Gewandhaus (Leipzig)

Konzertgebäude in Leipzig
(Weitergeleitet von Gewandhaus zu Leipzig)

Das Gewandhaus zu Leipzig ist ein 1981 eingeweihtes Konzertgebäude am Augustusplatz in der Innenstadt von Leipzig. Zuvor gab es bereits zwei ebenfalls Gewandhaus genannte Vorgängerbauten an anderen Stellen, die als Heimstätten des Gewandhausorchesters dienten, nämlich das Erste Gewandhaus von 1781 in der Altstadt und das Zweite Gewandhaus von 1884 im Musikviertel.

Das heutige Gewandhaus am Augustusplatz, davor der alte Mendebrunnen (2016)

Darüber hinaus ist das Gewandhaus zu Leipzig einer der kulturellen Eigenbetriebe der Stadt Leipzig, zu dem neben dem Konzerthaus und Orchester auch der Gewandhausorganist, der GewandhausChor sowie der GewandhausKinderchor gehören. Außerdem existieren verschiedene Kammermusikensembles wie beispielsweise das Gewandhaus-Quartett, das Gewandhaus-Bläserquintett und Gewandhaus Brass Quintett. Seit 1998 steht das Gewandhaus unter der Intendanz von Gewandhausdirektor Andreas Schulz.[1]

Erstes Gewandhaus (1781)

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Fassade des Ersten Gewandhauses
 
Saal des Ersten Gewandhauses

Das Gebäude wurde 1498 in der Leipziger Altstadt im Kupfergäßchen (der heutigen Kupfergasse) als Zeughaus errichtet. Nach der Nutzung des ersten Stockwerks als Messehaus (Warenhaus) der Tuch- und Wollwarenhändler wurde das ganze Gebäude bald Gewandhaus genannt. Weiterhin befand sich in dem Haus die Leipziger Kupferwaage.

1743 fanden sich in Leipzig 16 Kaufleute zusammen, um den Konzertverein Großes Concert zu gründen. Er bestand zunächst aus 16 Musikern. Das erste Konzert fand am 11. März 1743 statt. Ab 1744 fanden die Konzerte im Gasthaus „Drey Schwanen“ am Brühl statt. Mit dem Umzug in das Messehaus der Tuchwarenhändler (Gewandhaus) im Jahre 1781 erhielt das Orchester den Namen „Gewandhausorchester“.[2][3]

1780–1781 wurde im Auftrag der Stadt durch Johann Carl Friedrich Dauthe ein Konzertsaal im zweiten Stockwerk des Hauses eingebaut. Auf der Südseite des quaderförmigen Saales befand sich das etwa 63 m² große Orchesterpodium. Das Publikum saß auf längs zum Podium ausgerichteten, gegenüberliegenden Sitzreihen, an der Saalrückseite waren die Reihen quer ausgerichtet. Zusammen mit der Galerieebene sowie Stehplätzen bot der Saal bis zu 500 Zuhörern Platz. In ihm erklang erstmals am 25. November 1781 ein Konzert des auf das Jahr 1743 zurückgehenden Orchesters Das neue Konzert. Durch den Einbau des Konzertsaales in die größere Tuchhalle, die beinahe ausschließliche Verwendung von Holz und die Konstruktion auf Holzstützen über dem ehemaligen Tuchboden, so dass ein Resonanzraum um den Saal entstand, kam eine sehr gute Akustik mit relativ kurzer Nachhallzeit zustande.

Auf dem hier abgebildeten historischen Aquarell von 1836, das der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy der Sängerin Henriette Grabau-Bünau widmete, sind das Erste Gewandhaus sowie, hinter dem Torbogen hinten rechts, ein zwei Fenster breiter Teil des Konzertsaals sichtbar.

Das Deckengemälde stammte von Adam Friedrich Oeser, es fiel 1833 Renovierungsarbeiten zum Opfer. Da diese Renovierung in der Öffentlichkeit zum Skandal führte – unter anderem wurde der Konzertsaal als „Teufelsküche“ bewertet – erhielt 1834 der Dresdner Maler und Architekt Woldemar Hermann den Auftrag zur Neudekoration des Konzertsaals.[4] 1842 und 1872 wurde der Konzertsaal erneut renoviert und umgebaut. Nach dem Umbau 1842 konnte der Saal 1000 Personen aufnehmen.

