verschiedene: Die Gartenlaube (1871) | |
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hatten, den Grund zu ihrer gegenwärtigen Machtstellung legten.
Von Friedrich dem Ersten rühren auch die Wahrzeichen der Burg, die, unweit Fürth auf vereinsamtem Fels gelegen, in der Richtung nach Norden über eine weite Ebene schaut, im Süden einem Marktflecken Schutz verleiht. Die Burg selbst besteht aus zwei Haupttheilen, der Vorburg und der eigentlichen Burg, welche durch Zwinger und in den Felsen gehauene Gräben getrennt und stark vertheidigt sind. Ein eben solcher Graben mit einer Brücke, ehemals einer Zugbrücke, für welche die in die Mauer eingelassenen Räder noch vorhanden sind, trennt die ganze Burg von dem vorliegenden Marktflecken. Der ganze Complex von Gebäuden hat in architektonischer Beziehung wenig Wichtiges. Ein keineswegs imposanter Eingang gewährt den Zutritt. Doch gleich hier finden wir die schon erwähnten Wahrzeichen der Burg, welche genug zu denken geben.
Noch im strengen Stile der Zeit gehalten, erblicken wir zunächst die gegeneinandergestellten in Stein gehauenen Wappenschilde des Kurfürsten Friedrich’s des Ersten von Brandenburg und seiner Gemahlin, der schönen Else von Baiern-Landshut, und unter denselben, was wir hier gewiß am wenigsten zu finden und in ebenso solider Weise in Stein verewigt zu sehen vorbereitet sind, ein Spottbild auf die Juden: die Darstellung einer großen Sau, welche von einer Schaar der an ihren Spitzhüten kenntlichen Semiten saugend umlagert wird. Im Hintergrunde ist zum Ueberfluß noch das von ihren Vorfahren umtanzte goldene Kalb angebracht.
Was in aller Welt kann Anlaß gewesen sein, hier an der Stirn eines Hauses, in welchem von je die umfassendsten Pläne überdacht wurden, eine Herausforderung gegen den Stamm anzuheften, der schon damals auch bei den deutschen Fürsten eine große Rolle zu spielen anfing und von ihnen geschont zu werden allen Grund bot?! Daß das Spottbild vom Kurfürsten Friedrich dem Ersten herrührt, ist aus mancherlei hier zu übergehenden Gründen unzweifelhaft, und doch wissen wir gerade von ihm, daß er kein Borger und Schuldenmacher war, dieser ebenso kluge wie mächtige Fürst, der in der That schon damals die deutschen Geschicke lenkte, aber vorsichtig mit dem Glanz dieses Berufes auch die Verantwortung gern Andern überließ. Darum will uns denn auch bedünken, daß Friedrich seine Spottbilder einfach setzte, weil er sie setzen durfte, d. h. weil er vollständig unabhängig vom Gegenstande seines Widerwillens war, und daß er diesem nachhing, nicht weil er selbst Ungelegenheiten daher erfahren, sondern weil er mit ansah, wie schwer solche schon auf seinen Standesgenossen und dem ganzen Reiche lasteten.
Friedrich war noch in Nürnberg geboren und erzogen worden, hatte dort nicht nur Latein, sondern auch Rechnen gelernt, hatte – zur Zeit des höchsten Aufschwunges der Stadt – gesehen, was Arbeit und Wirthschaft zu Stande bringen, und was er beobachtet, so wohl sich eingeprägt, daß er es nicht nur selbst sein Leben lang übte, sondern auch seinen Nachkommen als unverbrüchliche Politik hinterließ. In seiner reizlosen Umgebung von aller Romantik frei geblieben, richtete er seinen Sinn stets auf das Reelle, und als ihm später selbst die Krone Karl’s des Großen angeboten wurde, schlug er sie aus, überzeugt ohne Zweifel, daß aus seinem märkischen Sande eine bessere erwachsen werde, wenn dieser nur die gehörige Bewirthschaftung erfahre.
Am Thorwege sind noch zwei andere Wappenschilde angebracht, deren Träger kaum minder guten Klang führen, als die eben erst besprochenen, nämlich das burggräfliche und ein sächsisches, welche auf den dritten Sohn Kurfürst Friedrich’s des Ersten, den ritterlichen Albrecht Achilles, und dessen zweite Gemahlin, Anna von Sachsen, hindeuten. Albrecht erhielt bekanntlich bei der väterlichen Erbscheidung den Theil der fränkischen Besitzungen, als
verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1871, Seite 621. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_621.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)