Dual-Fluid-Reaktor
Der Dual-Fluid-Reaktor (DFR) ist ein Kernreaktor-Konzept mit dem Ziel, die Vorteile des Flüssigsalzreaktors und der metallgekühlten Reaktoren (natriumgekühlter Reaktor, bleigekühlter Reaktor) zu kombinieren.[1] Somit sollen die Nachhaltigkeits-, Sicherheits- und Wirtschaftlichkeitsziele der sogenannten „Generation IV“ erreicht werden.
Konzept
Der konzipierte Reaktor hat einen flüssigen Kern (Kernbrennstoff- und Brutstoff-Chlorsalze oder flüssiges Aktinoidenmetall) und Bleikühlung. Er soll ein hartes Neutronenspektrum haben und für eine kombinierte Hochtemperaturwiederaufarbeitung die fraktionierte Destillation/Rektifikation nutzen.[2] Das Institut für Festkörper-Kernphysik (IFK) bewirbt ihn mit herausragenden Sicherheitseigenschaften, extrem niedrigen Kosten sowie der Fähigkeit, Aktinoide wie z. B. Plutonium oder abgebrannten Brennstoff aus Leichtwasserreaktoren in kurzen Zeiträumen zu vernichten (Transmutation). Die übrig bleibenden Abfälle seien nur Spaltprodukte, die innerhalb von 300 Jahren auf eine Radiotoxizität unterhalb der von Natururan abklingen (s. StandAG, Physikalischer Hintergrund),[3][4] sodass ein geologisches Endlager nicht notwendig sei.
Während des Betriebs wird die Sicherheit durch einen stark negativen Temperaturkoeffizienten gewährleistet, zudem kann durch die hohe Wärmeleitfähigkeit der flüssigen Metalle die Nachzerfallswärme vollständig passiv abgeführt werden; dadurch weist das Konzept eine sehr hohe inhärente Sicherheit auf.
Als Brutreaktor soll der DFR, anders als herkömmliche Leichtwasserreaktoren (LWR), nicht nur Uran-235 (0,7 % des Natururans), sondern auch Uran-238 verwerten. Falls eine vollständige Umwandlung des gesamten Urans in Transurane mit nachfolgender Spaltung gelingt, könnte ein solcher Reaktor aus dem ungenutzten Uran-238 eines typischen abgebrannten LWR-Brennelements (ca. 1 Tonne) etwa 2,5 Jahre lang eine thermische Leistung von 1 Gigawatt gewinnen. Zudem soll der DFR auch Thorium nutzen können. Damit würden die Kernbrennstoffressourcen der Erde über tausende von Jahren ausreichen.
Entwicklungsgeschichte
Das DFR-Konzept wurde am privaten Institut für Festkörper-Kernphysik (IFK) in Berlin entwickelt. Seine neutronenphysikalische Funktionsfähigkeit wurde von der Technischen Universität München und E.ON Kernkraft (heute PreussenElektra) überprüft und validiert.[5]
Für das Konzept wurde 2012 ein Patentantrag eingereicht; die Patenterteilung wurde in den USA, Kanada, vom Europäischen Patentamt und von der Weltorganisation für geistiges Eigentum angenommen.[6] Wegen dieser Anmeldung wurde das europäische Patent EP 2 758 965 im Jahr 2017 erteilt und unter anderem in Deutschland nationalisiert. Das deutsche Patent hat die Nummer DE 50 2012 010 710.
Es gibt derzeit (Stand Dezember 2019) noch keinen Prototypen des Reaktors.[7]
Siehe auch
Weblinks
- Webauftritt des Dual-Fluid-Reaktors
- DFR auf der Webseite des IFK
- Europäische Patentschrift EP 2 758 965 B1
Videos
Einzelnachweise
- ↑ A. Huke, G. Ruprecht, D. Weißbach u. a.: The Dual Fluid Reactor – A novel concept for a fast nuclear reactor of high efficiency. (PDF; 1,7 MB). In: Annals of Nuclear Energy. Bd. 80 (2015), S. 225–235, doi:10.1016/j.anucene.2015.02.016.
- ↑ IFK: Wie beim Schnapsbrennen - die PPU. Abgerufen am 18. August 2018.
- ↑ Ist der DFR die Lösung unserer Energieprobleme? In: Energy 2.0. Ausgabe 8, 2013, S. 16.
- ↑ Ein neues Konzept für einen Kernreaktor Dual Fluid Reaktor. Ein neuartiges Konzept für einen Kernreaktor. In: science-skeptical.de. 30. Mai 2013, abgerufen am 30. Januar 2015.
- ↑ X. Wang: Analysis and Evaluation of the Dual Fluid Reactor Concept. Dissertation von 2017
- ↑ Patent WO2013041085: Dual Fluid Reactor. Angemeldet am 21. September 2012, veröffentlicht am 30. Mai 2013, Erfinder: Armin Huke, Götz Ruprecht, Ahmed Hussein, Konrad Czerski, Stephan Gottlieb.
- ↑ Kai Stoppel: Rettet Atomkraft uns vor dem Klimakollaps? In: n-tv.de. 19. September 2019, abgerufen am 15. Dezember 2019.