Idee

[437] Idee ist ein urspr�nglich griech. Wort, welches durch den ber�hmten griech. Philosophen Platon bleibend in die Philosophie eingef�hrt worden und dessen Bedeutung ebenso vielen Umgestaltungen ausgesetzt gewesen ist, wie die Philosophie selbst. Urspr�nglich bedeutet Idee den Gedanken, insofern er eine h�here und der Wahrheit gem��ere Wirklichkeit hat, als das Gebiet des sinnlich Wahrnehmbaren, welches dem Gedanken gew�hnlich als ein von ihm verschiedenes Gebiet des Wirklichen entgegengesetzt zu werden pflegt. In diesem Sinne hat man von einer h�hern Wirklichkeit der Idee und von einer gemeinen oder schlechten Wirklichkeit der sinnlichen Dinge gesprochen, welche letztere schon durch ihre Verg�nglichkeit beweisen, da� ihre Wirklichkeit nur ein Schein sei. Inde� haben die sinnlichen Dinge doch auch ein Verh�ltni� zu der h�hern Wirklichkeit, indem sie kein blo�er, leerer Schein, sondern Erscheinungen des Gedankens sind, wie man daraus ersieht, da� jeglichem endlichen Dinge ein unverg�nglicher Begriff zu Grunde liegt. Eine solche Auffassung der Idee war es, welche Platon in dem sch�nen Gleichnisse ausdr�ckte: die Menschen glichen Gefangenen in einer H�hle, welche, mit dem R�cken gegen den Eingang gewendet, von der wahren Welt der Ideen drau�en nichts s�hen, wol aber die Schattenbilder, welche aus jener Welt in das Innere der H�hle fielen, schauten. Die Philosophen nun w�ren nach Platon Diejenigen, welchen es gelungen w�re, sich umzuwenden, die Welt der Wahrheit zu erschauen, und die nun auch im Stande w�ren, die Schatten in der H�hle den �brigen Menschen am richtigsten zu erkl�ren. In sp�terer Zeit hat man sich gestritten, ob die echte Wirklichkeit den endlichen Dingen oder den wahren Gedanken, den Ideen zuzuerkennen sei. Die eine Richtung, die der Idealisten, verwarf die sinnliche Welt als einen blo�en Schein und schrieb dagegen der Idee alle Wahrheit und Wirklichkeit ausschlie�lich zu. Die Richtung aber, welche die Wirklichkeit der sinnlichen Dinge anerkannte und deren Anh�nger Realisten genannt wurden, mu�te die h�here Wirklichkeit der Ideen als eine T�uschung, eine blo�e Einbildung der Dichter und Philosophen verrufen. So ist es dahin gekommen, da� man die Ideen f�r blo�e Vorstellungen ausgegeben hat und da� man, weil ohne die Annahme einer h�hern unwandelbaren Wirklichkeit gar keine Poesie und Kunst m�glich ist, nur den Dichtern gestattet, ein Reich der Ideale, d.h. der in Gestalten verwirklichten Ideen, anzunehmen, welche aber stets nur Tr�ume der K�nstler blieben. Aber auch eine Wissenschaft ist ohne Ideen nicht m�glich, denn nur das Ewige, nicht das Verg�ngliche, kann erkannt werden, und man mu�te daher annehmen, die Idee sei Dasjenige, welches, wenn es existirte, das Vortrefflichste w�re und nach dessen Verwirklichung, wenn sie auch nimmermehr m�glich ist, der Mensch doch unabl�ssig streben m�sse. Die neuere (Hegel'sche) Philosophie hat endlich die oben angegebene echte Bedeutung der Idee wieder aufgenommen und dieselbe gegen die mit ihr getriebenen Misverst�ndnisse in Schutz genommen. Sie hat gezeigt, da� der Unterschied einer h�hern und gemeinen Wirklichkeit nur in den Menschen falle, welcher sich die Erkenntni� zur Aufgabe gestellt, aber diese Aufgabe noch nicht gel�st habe, denn es komme nur darauf an, die endlichen Dinge recht zu erkennen, um in ihnen selbst ein Dasein, eine Offenbarung des Gedankens, d.h. eben die Idee selbst, zu finden. So w�re denn hiernach die Welt des Dichters und des Philosophen nicht eine ertr�umte, sondern vielmehr dieselbe uns �berall umgebende Welt der Wirklichkeit, aber diese befreit von dem Scheine der Verg�nglichkeit. Keine jener erw�hnten Richtungen: Realismus und Idealismus, h�tte hiernach unbedingt recht, beide w�ren einseitig und die Wahrheit l�ge in ihrer Vereinigung, in der Idealit�t des Reellen, d.h. Gedankenwahrheit des Wirklichen und in der Realit�t des Ideellen, d.h. Wirklichkeit des wahren Gedankens.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 437.
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