CLEMENTIA, GBÀFIN VON FLANDEBN"
P. E. Schramm gewidme
Über die Stellung und das wirkliche Leben der Frau im Mittelalter gibt es leider noch immer keine umfassende Darstellung. In der Zeit der Romantik hat man auf Grund des Minnesangs zu sehr an eine Frauenverehrung und damit an eine glänzende Position der Frauen wenigstens in den ritterlichen Kreisen geglaubt. Dabei hat man den realen Verhältnissen zu wenig Beachtung geschenkt, und das hat dann später zu berechtigter, teilweise aber zu scharfer Kritik geführt (1). Erst in neuerer und neuester Zeit hat man im Rahmen der sozialgeschichtlichen Forschung sich mit dem Schicksal der Frau im Mittelalter eingehender beschäftigt. Die Schwierigkeiten, zu sicheren Ergebnissen zu gelangen, sind allerdings gross, weil die Quellen nur schwer zum Sprechen zu bringen sind. Selbstzeugnisse der Frauen im Mittelalter gibt es höchstens für Heilige, und auch diese sind natürlich von sehr beschränkter Bedeutung. Die literarischen Quellen und auch die Urkunden können nur durch eingehendes Studium auf landschaftlicher Basis nutzbar gemacht werden, denn die Rechtsquellen sind, wie die neuere Forschung oft erwiesen hat, höchstens von allgemeinem Wert, und die wirklichen Verhältnisse sehen oft ganz anders aus (2). Am weitesten
(1) Die ältere Darstellung von K. Weinhold, Die deutschen Frauen im Mittelalter, 3. Aufl., 2. Bd., Wien 1897 steht noch unter dem Einfluss der Romantik. Am schärfsten dagegen äussert sich A. Bebel, Die Frau und der Sozialismus, Neudruck Berlin 1950. Eine sehr besonnene Korrektur der Behauptung, dass das Christentum an der Verschlechterung der Stellung der Frau im Mittelalter schuld sei, findet sich bei J. Leipoldt, Die Frau in der antiken Welt und Urchristentum, 2. Aufl., Leipzig 1955, die neueste Literatur bei G. Koch, Frauenfrage und Ketzertum im Mittelalter, Berlin 1962.
(2) Besonders eingehend ist die Frauenfrage im Rahmen der religiösen Bewegung im Mittelalter behandelt worden. Hier sind Ansätze zur besseren Erfassung des Problems vorhanden. Vgl. dazu die Literatur bei G. Koch.
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