Moskau

[79] Moskau (Russisch Moskwa), die erste und Hauptstadt des Gouvernements Moskau und des ganzen russischen Reichs. an der Moskwa und Neglina gelegen, von 5 bis 6 deutschen Meilen im Umfange (worunter aber auch viele gro�e leere Pl�tze, gro�e G�rten etc. begriffen sind) und einer Menschenmenge von 350 bis 400,000. Sie war ehedem die Residenz der Zaare, bis Peter der Gro�e diese zu Anfang vorigen Jahrhunderts nach Petersburg verlegte, Sie wird in vier Hauptkreise eingetheilt: 1) den Kreml, die innerste Stadt (mit hohen dicken Mauern, Th�rmen und tiefen aufgemauerten Graden umgeben): hier befinden sich das kaiserl. Residenzschlo�, von unz�hligen goldenen Kuppeln geziert, mit der R�stkammer und dem Schatze von alten goldnen und silbernen Gef��en; die Kathedralkirche, Uspeinagenannt, (ein altes ungeheueres Geb�ude, mit sehr vielen Kostbarkeiten, Heiligenbildern, Reliquien etc.) wo die Kaiser gesalbt und gekr�nt werden; der zu dieser Kirche geh�rige freistehende Thurm Iwan Welikoi (der gro�e Johann), der gr��te der ganzen Stadt, auf welchem sonst eine Glocke von 480 Ctrn. befindlich war, welche aber seit dem Brande 1757 in [79] eine nahe Grube gesenkt worden; die Michaelskirche mit dem kaiserl. Erbbegr�bni�; das ehemalige Patriarchen-, jetzt Synodal-Haus mit der kostbaren Patriarchen-Bibliothek etc.; ferner ein Nonnenkloster, worin die Begr�bnisse der Zagrinnen sich befinden. Die Reichscollegien und Kanzleien haben in diesem Kreise ihren Sitz. 2) Kitaigorod, die Chinesische Stadt, welches Quartier besonders zur Handlung bestimmt ist und durch eine steinerne Br�cke �ber die Moskwa mit dem Kreml verbunden ist: hier befindet sich vorz�glich die vor nehmste Kirche (ein sehr groteskes Geb�ude); der Gast- oder Kaufhof mit beinahe 6000 steinernen Buden; das M�nzhaus, der Gesandtenhof, die Universit�tsdruckerei (sonst kaiserl. Ober-Apotheke) etc. 3) Biel-gorod, die wei�e Stadt (von der wei�en Mauer so genannt), welche die beiden vorigen Kreise einschlie�t, fast ganz von Stein gebaut, gegenw�rtig mit sch�nen Alleen und Anlagen umgeben ist, und besonders die Universit�ts-Geb�ude, den kaiserl. Marstall, die St�ckgieserei, das Zeughaus, das Theater, ein gro�es auf 5000 Kinder unterhaltendes Findelhaus und �berhaupt die sch�nsten Geb�ude der Stadt (hier wohnen auch die vornehmsten Kaufleute und Burger), nicht minder 11 Kl�ster und 76 Pfarrkirchen – die Stadt hat an Kirchen �berhaupt �ber 300, ja nach manchen gar 600 – in sich fa�t. 4) Semlanoigorod, welche, im Umfange auf 14 Werste fassend, mit Erdw�llen umgeben, um die vorigen Kreise meistens herumgeht und zwei steinerne Thore hat, auf deren Einem die mathematische Schule und das astronomische Observatorium angebracht sind. – Die Stadt hat au�erdem noch 30 Vorst�dte (Sloboden), unter denen sich die deutsche Slobode auszeichnet, die, nur von Deutschen bew�hnt, 2 lutherische Kirchen, das neue kaiserl. Sommerpalais, das von Paul gestiftete Milit�ir-Hospital enth�lt; so wie sich denn in den �brigen Vorst�dten auch manche sehenswerthe Geb�ude, z. B. das �ffentliche Gef�ngni�, das Jungfrauenkloster, der botanische Garten und mehrere befinden. Die Vorst�dte sind mit einem Erdwall umgeben, der 40 Werste im Umkreise hat.

Als Handelsstadt ist Moskau der Mittelpunkt [80] des ganzen innern Handels und es vereinigt sich hier derselbe von China und Sibirien, von Astrakan, Archangel, Petersburg, von Deutschland und Pohlen in sehr bedeutenden Artickeln, besonders in roher Seide, Pelzwaaren, Thee etc. Auch sind die Fabriken und Manufakturen in Seide, Cattun, Leinwand, Leder und Juchten, Gold und Silberdrath etc. bedeutend. Die Universit�t dieser Stadt – welche au�er den schon genannten Instituten auch eine Ritterakademie, eine Commerzschule, eine mathematische Schule f�r Soldatens�hne, eine chirurgische Pflanzschule, einen botanischen Garten, ingleichen eine erst 1804. angelegte gro�e Thierarzneischule hat, �berdies der Sitz zweier Erzbisch�ffe, einer freien ru�ischen gelehrten Gesellschaft etc. ist – wurde 1755. von der Kaiserin Elisabeth gestiftet, und hatte 50,000 Rubel j�hrlicher Eink�nfte; 150 Stipendiaten werden v�llig frei erhalten. Im Jahr 1803. erhielt sie eine umge�nderte, sehr verbesserte Einrichtung, wodurch mehrere Lehrer hieher gezogen und ihre Eink�nfte vergr��ert wurden.

Uebrigens ist Moskau, des schlechten Wassers und vielen Staubes ungeachtet, doch mit sehr reiner und gesunder Luft gesegnet; auch sind die Lebensmittel und viele andre Bed�rfnisse hier weit wohlfeiler, als in Petersburg, so da� auch ein gro�er Theil Moskau, wo sich �berhaupt der liberale Geist des ru�ischen Nationalcharacters mehr als irgendwo zeigt, wo Geselligkeit, Frohsinn und ungezwungener b�rgerlicher Ton so allgemein herrschen, der Residenz Petersburg bei weitem vorzieht.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 79-81.
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