Die Stirnseite des Saales schmückte ein abgewandeltes Zitat Senecas, das zum Leitspruch des Orchesters werden sollte: Res severa (est) verum gaudium (bei Seneca verum gaudium res severa est – „Wahre Freude ist eine ernste Sache“[5]).

Das ursprüngliche Gewandhaus erlebte zahlreiche Uraufführungen bedeutender Werke der klassischen Musik, die heute zum Standardrepertoire des weltweiten Konzertbetriebs gehören. Einer der bedeutenden Kapellmeister des Gewandhausorchesters war Felix Mendelssohn Bartholdy.

Nach 1884 wurde das Haus Altes Gewandhaus genannt und bis 1886 noch gelegentlich für Konzerte verwendet. Das Gebäude wurde 1893–1896 teilweise abgebrochen, umgebaut und in den Gebäudekomplex Städtisches Kaufhaus einbezogen, wo heute noch eine Gedenkplakette im zweiten Obergeschoss des historischen Treppenhauses an den früheren Eingang zum Gewandhauskonzertsaal erinnert.

Zweites Gewandhaus (1884)

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Geschichte

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Stiftungsanteil des Neuen Gewandhauses über 500 Mark vom 1. Juli 1884
 
Die Fassade des Zweiten Gewandhauses mit dem Mendelssohn-Denkmal
 
Der Saal des Zweiten Gewandhauses mit der Walcker-Orgel
 
Die Ruine des Zweiten Gewandhauses (1947)

Die damaligen Gewandhausverantwortlichen wollten diesen neuen Konzertsaal mitten im Stadtzentrum errichten, doch die Stadtverwaltung spekulierte darauf, dass ein Bau des Saales am Innenstadtrand die Entstehung eines sich daran anschließenden Musikerviertels beflügeln werde.[6] Für den Bau wurden damals Stiftungsanteile über 500 Mark ausgegeben.[7] Der Stifter erhielt bis zur Eröffnung des Gewandhauses 4 % Verzinsung, danach für unbeschränkte Dauer das Anrecht auf das Abonnement eines Sperrsitzes.

Am 11. Dezember 1884 wurde im Musikviertel südwestlich der Altstadt (Grassistraße/Beethovenstraße) ein Neues Concerthaus eröffnet, das bezugnehmend auf das ursprüngliche Gewandhaus auch häufig als Neues Gewandhaus bezeichnet wurde. Das Gebäude wurde 1882–1884 nach Plänen von Martin Gropius (1824–1880) durch Heino Schmieden erbaut; der Bau wurde durch einen Kredit aus dem Nachlass von Franz Dominic Grassi finanziert. Das Konzerthaus enthielt einen großen Saal mit 1700 Plätzen und einen Kammermusiksaal mit 650 Plätzen. Der Leitspruch des Orchesters fand am Giebel des Eingangsportales Platz. Den bauplastischen Schmuck schuf der Berliner Bildhauer Otto Lessing.

Das zweite Gewandhaus war architektonisches Vorbild der 1900 errichteten Symphony Hall in Boston, Heimstätte des Boston Symphony Orchestra, die sich auch beim Konzertsaal an der als akustisches Vorbild geltenden „Schuhkarton“-Form orientierte.

Im November 1936 vernichteten die Nationalsozialisten bei Nacht und Nebel das vor dem Konzerthaus stehende Mendelssohn-Denkmal des Bildhauers Werner Stein (hergestellt von Hermann Heinrich Howaldt, 1892 enthüllt). 2008 wurde eine originalgetreue Replik dieses Denkmals vor dem Westportal der Thomaskirche Leipzig aufgestellt.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Konzerthaus bei den Luftangriffen auf Leipzig am 4. Dezember 1943 und 20. Februar 1944 schwer beschädigt. Zunächst war nach dem Krieg geplant, das Gewandhaus wiederaufzubauen. Es wurde deshalb bautechnisch gesichert und mit einem Notdach versehen. Letztlich wurde aber entschieden, das Gebäude abzubrechen und einen Neubau an anderer Stelle zu errichten. Ab dem 29. März 1968 wurde die Ruine des Konzerthauses abgebrochen.

