Begreifen

[125] Begreifen ist so viel wie: etwas auf einen Begriff bringen, in einer Mannigfaltigkeit logische Einheit, Zusammenhang und Ordnung herstellen, etwas in den Bestand des Gewu�ten, in den Verband des Ich einreihen, es richtig beurteilen, deuten k�nnen, es seinem Wesen nach erfassen.

Bei den Stoikern hat das Begreifen als katal�psis (s. d.) den Sinn des Erfassens der Vorstellung durch das Bewu�tsein. »Cum acceptum iam et adprobatum esset, comprehensionem appellabat (Zeno), similem iis rebus, quae manu prenderentur« (CICERO, Acad. I, 41, II, 47, 145). Nach ALBERTUS MAGNUS ist »comprehensio« der »contactus intellectus super terminos rei« (Sum. th. I, 13, 1). Nach LAMBERT hei�t eine Sache begreifen, »sich selbige vorstellen k�nnen, und zwar so, da� man die Sache f�r das ansieht, was sie ist« (N. Org. I, � 1). Nach KANT ist Begreifen (comprehendere) »in dem Grade durch die Vernunft oder a priori erkennen, als zu unserer Absicht hinreichend ist« (Log. S. 97). Nach KIESEWETTER hei�t Begreifen »etwas aus Principien hinreichend einsehen« (Gr. d. Log. ad � 195, S. 246). FRIES versteht unter Begreifen die »Vollst�ndigkeit der Einsicht« (Syst. d. Log. S. 362). Nach HEGEL besteht das Begreifen des Gegenstandes »in nichts anderem, als da� das Ich sich denselben zu eigen macht, ihn durchdringt und ihn in seine eigene Form, d.h. in die Allgemeinheit, welche unmittelbare Bestimmtheit ist..., bringt« (Log. III, 16). Nach J. E. ERDMANN ist Begreifen »als notwendig erkennen« (Gr. d. Psych. �. 2). H. SPENCER bestimmt das Begreifen als »Gleichsetzung eines Falles mit den anderen« (First Princ. p. 70); RIEHL als »Identit�t zweier oder mehrerer Vorstellungen erkennen« (Phil. Krit. I, 380), »aus Gr�nden erkennen« (l.c. II, 2, 237). Nach AVENARIUS wird Begreifen erzielt durch »Subsumtion einer Einzelvorstellung unter inhaltlich bekannte Begriffe«, was eine »Kraftersparnis« (»�konomie« nach MACH) des Denkens bedeutet (Phil. als Denk. S. 43). Nach WUNDT will der Verstand die Wahrnehmungstatsachen begreifen (Syst. d. Phil.2, S. 169 ff.). Dieses Ziel ist erreicht, »wenn alle bekannten Tatsachen in eine verst�ndliche Verbindung gebracht sind« (ib.). Nach SULLY begreifen wir, wenn wir gewisse Merkmale eines Gegenstandes speciell beobachten, indem wir dieselben als gemeinsame Merkmale einer Klasse von Gegenst�nden erkennen (Handb. d. Psych. S. 234).

Quelle:
Eisler, Rudolf: W�rterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 125.
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