Ph�nomen

[93] Ph�nomen (phainomenon, phaenomenon): Erscheinung (s. d.), Erscheinendes, d.h. etwas in der Form der Erscheinung. Ph�nomene sind die Objecte (s. d.) insofern sie nicht das An-sich (s. d.) der Dinge selbst sind, sondern nur deren Beziehungen zum erkennenden (sinnlichen und denkenden) Subject darstellen. Doch sind von den individuell-subjectiven, sinnlichen Ph�nomenen die objectiven (allgemeing�ltigen) durch das wissenschaftliche Denken begrifflich bestimmten Ph�nomene, die in relativem Sinne schon (erkenntnistheoretische) »Noumena« (s. d.) sind, zu unterscheiden. In den objectiven Ph�nomenen erfassen wir, auf unsere Weise, aber doch durch das An-sich der Dinge selbst bestimmt, gen�tigt, die Wirklichkeit au�er uns. Das (denkend-wollende) Ich als solches, die Ichheit, ist nicht Ph�nomen, sondern das die Ph�nomene erkennende, setzende Subject, Selbstsein. Die objectiven Ph�nomene sind uns nicht fertig »gegeben« (s. d.), sondern sind schon das Product kategorialer (s. d.) und begrifflicher Verarbeitung des Erfahrungsmaterials (s. Erfahrung, Erkenntnis).

Den Begriff des »phaenomenon bene fundatum« pr�gt LEIBNIZ (s. Erscheinung). KANT f�hrt den Begriff des Ph�nomens als kategorial gedachten Sinnesobjecten ein (s. Erscheinung, Noumenon). BOUTERWEK erkl�rt: »Sofern... die wahrgenommenen Dinge gedacht werden als etwas in der sinnlichen Vorstellung Vorhandenes und durch die Gesetze der Subjectivit�t Modificiertes, hei�en sie Erscheinungen (Ph�nomene). Aber der objective Grund der Erscheinungen darf darum noch nicht Ding an sich genannt werden. denn in der sinnlichen Erscheinung ist �berall nichts an sich« (Lehrb. d. philos. Wissensch. I, 60). Nach TEICHM�LLER sind Erscheinungen »die Formen, unter denen wir in unserem Geiste das wirkliche Leben der Natur vorstellen und denken« (Neue Grundleg. S. 64), alle physikalischen, chemischen und organischen Vorg�nge (ib.). O. LIEBMANN erkl�rt: »Ph�nomen hei�t eine solche Existenz, der keine absolute oder transcendente, sondern nur eine relative und bedingte Realit�t zukommt, welche n�mlich nur f�r unser Bewu�tsein, unsere Intelligenz, unsere Sinnlichkeit da ist« (Anal. d. Wirkl.2, S. 37). Nach FR. SCHULTZE ist Erscheinung »eine notwendige Vorstellungsf�lle, welche von festen Gesetzen beherrscht wird« »das notwendige Vorstellungsbild in uns, welches aus dem Zusammenwirken eines uns nicht bekannten An-sich und unserer geistigen Organisation entsteht« (Phil. d. Naturw. II, 63. wie A. LANGE). Von den Ph�nomenen der Sinne unterscheidet die Noumena, die wissenschaftlichen Objecte, AMP�RE (vgl. ADAM, Philos. en France p. 183). Nach LEWES sind Ph�nomena »thing in any conceivable relations to Sentience like our own« (Probl. I, 183). Nach TH. COLLYNS-SIMON ist ein Ph�nomen das, dessen esse percipi ist (Univ. Immat. p. 198 ff.). Nach R. ADAMSON sind die Ph�nomene Arten, wie wir[93] die Wirklichkeit fragmentarisch auffassen. BRADLEY versteht unter Ph�nomen das f�r sich betrachtet Widerspruchsvolle, was daher nicht von der Wirklichkeit selbst gelten kann (Appear. and Realit.). E. BOIRAC erkl�rt: »Le ph�nom�ne n'est qu'un des aspects sous lesquels nous envisageons toute existence, l'aspect de la diff�rence, de la succession et de la multiplicit�. mais par cela m�me il implique l'aspect corr�latif, celui de l'identit� et de l'unit�« (L'id�e de Ph�nom. 1894, p. 343). Der Positivismus (s. d.): COMTE (Ph�nomene sind Combinationen elementarer Gesetze), J. ST. MILL, R. AVENARIUS, E. MACH, die Immanenzphilosophie (s. d.): SCHUPPE, SCHUBERT-SOLDERN u. a., auch ILARIU-SOCOLIU (Grundprobl. d. Philos. S. 159 ff.) erkennt nicht die Dualit�t von Ph�nomenen und Dingen an sich an (s. Erscheinung). Vgl. Erscheinung, Ph�nomenalismus.

Quelle:
Eisler, Rudolf: W�rterbuch der philosophischen Begriffe, Band 2. Berlin 1904, S. 93-94.
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