Nach der Zerstörung des Zweiten Gewandhauses musste sich das Gewandhausorchester eine neue Bleibe suchen. Nachdem das Orchester 1944 bis 1946 im Kino Capitol gespielt hatte, fanden von 1947 bis 1981 die Gewandhauskonzerte in der Kongreßhalle am Zoo statt. Auch in der als Provisorium genutzten Kongreßhalle entschloss sich die Stadtverwaltung 1946, eine zweimanualige Orgel mit 32 Registern von der Firma Jehmlich Orgelbau Dresden einbauen zu lassen. Infolge starker Verschmutzungen durch die die verschiedenen Arten der Saalnutzung und technischer Mängel (die Orgel entstand kurz nach Kriegsende aus minderwertigem Material) wurde die Jehmlich-Orgel insgesamt nur zu fünf Konzerten eingesetzt. Am 30. Oktober 1980 erklang sie zum letzten Mal bei einem Anrechtskonzert des Gewandhauses.[8]

Nach langen Jahren der Nutzung des Geländes des 1968 abgerissenen Zweiten Gewandhauses als Parkplatz wurde 2002 an dieser Stelle das Geisteswissenschaftliche Zentrum der Universität Leipzig eröffnet.

Walcker-Orgel

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Für den großen Saal des 1884 errichteten Neuen Concerthauses baute die Orgelbaufirma E. F. Walcker & Cie. (Ludwigsburg) eine große Konzertorgel.[9] Das Orgelgehäuse bildete mit der Architektur des Konzertsaals eine Einheit, es wurde nach einem Entwurf von Martin Gropius angefertigt. Das Instrument konnte als Opus 432 wenige Tage vor der Eröffnung des Neuen Gewandhauses übergeben werden.

Die Orgel wurde infolge der Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zerstört.

I. Manual C–a3
01. Prinzipal 16′
02. Flauto Major 16′
03. Prinzipal 08′
04. Bourdon 08′
05. Gemshorn 08′
06. Hohlflöte 08′
07. Quintatön 08′
08. Dolce 08′
09. Viola di Gamba 08′
10. Trompete 08′
11. Oktave 04′
12. Rohrflöte 04′
13. Gemshorn 04′
14. Clairon 04′
15. Quinte 513
16. Quinte 223
17. Oktave 02′
18. Mixtur VI 223
19. Kornett V 08′
II. Manual C–a3
20. Bourdon 16′
21. Prinzipal 08′
22. Gedeckt 08′
23. Salizional 08′
24. Spitzflöte 08′
25. Aeoline 08′
26. Voix céleste 08′
27. Oboë 08′
28. Basson 08′
29. Prinzipal 04′
30. Flauto dolce 04′
31. Piccolo 02′
32. Cymbel III 223
III. Manual C–a3
33. Quintatön 16′
34. Geigenprinzipal 08′
35. Lieblich Gedeckt 08’
36. Konzertflöte 08′
37. Harmonika 08′
38. Klarinette 08′
39. Fugara 04′
40. Traversflöte 04′
41. Harmonia aeth. III 223
Pedal C–f1
42. Prinzipalbaß 32′
43. Prinzipalbaß 16′
44. Violonbaß 16′
45. Subbaß 16′
46. Quintbaß 1023
47. Gedecktbaß 16′
48. Posaunenbaß 16′
49. Oktavbaß 08′
50. Violoncello 08′
51. Flötenbaß 08′
52. Trompete 08′
53. Oktave 04′
54. Clairon 04′
  • Koppeln
    • Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, I/Pedal, II/Pedal, III/Pedal
  • Spielhilfen: Kombinationstritte für Tutti, Fortissimo, Forte, Mezzoforte, Piano und Pianissimo, Tritte für Fortepedal- und Pianopedal-Abteilung, Kombinations-Prolongement, Registercrescendo- und Decrescendo-Vorrichtung, Schwellwerktritt für III. Manual, Tremolozug für Oboë 8′ (II. Manual)

Drittes Gewandhaus (1981)

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Geschichte

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Die Grundsteinlegung durch Kurt Masur (1977)
 
Das Foyer mit dem Deckengemälde
 
Der Saal mit der Schuke-Orgel

Am 8. November 1977 wurde der Grundstein für ein neues Gewandhaus in der Stadtmitte am Karl-Marx-Platz (heute wieder Augustusplatz) gelegt, gegenüber dem Leipziger Opernhaus am ehemaligen Standort des Museums der bildenden Künste. Das Gewandhaus war der erste und einzige Neubau einer reinen Konzerthalle in der DDR – andere Großprojekte in der DDR wurden hingegen als Multifunktionsbauten geplant (meist als „Kulturhaus“, „Kulturpalast“ oder „Stadthalle“). Die Zustimmung des Staatsapparates zu einem Gewandhausneubau wird vor allem dem großen Einsatz des damaligen Gewandhauskapellmeisters Kurt Masur zugeschrieben.

