Kelly Reichardt
Kelly Reichardt (* 3. März 1964[1] in Miami, Florida) ist eine US-amerikanische Drehbuchautorin und Regisseurin, die bevorzugt im Bereich der amerikanischen Independent-Szene agiert.[2]
Leben
BearbeitenReichardt wuchs, wie sie selber erzählt, in Miami auf. Ihr Vater schenkte ihr zum zwölften Geburtstag eine Pentax K1000, und sie besuchte einen Fotografiekurs. Als Jugendliche studierte sie zunächst am Massachusetts College of Art and Design in Boston, wo sie Kurse zu Filmen von Fassbinder und zu Kino aus Indien belegte. Abends ging sie in Arthouse-Kinos und sah amerikanische Films noirs, Filme der Nouvelle Vague, sowie Filme von Fellini, Buñuel und Kurosawa sowie Western.
1988 zog sie nach New York, wo sie bei Independent-Filmproduktionen (z. B. Todd Haynes’ Poison) mitarbeitete, zusammen mit Freunden versuchte, eigene Filmprojekte auf die Beine zu stellen und nebenbei im Büro eines Musik-Clubs Geld verdiente.[3]
Reichardts Spielfilm-Debüt River of Grass kam 1994 heraus. Er war für drei Independent Spirit Awards nominiert, wie auch für den Grand Jury Prize des Sundance Film Festivals. Nach diesem ersten Erfolg konzentrierte sich Reichardt über ein Jahrzehnt auf die Verwirklichung mehrerer Kurzfilmprojekte. Erst mit Old Joy im Jahr 2006 kehrte sie zum abendfüllenden Spielfilm zurück. Der Film basiert auf einer Kurzgeschichte von Jon Raymond, die Hauptrollen spielen Daniel London und Singer-Songwriter Will Oldham. Old Joy handelt von zwei alten Freunden, die sich nach langer Zeit wiedersehen und zu einem Camping-Trip an den Kaskaden und heißen Quellen von Bagby, in der Nähe von Portland (Oregon), aufmachen. Der Film bekam Auszeichnungen von der Los Angeles Film Critics Association, vom Rotterdam International Film Festival und Sarasota Film Festival.
Auch Kelly Reichardts darauffolgendes Projekt Wendy and Lucy basiert auf einer Kurzgeschichte von Jon Raymond. Diesmal half der Autor Reichardt persönlich beim Drehbuch für die Filmadaption, die im Dezember 2008 veröffentlicht wurde und u. a. wegen der Leistung von Michelle Williams weite Beachtung fand.[4] Der Film war für zwei Independent Spirit Awards, inklusive der Kategorie „Best Film“ nominiert.
Die meisten Filme der Regisseurin zeichnen sich durch eine bewusst minimalistisch gehaltene Inszenierung aus. Zum Beispiel Auf dem Weg nach Oregon (2010), ein Western zu Zeiten des Oregon Trails, der 2010 am Wettbewerb um den Goldenen Löwen bei den 67. Internationalen Filmfestspielen in Venedig teilnahm.[5] Reichardt besetzte dabei erneut Michelle Williams in einer der Hauptrollen.
2019 wurde Reichardt in die Wettbewerbsjury des 72. Filmfestivals von Cannes berufen.
2020 erhielt sie für den Spielfilm First Cow (2019) eine Einladung in den Wettbewerb der 70. Internationalen Filmfestspiele Berlin. Im IndieWire Critics Poll 2020 landete sie für diese Regiearbeit auf dem 4. Platz.[6] Ihr Film Showing Up wurde im Rahmen der im Mai 2022 stattfindenden Filmfestspiele in Cannes für die Goldene Palme nominiert.
