Beschreibung Des Unerhörten Vatter-Mordts

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Titel: Beschreibung Des Unerhörten Vatter-Mordts Johannes und Hanßen Naumanns Von 19. und 21. Jahren / Aus der Ilmschhäuser Mühl / des Gerichts Crainfeldt im Ampt Nidda
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Erscheinungsdatum: um 1676
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Drucker: Friedrich Karger
Erscheinungsort: Gießen
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Quelle: im VD17 unter der Nummer 23:653196K
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Kurzbeschreibung:
Flugschriften des 17. Jahrhunderts
Siehe auch Kriminalitätsgeschichte
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[1]

Beschreibung
Des
Unerhörten
Vatter-Mordts /
Johannes und Hanßen Naumanns /
Von 19. und 21. Jahren /
Aus der Ilmschhäuser Mühl / des Gerichts Crainfeldt /
im Ampt Nidda.


GISSEN /
Druckts Friedrich Karger / Universitäts Buchdrucker.


[2] ES hat sich zugetragen / daß dem Müller in der Ilmschhäuser Mühl / Namens Martin Naumann / ein Mann von 48. Jahren / uff Martini sein Weib gestorben / und nachmals bedacht gewesen / sich wiederum zu verheurathen / und die Mühl / seinen beyden ältesten Söhnen / Johannes und Hanßen / zu überlassen / dannenhero sie auch den Kauff zu Crainfeld geschlossen.

Es bedencken sich aber beyde Söhne / sie sie die Kauff-Gelder uffnehmen mögten / finden aber keine sufficiente oder gnugsame Mittel darzu; Conspiriren[1] derowegen / wie sie ihren Vatter aus dem Wege raumen möchten / alßdann dörfften sie ihm kein Geld geben. Derowegen / als der Vatter den Fastnachts-Abend / Nachts um 10. Uhren / im Bier-Hauß truncken gesessen / haben beyde Söhne vorgenommen / den Vatter zu verweglangen: Weil es aber dunckel und finster war / läufft Hans der jüngere Sohn hin ans Wirths-Hauß / sich um zu sehen / ob der Vatter komme: Und als er seinen Bruder Johannes berichtet / daß der Vatter komme / befihlet ihm der derselbe / daß / weil unter Wegens Holtz liege / er ihn dabey erschlagen soll. Dieweilen aber der Vatter ein starcker 48jähriger Mann / befahrt sich der jüngere Sohn / daß es nicht würde angehen / und läst es. Nun hatte der Vatter ein weises Futter-Hembd an / woran sie ihn im tunckelen erkennet haben / stellen derowegen beyde Söhne Johannes und Hans / sich in die Scheur[2] ihres Vatters / und als [3] er kommt / willens über den Misthauffen in die Mühl zu gehen / gibt Johannes ihm mit einem noch grünen Schüppen[3] Stiel / hinter-rücks einen Schlag in den Nacken / daß der Vatter davon fällt / läufft geschwind hin / und stopffet dem Vatter den Mund voller Mist / (damit das in der Mühl noch schlaffende Gesind und kleine Kinder den Tumult und Geschrey nicht hören können) daß der Vatter dem Johannes den Zeig-Finger / mit einem Biss hart gezwickt / wirfft demnach auß grossem verteuffeltem Grimm die Mord-Keule von sich / rufft Hanßen seinem jüngeren Bruder zu / er soll den Vatter praf nossen / das ist / gar tod schlagen / darauff hat der schon halb-ermorderte Vatter ihnen zugeruffen:

O ihr lieben Söhne! O ihr lieben Söhne!
wie könnt ihr diß verantworten?

Als nun der Vater sich noch reget und zappelt / treten sie ihm mit Füssen auff die Brust / hernach nimmt Johannes den Vater beym Kopff / der Hans aber ihn bey den Füssen / (und war noch Leben und Regen beym Vatter) und tragen ihn in das an der Mühl fliessende Wasser. Wie nun der Vatter ins Wasser kommt / ermuntert er sich / daß er sich im Wasser uff die andere Seite macht / wie das beyde Vatter-Mörder sehen / springt Johannes ins Wasser / setzet sich auff den Vatter daucket dessen Haupt unter das Wasser / unterdessen gehet Hans der jüngere Bruder heim / und stellet die Mühl / kommt hernacher wieder zum Johannes / und fragt / wie es um den Vatter stehe / dieser berichtet / daß er nun tod sey. Da bereden beyde sich / den Vatter weiter hinunter der Mühl ins Wasser zu tragen / (thun solches / daß man meynen soll / er sey ins Wasser gefallen / ) gehen hernach in die Mühl / und legen sich uff des Vatters Bett / und schlaffen wol (wie [4] sie sagen.) Wie nun die Inqusition vorgenommen / und befunden worden / daß niemand als Johannes und Hans / eine Magd und übrige Geschwistere in der Mühl gewesen / sind sie ergriffen / zur Hafft gebracht / und durch ihren anhabenden blutigen wöllen Rock und Fuhr-Kittel verrahten worden / und also diß alles freywillig bekannt. Nach diesem sind sie nach Giessen dem peinlichen Richter überlieffert / und ihnen der Process gemacht / sampt diesem ergangenen

Vrtheil /
Nemlich / daß beyde Vatter-Mörder auff Schleiffen gesetzt / biß zur Richtstatt geschleifft / jedem vor sitzendem Hoch-Gericht mit einer glüenden Zangen ein Pfetz in den rechten Arm: hernach jedem mit einer glüenden Zangen ein Pfetz in lincken Arm: endlich auff der Richtstatt einem jeden ein Pfetz mit glüenden Zangen auff die lincke Brust gegeben / beyde von oben herab geradbrecht / und des ältesten Cörper in 4. Theil getheilt / und die vier Theil auff 4. Strassen / an Schwing-Galgen in Ketten uffgehenckt / und in der Gerichtstatt den Kopff auff einen Pfahl / in ein darzu bereitetes spitziges Eisen uffgesteckt werden. Hanßens des jüngsten Cörper in loco delicti, oder an dem Ort / da dieser Mord begangen / in 4. Theil getheilt / in vier Strassen an Schwing-Galgen uffgehenckt / und der Kopff an eine Stang in ein darzu spitzig verwahrtes Eysen auffgesteckt werden / soll so auch geschehen Dienstags den 14. Tag Martij / des 1676sten Jahrs.

In währender Custodi,[4] sind beyde Vatter-Mörder gegeneinander so ergrimmet worden / daß sie sich entleiben wollen / wo man nicht ihrem Fürnehmen zuvor kommen. Sie haben vor der That sich mit dem Vatter gezanckt / ihn verunehret / einander in die Haar gefallen / und wie gottlose Kinder / ihren Vatter (welcher sonsten auch ein rechter Atheus gewesen) tractiret / also / daß (GOTT erbarm es) dißfals Sünde mit Sünden gehäuffet / und durch das gerechte Gericht GOTTES / Straffe mit Straffe / bezahlet worden. Welches ja allen Kindern ein abscheuliches Exempel seyn / und GOTT stäts zu fürchten / zu lieben / ihren Eltern zu gehorsamen / anmahnen soll

Anmerkungen (Wikisource)

  1. lat., sich verschwören
  2. Scheuer, Scheune, Getreidelager
  3. niederd. für Schaufel
  4. lat., Gefängnis, Bewachung