Entwurf und Projekt für das 1981 fertiggestellte Neue Gewandhaus stammen von Chefarchitekt Rudolf Skoda mit Eberhard Göschel, Volker Sieg und Winfried Sziegoleit, basierend auf der von Horst Siegel gemeinsam mit Rudolf Skoda erarbeiteten städtebaulich-architektonischen Konzeption (1975/76). Die westdeutsche Fachzeitschrift Bauwelt lobte den Entwurf mit seinem Formenreichtum als außerordentlich für die DDR, „in der man – angesichts der tristen Einförmigkeit des Serienbaues aus Allerwelts-Montageteilen die Architektur schon fast vergessen geglaubt hat“.[10] Oberbauleiter bei diesem außergewöhnlichen Projekt war der Leipziger Bauingenieur Peter Kunze.

Sighard Gille schuf 1980–1981 für die Foyers das 714 m² große und 31,80 m hohe Deckengemälde Gesang vom Leben. Es ist das größte Deckengemälde Europas. Unsichtbar für Besucher, weil übermalt und verschalt, befindet sich hier auch ein unvollendeter Wandfries des Malers Wolfgang Peuker.

Der Große Saal mit 1900 Plätzen besitzt eine ausgezeichnete Akustik, für die die Akustiker Wolfgang Fasold, Helgo Winkler, Hans-Peter Tennhardt und Eberhard Küstner verantwortlich zeichneten. Während des Baus wurde der Saal mehrere Male mit Soldaten der NVA besetzt, um die Akustik bei voller Auslastung zu testen. Der Saal ist mit einer Schuke-Orgel mit 6845 Pfeifen ausgestattet.[11] Der Orchesterleitspruch Res severa verum gaudium befindet sich wiederum im Konzertsaal über dem Spieltisch der Schuke-Orgel. Ein dem normalen Konzertbesucher verborgen bleibender Ort dieses Leitspruchs befindet sich im Treppenaufgang des Dienstbereiches – dort verweist der erste Halbsatz Res severa (ernste Sache) auf den Eingang zu den Musiker- und Chorgarderoben und zur Bühne, der zweite Teil des Spruches Verum Gaudium (wahre Freude) hingegen auf die Kantine des Gewandhauses.

Das Eröffnungskonzert unter der Leitung des damaligen Gewandhauskapellmeisters Kurt Masur fand am 8. Oktober 1981 statt. Auf dem Programm standen Siegfried Thieles Gesänge an die Sonne und Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 9. Tags zuvor fand ein Sonderkonzert unter der Leitung von Kurt Masur für alle am Bau des Gewandhauses Beteiligten statt.

Im Herbst 1989 kam dem Gewandhaus politische Bedeutung zu. Kurt Masur öffnete das Haus für die sogenannten „Gewandhausgespräche“, öffentliche Diskussionsrunden, in denen über die Reformen und die Zukunft der DDR debattiert wurde. Damit wurde das Gewandhaus zu einer Plattform für die politische Opposition der DDR.[12]

Der Kleine Saal mit 498 Plätzen wurde 1997 ebenfalls von Rudolf Skoda zum Mendelssohn-Saal umgebaut; er wird vor allem für Kammermusik genutzt.

2001 entwarf Peter Kulka den MDR-Kubus, der über eine Brücke direkt mit dem Gewandhaus verbunden ist.

Bis zur Spielzeit 2014/2015 trat das Gewandhaus mit den zwei parallel geführten Marken „Gewandhaus zu Leipzig“ und „Gewandhausorchester“ auf. Dies wurde jedoch im Zuge eines umfassenden Corporate-Identity-Wechsels abgeschafft, so dass Gewandhaus und Gewandhausorchester jetzt unter dem einheitlichen Namen „Gewandhausorchester“ auftreten. Das „Gewandhaus zu Leipzig“ besitzt damit kein eigenes Hauslogo mehr.

