Dachpappe

mit Bitumen getränkte Pappe

Dachpappe (auch Teerpappe) war eine mit Bitumen getränkte Pappe, die als Dachabdichtung und Feuchtigkeitssperre in Bauwerken diente. Heute wird keine Pappe mehr in Bitumenbahnen verwendet. Oft wird in die Bitumenbahnen Sand, feiner Kies oder Schiefersplitt eingewalzt, um eine höhere Abriebfestigkeit und UV-Resistenz zu erreichen und die Erhitzung durch Sonneneinstrahlung zu begrenzen.

Entfernen von Dachpappe

Dachbahnen können als alleinige oder als zusätzliche Dachhaut (Unterdeckung) verwendet werden, etwa unter Dachziegeln oder Schieferdeckungen.

Dachpappe ist ein umgangssprachlicher Oberbegriff für zwei Ausführungen von Dichtungsbahnen:

  • Dachdichtungsbahnen haben ein niedrigeres Flächengewicht und eignen sich nicht dazu, ohne Zugabe von flüssigem Bitumen heiß mit der Unterlage verschweißt zu werden, denn der Bitumengehalt ist zu gering, um eine sichere Einbettung und spätere Dichtheit der Bahn zu gewährleisten. Sie sind einseitig, meist aber beidseitig, mit Sand oder Schieferplättchen bestreut.
    Dachabdichtungsbahnen werden genagelt, mithilfe von Bitumenklebemasse verklebt oder lose verlegt und durch Auflast gesichert. Alternativ sind kaltselbstklebende Bitumenbahnen erhältlich.
  • Bitumen-Schweißbahnen sind deutlich dicker und werden nicht lose verlegt, sondern durch Flämmen verschweißt. Diese sind daher nur einseitig besandet oder beschiefert und auf der zu verschweißenden Seite mit Talkum oder Folie beschichtet. Mit Bitumen-Schweißbahnen lassen sich Abdichtungen gegen stehendes und drückendes Wasser ausführen.[1]

Alternativ zu Bitumenbahnen werden heute auch verschweißte PVC- und verklebte EPDM-Dichtungsbahnen verwendet.

Verwendung

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Verlegung von Schweißbahnen

Dachpappe wird quer zur Dachneigung und an den Längs- und Querstößen überlappend verlegt und mit Dachpappennägeln oder Heftklammern auf der Dachschalung befestigt.

Schindelförmig formgestanzte Dachbahn-Streifen ergeben ein attraktiveres Erscheinungsbild als unstrukturierte Dachbahnen und können auch auf gewölbten Dächern eingesetzt werden. Als Preolitschindeln wurden sie in der DDR bezeichnet.

Geschichte und Erfindung

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Verlegetechnik für Dachpappe Schindeln (b) unter sechseckigen Fliesen (c) Fig. 8

Die Dachpappe auch Asphaltpappe oder Steinpappe wurden schon 1791 in Schweden von Admiralitätsrat Faxa und fast gleichzeitig von Michael Kag in Mühldorf am Inn eingeführt und hergestellt. Faxa folgte der Technik, dass Dach mit Pappschindeln einzudecken und dann einen Überzug aus Schiffsteer aufzubringen, wobei Kag die Pappe in Ölfirnis tränkte und dann Staubmehl aufbrachte. Um das Produkt günstiger zu produzieren, benutzte man bald das viel günstigere Steinkohlenteer. Die Bemühungen des preußischen Architekten David Gilly (1748–1808), um seine sogenannten Pappdächer, sind hingegen in Vergessenheit geraten.[2]

Im Jahr 1837 erfand der jüdisch-preußischer Regierungsbauinspektor Salomo Sachs die Dacheindeckung aus Papier, Pech und Teer und beschrieb in seiner Abhandlung, Anweisung zur Anfertigung einer neuen völlig feuerfesten und absolut wasserdichten Dachdeckung für ganz flache Dächer (Altane), die Herstellung, Handhabung und Vorteile gegenüber den Lehmdächern von Dorn. Darin beschrieb Sachs erstmals die geteerte Dachpappe und kann demzufolge wohl als deren preußischer Erfinder betrachtet werden.[3] Wenige Jahre später im Jahr 1841 wurde die Methode vom Neustrelitzer Architekten Friedrich Wilhelm Buttel, ein Mitarbeiter von Schinkel, wieder aufgegriffen und verbessert. Dies veröffentlichte Buttler in seinem Werk Praktische Erfahrungen über Dornsche Dächer nebst ausführlicher Beschreibung, Kostenberechnung und Zeichnung solcher Constructionen, welche denselben größere Dauer und Dichtigkeit geben, und einem Anhange über die flachen Dächer bei ökonomischen Gebäuden.[4]

Materialien

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Dachpappe enthält gewöhnlich eine Einlage aus Glasfaser-, Polyester- oder Jutegewebe.

