichwertigen Status einräumte, wurde das Kaisertum Österreich in die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn umgewandelt. Gleichzeitig erhielt der österreichisch beherrschte Teil eine bis 1918 gültige Verfassung
Die Bezeichnung Kaisertum Österreich, deren Kaiserwürde sich nun nur noch auf den österreichischen Landesteil des österreich-ungarischen Gesamtstaates bezog, wurde fortan nicht mehr gebraucht. Offiziell hieß dieser Landesteil nun Die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder, inoffiziell wurde er oft Cisleithanien genannt. Der Name "Österreich" wurde aber nach wie vor als mögliche Bezeichnung für einen Gesamtstaat empfunden, daher wurde er von den Ungarn vehement abgelehnt. Erst 1916 wurde der Name "Österreich" für die westliche Reichshälfte (wieder) offiziell.
Länder im Kaisertum Österreich
- Königreich Böhmen
- Königreich Ungarn
- Königreich Dalmatien
- Königreich Galizien und Lodomerien
- Königreich Kroatien und Slawonien
- Lombardo-Venezianisches Königreich
- Erzherzogtum Österreich
- Königreich Illyrien, 1850 aufgeteilt in:
- Herzogtum Salzburg seit 1850
- Herzogtum Schlesien
- Herzogtum Steiermark
- Herzogtum Bukowina seit 1850
- Großfürstentum Siebenbürgen, 1867 an Ungarn
- Markgrafschaft Mähren
- Gefürstete Grafschaft Tirol