2023 wurde auf Initiative von Gewandhausdirektor Andreas Schulz die Stiftung Zukunft Gewandhaus zu Leipzig ins Leben gerufen. Sie wurde am 2. November 2023 gegründet und am 7. Dezember 2023 von der Stiftungsbehörde der Landesdirektion Sachsen als rechtsfähig anerkannt. Die Förderstiftung bürgerlichen Rechts mit Sitz in Leipzig soll als zeitgemäße Komplettierung und als langfristig tragende Säule der Finanzarchitektur des Gewandhauses die Zukunft des Konzerthauses und seines Orchesters sowie deren stetige Weiterentwicklung sichern. Der satzungsmäßige Zweck der Stiftung ist die Förderung von Kunst und Kultur, insbesondere Musik, des internationalen und nationalen kulturellen Austauschs sowie die Förderung der musikalischen Bildung, Erziehung und Musikvermittlung für alle Alters- und Zielgruppen, die Förderung der Wissenschaft und Forschung und die Förderung mildtätiger Zwecke.[13]

Schuke-Orgel

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Im ab 1977 erbauten Neuen Gewandhaus schuf die Orgelbaufirma VEB Potsdamer Schuke Orgelbau 1981 mit ihrem Opus 499 eine Konzertorgel mit 89 Registern auf vier Manualen und Pedal.[14] Diese war damals der größte Orgelneubau in der DDR und auch das bis dahin größte Werk der Fa. Schuke.[15] Das Schleifladen-Instrument verfügt seit einer Erweiterung 2008 über 91 Register mit 6.845 Pfeifen. Es ist mit mechanischen (fester Spieltisch) und elektrischen (fahrbarer Spieltisch) Spieltrakturen sowie elektrischen Registertrakturen ausgestattet.

Der Haupt-Spieltisch befindet sich unterhalb des Schwellwerks bzw. des darüber liegenden Oberwerks. Das Hauptwerk befindet sich auf der linken Seite, das Positiv und das Pedalwerk auf der rechten Seite. Das Pedalwerk ist in Groß- und Kleinpedal unterteilt, letzteres befindet sich im Prospekt zwischen Groß-Pedal und Oberwerk. Das Positiv mit seinem 4′-Prinzipal im Prospekt steht unter dem Klein-Pedal. Da die größte Prospektpfeife, das Subkontra E (20,6 Hz) des Principal 32′, mit ihrer klingenden Länge von ca. 7,50 m und einer Gesamtlänge von ca. 9,6 m bereits bis knapp unter die Decke reicht, wurden die Pfeifen für die tiefsten Töne C – Dis als gedackte (oben geschlossene) Pfeifen, die mit der halben Länge einer offenen Pfeife auskommen, gebaut. Diese stehen baumstammdick hinter dem Prospekt im Pedalturm. Die Disposition erlaubt die Wiedergabe von Musik verschiedener Stilepochen. Eine Besonderheit ist das Trompetenwerk, dessen Zungenpfeifen horizontal über dem Spieltisch in den Raum hineinragen. Solche Horizontaltrompeten nennt man aufgrund ihrer Herkunft Spanische Trompeten.[16]

Die Orgel ist über 15 m breit, und etwa 11 m hoch.[15]

1987 erhielt die Orgel ihren bereits 1977 konzipierten Endausbauzustand. Die Orgelbaufirma Otto Heuss in Lich entwickelte dazu einen zweiten, mobilen Spieltisch. Er kann an beliebiger Stelle auf dem Orchesterpodium positioniert werden und schickt seine Signale – erstmals im Orgelbau – digital über einen Lichtwellenleiter.[17]

2008 unterzog Fa. Schuke die Orgel einer Generalreinigung. In diesem Zusammenhang wurden die Elektrik erneuert, zwei zusätzliche Register eingebaut und die Elektronik auf ein computergestütztes Steuerungssystem umgestellt.[18] Das Unternehmen Vogtländischer Orgelbau Thomas Wolf lieferte die Holzpfeifen für den Untersatz 32' (= Register Nr. 72).[19]