Teerdachpappe wurde bis in die frühen 1970er Jahre verwendet und in Steinkohlenteer getränkt. Steinkohlenteer gilt auf Grund seiner Inhaltsstoffe wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (z. B. Naphthalin, Anthracen oder Benzo(a)pyren) als krebserregend. Deshalb und wegen der ökologischen Belastung wird Steinkohlenteer seit Jahrzehnten nicht mehr in Dachpappen eingesetzt und ist verboten; Teerdachbahnen werden in Europa nicht mehr hergestellt.

Seit Anfang der 1970er Jahre wird stattdessen Bitumen bzw. Polymerbitumen verwendet und Dachbahnen sind völlig frei von Teer. Bei der Herstellung von Bitumen-Dachbahnen werden jedoch leichtere Kohlenwasserstoffe mit bis zu 20 Kohlenstoff-Atomen emittiert.[5]

Um eine Durchwurzelung zu verhindern, werden Dachpappen zur Verwendung unter begrünten Dächern chemisch ausgerüstet. Dazu kommt z. B. das Pflanzenschutzmittel Mecoprop eingesetzt.[6] Mecoprop wird in Grund- und Oberflächengewässern nachgewiesen und gilt dort als problematischer Stoff.[6][7]

Entsorgung

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Auch heute findet man noch weltweit Dächer alter Industriegebäude oder leerstehender Lagerhallen, welche mit teergetränkten Dachbahnen überzogen sind. Auf Grund der verschiedenen, teils giftigen Stoffe ist bitumenhaltige, aber vor allem teerhaltige Dachpappe ein Sonderabfall und erfordert eine fachgerechte Entsorgung.[8]

Literatur

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  • Friedrich Wilhelm Buttel: Praktische Erfahrungen über Dornsche Dächer nebst ausführlicher Beschreibung, Kostenberechnung und Zeichnung solcher Constructionen, welche denselben größere Dauer und Dichtigkeit geben, und einem Anhange über die flachen Dächer bei ökonomischen Gebäuden. Barnewitz, Neubrandenburg 1842.
  • E. Luhmann, R. Eßlinger: Die Fabrikation der Dachpappe und der Anstrichmasse für Pappdächer. 3. Auflage. Hartleben, Wien 1929 (Chemisch-technische Bibliothek. Band 106).
  • Bernd Binné u. a.: Technische Regeln für die Planung und Ausführung von Abdichtungen mit Polymerbitumen- und Bitumenbahnen, abc der Bitumenbahnen, 3., überarbeitete Auflage, vdd Industrieverband Bitumen-Dach- und Dichtungsbahnen, Frankfurt am Main 2002, ISBN 978-3-9801831-4-7
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Wiktionary: Dachpappe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Dachabdichtung - Dachpappe fachgerecht verlegen lassen: Materialien, Verarbeitung & Kosten im Vergleich, Dachdecker.de, 2. September 2011, abgerufen im November 2016.
  2. Georg Lunge: Die industrie des steinkohlentheers und ammoniaks Bände 1 – 2. F. Vieweg und Sohn, Braunschweig 1899 (google.de).
  3. Salomo Sachs: Anweisung zur Anfertigung einer neuen völlig feuerfesten und absolut wasserdichten Dachdeckung für ganz flache Dächer (Altane). Förstner, Berlin 1837, S. 22 (google.de).
  4. Friedrich Wilhelm Buttel: Practische Erfahrungen über Dornsche Dächer nebst ausführlicher Beschreibung, Kostenberechnung und Zeichnung solcher Constructionen, welche denselben größere Dauer und Dichtigkeit geben, und einem Anhange: über die Anwendung der flachen Dächer bei ökonomischen Gebäuden. Barnewitz, 1841, abgerufen am 24. Januar 2025.
  5. Karl Bergmann, Walter Pieczonka, Werner Schneider: Kohlenwasserstoff-Emissionen bei der Herstellung von Bitumen-Dachbahnen. Staub – Reinhalt. Luft, 49 (1989) Nr. 1, S. 25–28.
  6. a b Burkhardt, Michael: Informationen über chemische Durchwurzelungsschutzmittel in Bitumenbahnen - Stand 2017. In: www.umtec.ch. HSR Hochschule für Technik Rapperswil, Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik (UMTEC), Michael Burkhardt, 1. November 2017, abgerufen am 19. Januar 2022.
  7. Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser: Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser Bericht zur Grundwasserbeschaffenheit – Pflanzenschutzmittel – Berichtszeitraum 2013 bis 2016. LAWA, 4. April 2019, abgerufen am 19. Januar 2022.
  8. Entsorgung von Dachpappe (Memento vom 22. November 2013 im Internet Archive)