Neben ihrer Karriere als Filmemacherin unterrichtet Reichardt, z. B. an der New York University oder am Bard College. Sie lebt abwechselnd in New York und Oregon.[7]
Filmografie
BearbeitenKinofilme
- 1994: River of Grass
- 2006: Old Joy
- 2008: Wendy and Lucy
- 2010: Auf dem Weg nach Oregon (Meek’s Cutoff)
- 2013: Night Moves
- 2016: Certain Women
- 2019: First Cow
- 2022: Showing Up
Kurzfilme
- 1999: Ode
- 2001: Then a Year
- 2007: Travis
Auszeichnungen (Auswahl)
BearbeitenBoston Society of Film Critics Award
- 2020: Runner-up in der Kategorie Beste Regie (First Cow)
- 2020: Runner-up in der Kategorie Bestes Drehbuch (First Cow)[8]
British Independent Film Award
Chicago Film Critics Association Award
- 2020: Nominierung für die Beste Regie (First Cow)
- 2020: Nominierung für das Beste adaptierte Drehbuch (First Cow)[10]
- 2021: Nominierung für das Beste adaptierte Drehbuch (First Cow)
- 2006: Nominierung als Bester Spielfilm (Old Joy)
- 2011: Nominierung als Bester Spielfilm (Auf dem Weg nach Oregon)
- 2016: Nominierung für den Publikumspreis (Certain Women)
- 2016: Nominierung als Bester Debütfilm (Certain Women)
- 2021: Nominierung für das Beste Drehbuch (First Cow)[11]
- 2023: Nominierung als Bester Film (Showing Up)[12]
- 1996: Nominierung als Bester Erstlingsfilm (River of Grass)
- 1996: Nominierung für das Beste Erstlingsdrehbuch (River of Grass)
- 1996: Nominierung für den Someone to Watch Award (River of Grass)
- 2007: Nominierung für den John Cassavetes Award (Old Joy)
- 2017: Nominierung für die Beste Regie (Certain Women)[13]
- 2020: Auszeichnung mit dem Bonnie Award
- 2021: Nominierung für die Beste Regie (First Cow)[14]
Internationale Filmfestspiele Berlin
- 2020: Nominierung für den Goldenen Bären (First Cow)
Internationale Filmfestspiele von Cannes
- 2008: Nominierung Un Certain Regard (Wendy and Lucy)
- 2022: Nominierung für die Goldene Palme (Showing Up)
Internationale Filmfestspiele von Venedig
- 2010: Auszeichnung mit dem SIGNIS Award (Auf dem Weg nach Oregon)
- 2010: Nominee für den Goldenen Löwen (Auf dem Weg nach Oregon)
- 2013: Nominierung für den Goldenen Löwen (Night Moves)
- 2022: Ehrenleopard[15][16]
- 2016: Auszeichnung als Bester Film im Offiziellen Wettbewerb (Certain Women)
- 1994: Nominierung für den Grand Jury Prize – Dramatic (River of Grass)
Literatur
Bearbeiten- James Lattimer, Eva Sangiorgi (Hg.): Textur #2: Kelly Reichardt. Viennale – Vienna International Film Festival, Wien 2020, ISBN 978-3-901770-49 4
Weblinks
Bearbeiten- Kelly Reichardt bei IMDb
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Kelly Reichardt Movies. In: www.scripts.com. Abgerufen am 25. Oktober 2020 (englisch).
- ↑ daily.greencine.com ( vom 25. Juni 2013 im Internet Archive)
- ↑ Kelly Reichardt: „An Active Seeking Out of Things“: Kelly Reichardt on Her Filmmaking Career. In: James Lattimer, Eva Sangiorgi (Hrsg.): Textur #2 – Kelly Reichardt. Viennale – Vienna International Film Festival, Wien 2020, ISBN 978-3-901770-49-4, S. 13 ff.
- ↑ Scott Foundas: Wendy and Lucy. In: Variety. 3. Juni 2008, abgerufen am 3. September 2020 (englisch).
- ↑ Cristina Nord: Unfaire Gefühle. In: taz – Die Tageszeitung. 8. September 2010, abgerufen am 3. September 2020.
- ↑ Eric Kohn und Christian Blauvelt: 2020 Critics Poll: The Best Films and Performances According to Over 200 Critics From Around the World. In: indiewire.com, 14. Dezember 2020.
- ↑ Jordan Hoffman: Kelly Reichardt Takes Her Time. In: Vanity Fair. 27. Februar 2020, abgerufen am 3. September 2020 (englisch).
- ↑ Clayton Davis: 'Nomadland' Named Best Picture at Boston Society of Film Critics Awards, Paul Raci and Yuh-jung Youn Among Winners. In: Variety, 13. Dezember 2020.
- ↑ Kenneth Branagh’s ‘Belfast’ & Philip Barantini’s ‘Boiling Point’ Lead British Independent Film Awards Nominations – Full List. In: Deadline.com. 3. November 2021, abgerufen am 21. Februar 2022 (englisch).
- ↑ Chloé Zhao’s Nomadland leads Chicago Film Critics Association 2020 Award Nominations. In: chicagofilmcritics.org. Abgerufen am 18. Dezember 2020.
- ↑ Dade Hayes: 'First Cow' Leads Field In Gotham Awards Nominations In: deadline.com, 12. November 2020.
- ↑ https://filmmakermagazine.com/123497-nominees-33rd-annual-gotham-awards-2023/
- ↑ https://www.filmindependent.org/blog/film-independent-spirit-awards-nominations-announced/
- ↑ Zack Sharf: 2021 Independent Spirit Award Nominations List. In: indiewire.com, 26. Januar 2021.
- ↑ Locarno-Ehrenleopard geht an Kelly Reichhardt. In: ORF.at. 13. April 2022, abgerufen am 13. April 2022.
- ↑ Kelly Reichardt to Receive the Pardo d’onore Manor at Locarno75. In: locarnofestival.ch. 13. April 2022, abgerufen am 13. April 2022 (englisch).
Personendaten | |
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NAME | Reichardt, Kelly |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanische Drehbuchautorin und Regisseurin |
GEBURTSDATUM | 3. März 1964 |
GEBURTSORT | Miami, Florida |