I Schwellwerk C–a3
01. Bordun 16′
02. Holzprincipal 08′
03. Spillpfeife 08′
04. Gambe 08′
05. Salicional 08′
06. Schwebung 08′
07. Oktave 04′
08. Nachthorn 04′
09. Fugara 04′
10. Hohlquinte 223
11. Oktave 02′
12. Waldflöte 02′
13. Terz 135
14. Quinte 113
15. Septime 117
16. Mixtur VI
17. Bombarde 16′
18. Tromp. harm. 08′
19. Oboe 08′
20. Clarine 04′
Tremulant
II Hauptwerk C–a3
21. Principal 16′
22. Oktave 08′
23. Rohrflöte 08′
24. Spitzflöte 08′
25. Großquinte 513
26. Oktave 04′
27. Gedackt 04′
28. Quinte 223
29. Oktave 02′
30. Großmixtur VIII
31. Kleinmixtur V
32. Cornett V (2008) 08′
33. Trompete 16′
34. Trompete 08′
35. Feldtrompete 04′

Trompetenwerk C–a3
36. Horiz. Trompete 16′
37. Horiz. Trompete 08′
38. Horiz. Trompete 513
39. Horiz. Trompete 04′
III Oberwerk C–a3
40. Quintadena 16′
41. Principal 08′
42. Gedackt 08′
43. Trichterflöte 08′
44. Oktave 04′
45. Rohrflöte 04′
46. Gemshorn 04′
47. Nassat 223
48. Oktave 02′
49. Feldpfeife 02′
50. Terz 135
51. Quinte 113
52. Oktave 01′
53. Mixtur V
54. Scharff IV
55. Fagott 16′
56. Schalmei 08′
Glockenspiel
Tremulant
IV Positivwerk C–a3
57. Holzgedackt 08′
58. Quintadena 08′
59. Principal 04′
60. Blockflöte 04′
61. Dulzflöte 04′
62. Sesquialtera II 223
63. Spitzflöte 02′
64. Nassat 113
65. Sifflöte 01′
66. Scharff V
67. Cymbel III
68. Dulcianregal 16′
69. Krummhorn 08′
70. Vox humana 08′
Große Cymbelglocken
Kleine Cymbelglocken
Tremulant
Pedal C–g1
71. Principal  Anm. 1 32′
72. Untersatz (2008) 32′
73. Principal 16′
74. Offenbaß 16′
75. Subbaß 16′
76. Salicetbaß 16′
77. Quinte 1023
78. Oktave 08′
79. Hohlflöte 08′
80. Gedacktbaß 08′
81. Oktave 04′
82. Pommer 04′
83. Bauernpfeif 02′
84. Rohrflötenbaß 01′
85. Hintersatz IV
86. Mixtur VI
87. Posaune 32′
88. Posaune 16′
89. Dulcian 16′
90. Trompete 08′
91. Clairon 04′
Anm. 1 
Ab E im Prospekt
 
Charlottenburger der Gewandhausgesellen Leipzig

Anlässlich der Eröffnung des Neubaus gründeten die Erbauer des Gewandhauses 1981 eine Vereinigung von Handwerkern, die Gewandhausgesellen Leipzig. Aufgenommen wurden Maurer, Zimmerleute, Dachdecker, Stuckateure, Betonbauer, Steinmetze, Tischler und Gerüstbauer, deren Zunftzeichen auf ihrem Vereinstuch, dem sogenannten Charlottenburger, dargestellt sind. Nicht nur Gesellen, auch Meister, Poliere und Bauingenieure gehören dazu. Ihr Erkennungszeichen ist eine kleine, runde, grüne Anstecknadel am linken Hemdkragen, auf der das Zunftzeichen der Betonbauer dargestellt ist.[20] 2016 konnten die Gewandhausgesellen Leipzig ihr 35-jähriges Jubiläum begehen.[21]

Uraufführungen

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Im Ersten Gewandhaus
Im Zweiten Gewandhaus
  • Max Reger: Violinkonzert A-Dur op. 101 (18. Oktober 1908)
  • Max Reger: Klavierkonzert f-Moll op. 114 (15. Dezember 1910)
  • Antonín Dvořák: Cellokonzert A-Dur (komplettiert von Günter Raphael, 24. Oktober 1929)
Im Dritten Gewandhaus

Literatur

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  • Günter Meißner: Architektur und Bildkunst des Neuen Gewandhauses zu Leipzig. In: Bildende Kunst, Berlin, 4/1982, S. 164–167
  • Cornelius Gurlitt: Gewandhaus. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 18. Heft: Stadt Leipzig (II. Theil). C. C. Meinhold, Dresden 1896, S. 346.
  • Rudolf Skoda: Die Leipziger Gewandhausbauten. Konzertgebäude im internationalen Vergleich. Verlag für Bauwesen, Berlin 2001, ISBN 3-345-00781-9 (erweiterte Neuausgabe von: Rudolf Skoda: Neues Gewandhaus Leipzig. Verlag für Bauwesen, Berlin 1985).
  • Steffen Lieberwirth: Die Gewandhaus-Orgeln. (Bilder aus Leipzigs Musikleben), Edition Peters, Leipzig 1986, ISBN 3-369-00220-5.
  • Christoph Kaufmann: Von einem Abriss wird abgeraten. Das Gewandhaus zu Leipzig zwischen 1944 und 1968. Hrsg. vom Leipziger Geschichtsverein. Sax-Verlag, Beucha 1996, ISBN 3-930076-41-1.
  • Das Neue Gewandhaus. Wie es seinen Ort fand und seine Gestalt bekam. In: Bauen in Leipzig 1945–1990. Leipzig 2003, ISBN 3-89819-159-1, S. 211–215.
  • Alberto Schwarz: Das Alte Leipzig – Stadtbild und Architektur, Beucha 2018, S. 149 ff., ISBN 978-3-86729-226-9.
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Commons: Gewandhaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Interview mit Andreas Schulz (Memento vom 5. November 2013 im Internet Archive) (PDF; 291 kB)
  2. Aus der Geschichte des Gewandhausorchesters. In: gewandhaus.de. Archiviert vom Original am 7. September 2009;.
  3. Die Gartenlaube (1885). Abgerufen am 23. Oktober 2024.
  4. Woldemar Hermann, Eckhart Schleinitz (Hrsg.), Michael Schleinitz (Hrsg.): Tagebuch meines Wirkungskreises in der Architektur. Hermanns Bautagebuch von 1826 bis 1847. Verlag Notschriften, Radebeul 2006, ISBN 978-3-933753-88-5, S. 40 f.
  5. Seneca: Epistulae Morales – Epistula 23 – Übersetzung. In: lateinheft.de.
  6. Geschichte. Abgerufen am 27. Januar 2020.
  7. Manfred Denecke: Deutsche Wirtschafts- und Finanzgeschichte. HP-Verlag AG, Bern 1994, ISBN 3-9520775-0-X, S. 148 ff.
  8. Lieberwirth: Die Gewandhaus-Orgeln. S. 62
  9. Lieberwirth: Die Gewandhaus-Orgeln. S. 29–31
  10. Bauwelt, Nr. 16/17, 1982, S. 690. Zitiert nach Hermann Heckmann: Architekturtendenzen in beiden Teilen Deutschlands von 1945 bis 1980. In: Kultur im geteilten Deutschland. Duncker & Humblot, Berlin 1984, S. 83–108, auf S. 106.
  11. Orgel | Gewandhaus Leipzig. Abgerufen am 23. Oktober 2024 (englisch).
  12. Porträt Kurt Masur: KlassikInfo.de. In: klassikinfo.de. Archiviert vom Original am 18. September 2009;.
  13. Stiftung Zukunft Gewandhaus zu Leipzig. Abgerufen am 11. Juni 2024.
  14. LeipzigGewandhaus – Alexander Schuke Potsdam Orgelbau. Abgerufen am 23. Oktober 2024 (deutsch).
  15. a b Plattenhülle der LP: "Die Schukeorgel im Neuen Gewandhaus zu Leipzig", Eterna 8 27 814, Aufnahme von 1983
  16. Informationen zur Disposition (Memento vom 8. Dezember 2015 im Internet Archive) (PDF-Datei).
  17. Lieberwirth: Die Gewandhaus-Orgeln. S. 116 ff.
  18. Zur Sanierung 2008
  19. Referenzen - Vogtländischer Orgelbau Thomas Wolf. Abgerufen am 23. Oktober 2024.
  20. Gewandhausgesellen Leipzig. In: Vereinigungen & Bruderschaften. Vereinigungen neben den traditionellen Zünften. Abgerufen am 29. November 2023.
  21. 35 Jahre Gewandhausgesellen Leipzig am 11.06.2016. Abgerufen am 29. November 2023.

Koordinaten: 51° 20′ 16″ N, 12° 22′ 50″ O